Kommerzialisierung und Frustration

Die bislang angestellten Einzelerwägungen lassen sich in ein Vermögensschadenssystem einordnen, das die Kommerzialisierungsidee mit dem Frustrierungsgedanken verbindet. (Gerade diese Verbindung entzieht den gegenüber isolierten Kommerzialisierungs- und Frustrierungsthesen beachtlichen Bedenken Langes - § 6 IV - den Boden.) Danach ist ein Vermögensschaden über den effektiven Geldabfluss und verhinderten Geldzufluss hinaus immer dann anzunehmen, wenn dem Verletzten ein Gut endgültig entzogen oder vorenthalten wird, für das er oder andere Geld im Rahmen des gesellschaftlichen Durchschnittswerts aufgewendet haben oder doch aufwenden könnten, weil es für dieses Gut einen Markt gibt. Der durch Entzug oder Vorenthaltung des Gutes "frustrierte" aktuelle oder potenzielle, am gesellschaftlichen Durchschnittswert orientierte Aufwand ist bei Vorliegen eines Haftungstatbestandes als Vermögensschaden zu ersetzen. Die Ausrichtung des Vermögensschadenssystems am so verstandenen Frustrierungsgedanken ermöglicht eine konsistente Entscheidungspraxis, trägt dem Wandel in der Vermögensanschauung Rechnung, bringt die ökonomische Gleichwertigkeit unterschiedlicher Rechtsformen zur Geltung, vermeidet die illegitime Privilegierung des Sacheigentumsaufwands und erlaubt eine nachvollziehbare Grenzziehung zwischen Vermögens- und Nichtvermögensschäden. Ihr Nachteil: Sie entspricht nicht der herrschenden Praxis (s. zur herrschenden Praxis oben; es finden sich auch deutliche Distanzierungen zum hier vertretenen Ansatz, vgl. etwa BGH 71, 234) und wird auch in der Wissenschaft überwiegend abgelehnt. Wenn sie hier dennoch empfohlen wird, so geschieht dies, weil gerade der desolate Zustand der herrschenden Praxis Anlass zur Umorientierung gibt und die gegen den Frustrierungsgedanken erhobenen Einwände (Küppers VersR 1976, 604) nicht verfangen.

Aufgabe des Kausalitätserfordernisses?

Der Frustrierungsgedanke unterläuft nicht das Kausalitätserfordernis zwischen dem haftungsbegründenden Ereignis und dem zu ersetzenden Schaden (so aber Keuk, Vermögensschaden und Interesse, 1972, S. 246). Zwar liegen die frustrierten Aufwendungen in der Regel zeitlich vor dem die Ersatzpflicht auslösenden Ereignis; der Verlust oder das Ausbleiben des mit den Aufwendungen erkauften Äquivalents aber liegt zeitlich nach diesem Ereignis und wird durch es verursacht. Um dieses Äquivalent geht es. Seine Marktgängigkeit weist es als ein vermögenswertes Gut aus; die für es getätigten Aufwendungen geben einen Anhaltspunkt für seine Bewertung. Der Frustrierungsgedanke führt auch nicht zu einem originären Deliktsschutz von Vertragspositionen (so aber Stoll JZ 1971, 595). Denn nach wie vor bedarf es zur Haftungsbegründung aus Delikt der Verwirklichung eines entsprechenden Tatbestandes; allein im Rahmen der Haftungsausfüllung kann die Frustration von Aufwendungen zu einem ersatzfähigen Vermögensschaden führen. In diesem Rahmen aber sind bestehende Vertragsbeziehungen schon immer berücksichtigt worden, wenn es etwa darum ging, einen aus diesen Beziehungen zu erwartenden, wegen des haftungsauslösenden Ereignisses aber nicht realisierten Gewinn zu berechnen. Die Verknüpfung des Frustrierungsgedankens mit der Kommerzialisierungsidee und die so erreichte Orientierung an einem objektivierten Maßstab lässt auch die Kritik ins Leere laufen, die der traditionellen Frustrationslehre das Fehlen eines kontrollierenden intersubjektiven Maßstabs vorhält (Küppers VersR 1976, 606). Ob mit der Einführung objektiver, verallgemeinernder Kriterien die Grundkonzeption der Frustrationslehre aufgegeben wird (so Küppers a. a. O.), ist letztlich eine Frage des Sprachgebrauchs und mag als solche dahinstehen. Die Kommerzialisierungsthese allein reicht jedenfalls als Entscheidungsrichtlinie nicht hin, weil sie allzu leicht dazu verführt, auch dort Vermögensverluste anzunehmen, wo der Frustrierungsgedanke deutlich macht, dass das durch die Aufwendungen erstrebte Äquivalent gar nicht aus dem Vermögen des Ersatzberechtigten verschwunden ist. Trifft jemand Aufwendungen für langfristige Nutzungen, sei es durch Kauf, Miete oder Pacht, so liegt es von vornherein in seinem Plan, dass es auch Zeiten gibt, in denen die Nutzung nicht aktualisiert wird. Die zeitweilige Nutzungsvereitelung durch Dritte führt hier nicht zum Entzug des mit dem Geldeinsatz angestrebten Äquivalents und deshalb nicht zu einem Vermögensschaden. Mit der bloßen Kommerzialisierungsthese ohne Fruchtbarmachung des Frustrierungsgedanken ließe sich dieses (wünschenswerte) Ergebnis schwerlich begründen.

