Schuldübernahme

Begriff und Abgrenzungen

Die in §§ 414 ff. BGB geregelte befreiende Schuldübernahme ist das Gegenstück zur Abtretung auf Schuldnerseite. Sie führt zu einem Austausch des Schuldners. Der Übernehmende tritt an die Stelle des bisherigen Schuldners. Dieser scheidet aus dem Schuldverhältnis im engeren Sinne aus. Die befreiende Schuldübernahme dient somit in erster Linie den Interessen des Altschuldners.

Von der befreienden Schuldübernahme müssen insbesondere der Schuldbeitritt (kumulative Schuldübernahme), die Erfüllungsübernahme sowie die Bürgschaft unterschieden werden. Diese Institute werden in §§ 414 ff. BGB nicht geregelt.

Beim Schuldbeitritt tritt ein weiterer Schuldner neben den bisherigen Schuldner. Der Schuldbeitritt führt also nicht zu einem Schuldnerwechsel, sondern zu einer Schuldnermehrheit (Gesamtschuld im Sinne des § 421 BGB). Damit dient er als Sicherungsmittel den Interessen des Gläubigers, dem jetzt zwei Vermögensmassen zur Befriedigung zur Verfügung stehen.

Bei der so genannten Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) wird der Übernehmende nicht Schuldner der Forderung. Er verpflichtet sich vielmehr gegenüber dem Schuldner, diesen von seiner Schuld zu befreien. Letzterer hat damit einen Anspruch gegen den Übernehmenden darauf, dass dieser seine Schuld gegenüber dem Gläubiger erfüllt. Diese Verpflichtung wirkt jedoch nur im Verhältnis zwischen Übernehmenden und Schuldner. Aus Sicht des Gläubigers bleibt hingegen zunächst alles beim Alten. Insbesondere erwirbt er keinen Anspruch gegen den Übernehmenden und kann die Leistung von diesem nicht fordern. Die Erfüllungsübernahme dient somit in erster Linie den Interessen des Schuldners.

Auch bei der Bürgschaft (§ 765 BGB) wird der bürgende Dritte nicht Schuldner der Forderung. Er verpflichtet sich allerdings gegenüber dem Gläubiger, für die Erfüllung der Verbindlichkeit durch den Schuldner einzustehen. Er muss bei Ausfall des Schuldners den Gläubiger befriedigen. Die Bürgschaft dient somit dem Sicherungsinteresse des Gläubigers.

Vereinbarung der Schuldübernahme

Anders als bei der Abtretung kann die Schuldübernahme nicht einfach durch eine Vereinbarung zwischen Altschuldner und Neuschuldner bewirkt werden. Sie bedarf vielmehr der Mitwirkung des Gläubigers (vgl. §§ 414, 415 BGB).

Der Grund dieser Regelung leuchtet ohne Weiteres ein, wenn man sich vor Augen führt, dass die Schuldübernahme die Interessen des Gläubigers ganz erheblich berührt. Während es bei der Abtretung dem Schuldner letztlich egal sein muss, wem gegenüber er seine Leistung zu erbringen hat, wird es dem Gläubiger in der Regel alles andere als egal sein, wer ihm etwas schuldet. Der Wert der Forderung hängt ganz entscheidend von der Person des Schuldners ab, da sie bei Ausbleiben der Leistung die Möglichkeit begründet, im Wege der Zwangsvollstreckung auf das Vermögen des Schuldners Zugriff zu nehmen. Dies wird aber beispielsweise bei einer Forderung gegen einen Millionär viel mehr Erfolg versprechen als bei einer Forderung gegen einen "armen Schlucker".

Die Mitwirkung des Gläubigers und somit auch die Schuldübernahme kann auf zwei Wegen erfolgen, entweder indem die Schuldübernahme direkt zwischen Neuschuldner und Gläubiger vereinbart wird (§ 414 BGB) oder indem der Gläubiger die entsprechende Vereinbarung zwischen Altschuldner und Neuschuldner genehmigt (§ 415 BGB).

Die Vereinbarung nach § 414 BGB enthält nach herrschender Meinung eine Verfügung zugunsten des ursprünglichen Schuldners. Sie ist grundsätzlich formfrei. Ausnahmen gelten, wenn der Inhalt der übernommenen Verpflichtung eine besondere Form verlangt (z.B. Verpflichtung zur Übereignung eines Grundstücks, § 311b Abs. 1 BGB). Umstritten ist, ob der ursprüngliche Schuldner in entsprechender Anwendung des § 333 BGB der Schuldübernahme widersprechen kann. Dies wird teilweise mit der Begründung vertreten, dem Altschuldner würde die Schuldbefreiung "aufgedrängt". Gegen eine solche Widerspruchsmöglichkeit spricht jedoch, dass der Schuldner nach § 267 BGB auch eine schuldbefreiende Leistung eines Dritten nicht verhindern kann, wenn der Gläubiger seinen Widerspruch übergeht und die Leistung annimmt.