Differenzierung nach objektsbezogenen und anderen Eingriffen?

Die Annahme des Frustrierungsgedankens zwingt zur Aufgabe der Differenzierung nach objektsbezogenen und anderen Eingriffen, die dem Berechtigten die angestrebte Nutzung unmöglich machen (a. A. Köndgen AcP 177 (1977), 128 f.; wie hier Larenz SchuldR AT § 29 II c, der dieses Zwanges wegen den Frustrierungsgedanken aufgegeben hat). Mit dieser Differenzierung will die Rechtsprechung der Gefahr wehren, "im Bereich der Körper- und Gesundheitsverletzungen neben den herkömmlich anerkannten Ersatzpflichten Lasten unübersehbaren Umfangs" (BGHZ 55, 146 ff., 152 - "Jagdpächter") zu schaffen. Sie wählt dabei ein untaugliches Mittel zur Erreichung eines nicht einmal als legitim ausgezeichneten Ziels. Denn die Lasten können als solche nicht wegdisputiert werden. Es geht nur um ihre Verteilung. Diese richtet sich nach haftungsbegründenden Tatbeständen. Tritt nun eine Belastung in der Folge eines haftungsbegründenden Ereignisses auf, so greift der vom Gesetz vorgesehene Umverteilungsmechanismus ein: Der Schaden des Berechtigten wird zur Last des Verpflichteten. Die Aufhebung dieses Mechanismus durch eine Differenzierung nach objektsbezogenen und nicht objektsbezogenen Eingriffen findet im Gesetz keine Stütze. Sie lässt sich beim Untergang von Gütern, die unstreitig Vermögenswert haben, nicht durchhalten (Wer den Viehhüter verletzt, muss für dessen eingegangenes Vieh ebenso Ersatz leisten, wie wenn er unmittelbar auf das Vieh eingewirkt hätte) und sollte auch nicht zur Zurücknahme von Positionen verleiten, die bei der Diskussion um den Vermögenswert begründet worden sind. Ist einem Gut einmal Vermögenswert zugesprochen worden, so verpflichtet sein Entzug im Rahmen eines haftungsbegründenden Tatbestands zum Schadensersatz, mag sich der Eingriff auf das Gut oder die zur Nutzung berechtigte Person beziehen. Entscheidend ist allein, ob das betreffende Gut nach den Dispositionen des Ersatzberechtigten das Äquivalent eines in Geld ausdrückbaren gesellschaftlichen Durchschnittswerts und infolge des haftungsbegründenden Ereignisses unwiederbringlich verloren ist.

Nutzungsentgang

In diesem Regelsystem für die Verwendung des Vermögensschadensbegriffs hat die Rechtsprechung zum zeitweiligen Nutzungsausfall eines Kraftfahrzeugs keinen Platz (siehe J.I.2.d). Es scheidet kein Leistungsäquivalent aus dem Vermögen des Verletzten aus. Der mit der Anschaffung erworbene Nutzungsvorrat steht dem Verletzten nach Wiederherstellung in unverändertem Maße zu. Das gilt auch für eine auf längere Zeit gemietete Wohnung (erst recht für die gekaufte, aber nicht rechtzeitig fertig gestellte Wohnung, im Ergebnis deshalb zutreffend BGHZ 71, 234). Kann der Berechtigte die Wohnung etwa für die Zeit eines verletzungsbedingten Krankenhausaufenthalts nicht nutzen, so scheidet dadurch, eben weil schon bei der Anmietung nicht von der ständigen realen Benutzung ausgegangen wird und der Nutzungswert im Übrigen zur Verfügung steht, kein am Durchschnittsaufwand messbares Äquivalent aus dem Vermögen aus. Wohl aber ist Ersatz zu leisten, wenn eine für eine bestimmte Zeit gemietete (Ferien-)Wohnung nicht benutzt werden kann und der Betroffene dennoch zur Mietzinsentrichtung verpflichtet bleibt. Hier scheidet ein nach anerkanntem Durchschnittsaufwand zu berechnendes Gut unwiederbringlich aus dem Vermögen des Betroffenen aus. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich in den Fällen, in denen die Nutzung einer auf Zeit gemieteten Sache zwar nicht insgesamt, aber doch in einem Maße ausfällt, das die üblicherweise ins Kalkül zu ziehende Nichtbenutzung übersteigt. Hier stehen allgemeine Richtlinien nicht zur Verfügung, und die Gerichte sind auf ihr im Einzelfall auszuübendes Schätzungsermessen angewiesen (§ 287 ZPO).

Urlaub

Es bedarf keiner besonderen Hervorhebung, dass die geschilderten Grundsätze nicht nur für Sachnutzungen, sondern für alle Genüsse gelten, die einen gesellschaftlichen Durchschnittswert haben und dem Berechtigten trotz entsprechender Disposition endgültig verloren gehen. Für die verfallene Premierenkarte ist das seit jeher anerkannt, gilt aber ebenso für die verhinderte oder in ihrem Wert beeinträchtigte Reise. Wenn nicht durch die Verhinderung oder Beeinträchtigung der Berechtigte seinerseits von seiner Leistungspflicht befreit wird, steht ihm in Höhe des frustrierten Durchschnittsaufwands ein Schadensersatzanspruch zu. Dieser Schadensersatzanspruch hat allerdings nichts mit dem von der Rechtsprechung gewährten Anspruch für "vertanen Urlaub" (BGH 63, 98) zu tun. Bei Letzterem geht es nicht um das Ausbleiben eines spezifischen gegen Geld erwerbbaren Urlaubsvergnügens, sondern um den Verlust des Urlaubs selbst. Wer hier einen Schadensersatzanspruch gewährt, muss zeigen können, dass der Urlaub selbst ein vermögenswertes Gut (durch § 651 f. Abs. 2 im Reiseveranstaltungsrecht inzwischen gesetzlich anerkannt) und dass im konkreten Fall dieses Gut verloren ist. Der Vermögenswert des Urlaubs eines Arbeitnehmers sollte nach der Regelung des Bundesurlaubsgesetzes außer Zweifel stehen (a.A. Tolk S. 96 f.). Der bezahlte Urlaub wird mit der normalen Arbeitsleistung verdient. Er ist Entgelt und kann in bestimmten Fällen sogar in Geld abgegolten werden (§ 7 Abs. 4 BundesurlaubsG). Nicht so eindeutig ist der Vermögenswert des Urlaubs eines freiberuflich Tätigen oder selbständigen Gewerbetreibenden. Bedenkt man, dass der entweder für die Zeit seines Urlaubs vorarbeitet oder finanzielle Einbußen hinnimmt oder eine Ersatzkraft einstellt, so wird zwar deutlich, dass auch er Vermögen für die Urlaubszeit aufwendet; es stellt sich aber die Frage nach dem gesellschaftlichen Durchschnittswert ( = Marktwert) dieses Aufwands. Mit der Schätzungsbefugnis der Gerichte und den Kosten für eine Ersatzkraft als Anhaltspunkt lassen sich die in dieser Frage liegenden Schwierigkeiten überwinden. Der Vermögenswert des Urlaubs ist mithin für jeden anzuerkennen, der schon und noch im Arbeitsleben steht (weiter gehend Burger NJW 1980, 1249 ff.). Dieser Vermögenswert ist aber nicht schon dann verloren ("vertan"), wenn der Anspruchsberechtigte seinen Urlaub nicht so verbringen kann, wie er ihn sich vorstellt. Erkauft ist der Erholungswert des Urlaubs zur Reproduktion der Arbeitskraft. Es kommt deshalb darauf an, ob der Erholungswert beeinträchtigt oder vereitelt ist. Dies ist nicht der Fall, wenn ein geplanter Italienaufenthalt aufgegeben und die Urlaubszeit stattdessen in deutschen Landen verbracht werden muss (BGH 60, 214). Anders bei dem im Krankenhaus verbrachten Urlaub: Dessen Erholungswert ist verloren. Unmittelbar relevant wird dies im Krankheitsfall allerdings nur für den Nichtarbeitnehmer, da nach § 9 Bundesurlaubsgesetz die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub von Arbeitnehmern nicht angerechnet werden. Hier trifft der Nachteil den Arbeitgeber, der über die Regresskonstruktion des § 6 EntgeltfortzahlungsG Ausgleich suchen muss und kann.