Die Vereinbarung nach § 415 BGB wird von Altschuldner und Neuschuldner getroffen, bedarf dann aber zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Gläubigers. Mit der Genehmigung des Gläubigers wird die Schuldübernahme gemäß §§ 185 Abs. 2 S. 1, 184 Abs. 1 BGB rückwirkend wirksam. Der Gläubiger kann erst nach Mitteilung der Schuldübernahme genehmigen (§ 415 Abs. 1 S. 2 BGB). Verweigert der Gläubiger die Genehmigung, so ist die Schuldübernahme endgültig gescheitert (§ 415 Abs. 2 S. 1 BGB). Gleiches gilt, wenn der Gläubiger nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist genehmigt (§ 415 Abs. 2 S. 2 BGB). Zu beachten ist in beiden Fällen allerdings § 415 Abs. 3 BGB: Scheitert die Schuldübernahme an der mangelnden Genehmigung des Gläubigers, so liegt im Zweifel im Verhältnis zwischen Schuldner und Übernehmer eine Erfüllungsübernahme vor.

Wirkungen der befreienden Schuldübernahme

Wie schon dargestellt wurde, führt die befreiende Schuldübernahme zu einem Schuldnerwechsel. Der Neuschuldner übernimmt die Schuld in dem rechtlichen Zustand, in welchem sie vor der Übernahme bestand. Dementsprechend kann er dem Gläubiger Einwendungen und Einreden, die der Schuld vor Übernahme anhafteten, entgegenhalten, § 417 Abs. 1 S. 1 BGB. Allerdings darf er nicht mit einer dem Altschuldner zustehenden Forderung aufrechnen, § 417 Abs. 1 S. 2 BGB. Der Neuschuldner soll dem Altschuldner nicht dessen Forderungen nehmen können. Gestaltungsrechte, die mit dem der Rechtsstellung zusammenhängen, wie Recht auf Rücktritt, auf Anfechtung usw. stehen weiter dem Altschuldner zu. Nach herrschender Meinung kann der Neuschuldner dem Gläubiger das Bestehen eines Gestaltungsrechts auch nicht analog § 770 BGB einredeweise entgegenhalten.

Neben den Einreden des § 417 Abs. 1 S. 1 BGB kann sich der Neuschuldner auch auf Mängel der Schuldübernahme selbst berufen. Zudem kann er mit eigenen Forderungen gegen den Gläubiger aufrechnen oder wegen eigener Forderungen ein Zurückbehaltungsrecht ausüben.

Dem Übernahmevertrag liegt regelmäßig ein Kausalgeschäft zwischen Übernehmenden und bisherigem Schuldner zugrunde, z.B. eine Schenkung. Der Übernahmevertrag selbst ist von diesem Grundgeschäft abstrakt, wie § 417 Abs. 2 klarstellt. Der Übernehmende kann also dem Gläubiger nicht die Mängel des Kausalgeschäftes zwischen ihm und dem Altschuldner entgegenhalten (Ausnahme: Fehleridentität). Nach umstrittener Auffassung der Rechtsprechung können allerdings Kausalgeschäft und eine nach § 415 Abs. 1 S. 1 BGB erfolgte Schuldübernahme ein einheitliches Geschäft im Sinne des § 139 BGB bilden.

Anders als bei der Abtretung erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und Pfandrechte bei der Schuldübernahme gemäß § 418 Abs. 1 S. 1 BGB. Gemäß § 418 Abs. 1 S. 2, 1168 Abs. 1 BGB wandeln sich Hypotheken zu Eigentümerhypotheken. Diese Regelung erklärt sich daraus, dass Sicherheiten regelmäßig mit Blick auf die Bonität des Schuldners bestellt werden. Es kann also von den Sicherungsgebern nicht ohne Weiteres erwartet werden, dass sie für den neuen Schuldner, mit dem sie bei Bestellung der Sicherheit nicht gerechnet haben, ebenfalls haften. Allerdings können die Sicherungsgeber einwilligen, dass die Sicherheiten auch für den Neuschuldner wirken sollen, § 418 Abs. 1 S. 3 BGB. Auf nichtakzessorische Sicherheiten ist § 418 Abs. 1 BGB entsprechend anzuwenden. Umstritten ist, ob § 418 BGB auch für gesetzliche Sicherheiten gilt.
Modifié le: jeudi 4 septembre 2008, 13:07