Immaterialgüterrechtsverletzung

Die hier entwickelte Vermögensschadenskonzeption schließt die zweite und dritte Schadensberechnungsmethode bei Immaterialgüterrechtsverletzungen aus dem Schadensrecht aus. Nach dem BGB steht dem Inhaber verletzter Immaterialgüterrechte ein Schadensersatzanspruch nur zu, wenn er einen durch die Verletzung (unbefugte Benutzung) seines Rechts verursachten Vermögensverlust darlegen kann. Der Hinweis auf den vom Verletzer erzielten Gewinn (3. Schadensberechnungsart) reichte dazu nur, wenn der Gewinn des einen immer der Verlust des anderen wäre. Diese Voraussetzungen sind so gut wie nie verwirklicht, so dass der Verletzte unabhängig vom Gewinn des Verletzers den Verlust in seinem Vermögen nachweisen muss. Er kann dies etwa durch den Hinweis auf einen Umsatzverlust oder nicht realisierten Umsatzzuwachs (1. Schadensberechnungsart), nicht jedoch durch den Hinweis auf die vom Verletzer nicht geleistete Lizenzgebühr (2. Schadensberechnungsart), wenn nicht sicher ist, dass dem Verletzer eine Lizenz erteilt worden wäre, sei es, dass die Lizenzerteilung überhaupt ausgeschlossen war oder der Verletzer nicht um eine Lizenz nachgesucht hätte, sei es, dass der Inhaber ihm die Lizenz verweigert hätte (a.A. Keuk S. 72 ff.). Denn in diesen Fällen hätte der Verletzte auch ohne die Verletzungshandlung die Lizenzgebühr nicht erhalten. Bei der zweiten und dritten Schadensberechnungsart geht es materiell auch gar nicht um den Ausgleich eines beim Verletzten entstandenen Verlusts, sondern um die Abschöpfung eines vom Verletzer vereinnahmten Vorteils. Dies ist eine genuin bereicherungsrechtliche Frage und sollte darum auch systematisch im Bereicherungsrecht angesiedelt werden.

GEMA-Rechtsprechung und Vorsorgekosten
Für die GEMA (Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte) geht der BGH noch über die zweite Schadensberechnungsmethode hinaus und verurteilt diejenigen, die geschützte Werke ohne Genehmigung aufführen, zu ,,Schadensersatz" in Höhe der doppelten Lizenzgebühr (BGH 59, 286). Damit sollen die Kosten der umfangreichen Überwachungsorganisation auf die Rechtsverletzer abgewälzt werden. So bestechend dieser Gedanke zunächst scheint; eine tragfähige Begründung liefert er nicht. Zum einen lässt er sich noch weniger in das vom Ausgleichsdenken beherrschte Schadensrecht einordnen als die zweite Schadensberechnungsmethode, zum anderen macht sein Ausdenken Weiterungen deutlich, die sozialpolitisch unerwünscht sind. Dies zeigt u. a. die Diskussion um die Bewältigung des Ladendiebstahls (dazu Gutachten D und E zum 51. Deutschen Juristentag von Naucke und Deutsch). Wer hier über den Ersatz der entwendeten Ware hinaus den erwischten Täter mit den Kosten für Fernsehkameras, Detektive und Fangprämien belasten will, pönalisiert das zivilistische Schadensrecht zu Zwecken des Eigentumsschutzes und vernachlässigt den Beitrag, den über ausgeklügelte Absatzstrategien die Eigentümer selbst zur Verletzung ihres Eigentums leisten. Dieser Beitrag rechtfertigt es selbstverständlich nicht, den Eigentümern Restitution und Kompensation ihres Sachverlustes zu versagen. Wohl aber sollen sie die zum Schutze ihres Eigentums aufgewendeten Kosten selber tragen. Sie allein entscheiden darüber, ob und welche Vorkehrungen getroffen werden. Sie können die Kosten ihrer Entscheidung kalkulieren, nicht aber den vor dem Eintreten eines haftungsbegründeten Ereignisses getätigten Aufwand schadensrechtlich liquidieren ( Wollschläger NJW 1976, 12 ff.; bis auf ausgelobte und ausgekehrte Fangprämien ebenso BGH 75, 230 = NJW 1980, 119). Anders ist es nur, wenn die Aufwendungen zur Gefahrenabwehr im Hinblick auf die konkret drohende und später realisierte Schädigung getroffen worden sind. So muss etwa der bei der Tat festgenommene Einbrecher, demjenigen, der auf einen konkreten Hinweis auf die bevorstehende Tat hin, Wachpersonal engagiert hat, die dadurch entstandenen Kosten ersetzen (MünchKomm/Oetker, § 249 Rdnr. 172, der dies sogar für den Fall bejaht, dass der Täter vor der Tatbegehung gefasst wird; in diesem Fall dürfte indes bereits dem Grunde nach kein deliktischer Schadensersatzanspruch entstanden sein).

Das schadensrechtliche Liquidationsverbot trifft auch die sog. Vorhaltekosten (vgl. Jürgen Schmidt JZ 1974, 73). Dabei handelt es sich um Kosten für Maßnahmen, welche die Verletzungsfolgen ausschließen oder doch mindern sollten. In BGH 32, 280 sind solche Kosten ersetzt worden (differenzierend BGH NJW 1976, 286; bestätigt und auf die allgemeine Reservehaltung erweitert durch BGH 70, 199). Hier fiel ein Straßenbahnwagen durch einen vom Beklagten zu verantwortenden Unfall für mehrere Monate aus. Die Straßenbahngesellschaft setzte einen eigens für solche Fälle bereitgehaltenen Reservewagen ein und vermied dadurch die Betriebseinschränkung und einen entsprechenden Gewinnausfall. Der BGH sprach ihr einen nach der Dauer des Einsatzes bemessenen Anteil an den Anschaffungs- und Unterhaltungskosten des Reservewagens als Schadensersatz zu. Zur Begründung führte er an, es könne „keinen rechtlich bedeutsamen Unterschied machen, ob der Inhaber eines Straßenbahnunternehmens bei Ausfall eines Fahrzeugs infolge fremdverschuldeten Unfalls ein Ersatzfahrzeug mietet oder ob er ein Fahrzeug einsetzt, das er sich wegen der besonderen Schwierigkeit, einen Straßenbahnwagen kurzfristig mietweise zu erlangen, eigens zum Zwecke der Vorsorge für vorkommende Fälle dieser Art bereits selbst zugelegt und bereitgestellt hat“ (S. 284). Der rechtlich bedeutsame Unterschied, den der BGH nicht akzeptieren mochte, liegt in der Kausalität . Sie ist unhintergehbare Minimalbedingung der Zurechnung eines Verlustes zu einem Verletzungsereignis. Vor dem Verletzungsereignis aufgewendete Kosten können nicht durch dieses verursacht sein. Darüber helfen weder die von Deutsch (Haftungsrecht I § 26 II 8) empfohlene Unterscheidung von „abstrakten und konkreten Aufwendungen“ noch die von Eike Schmidt (Esser/Schmidt § 32 III 2.2) vorgeschlagene Einteilung hinweg, nach der die Kosten nur solcher vorsorglichen Maßnahmen zum Schadensersatz berechtigen sollen, deren Unterlassen dem Geschädigten zum Mitverschulden gereichen würde (wie hier: Lange § 6 VIII 3). Zur Remedur in gewünschter Richtung mag man den Aufwendungsersatzanspruch des Auftragsrechts heranziehen; die Aufgabe des Kausalitätserfordernisses zwischen dem haftbar machenden Ereignis und dem zu ersetzenden Schaden ist dagegen nicht angezeigt. Dieses Erfordernis läßt die schadensrechtliche Liquidation von Kosten der Schadensvergütung, -bekämpfung und -minderung nur zu, wenn diese nach dem haftbar machenden Ereignis aufgewendet worden sind. Die Kausalverknüpfung ist allerdings nur notwendige und nicht auch schon hinreichende Bedingung der Liquidation. So sind zwar für die Ergreifung von (Laden-)Dieben ausgeworfene Fangprämien durch haftbar machende Ereignisse verursacht; als außerhalb des Schutzbereichs der verletzten Verhaltensgebote liegend können sie dennoch nicht von den Dieben ersetzt verlangt werden (a. A. Hagmann JZ 1978, 133, der ausgelobte und ausgezahlte Fangprämien bis zur Höhe des Werts des entzogenen Gutes für ersatzfähig hält; ähnlich jetzt BGH 75, 230 = NJW 1980, 119).
Last modified: Tuesday, 9 September 2008, 2:01 PM