Nationalsozialismuskritisches Verhalten lässt sich in Anlehnung an Hans-Ulrich Wehler (Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 4. Bd.: Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949 {München: Beck, 2003}, S. 908–09) in vier Verhaltensstufen gliedern: Nonkonformität, soziale Verweigerung, öffentlicher Protest und aktive Loyalitätsaufkündigung mit dem Versuch, das Regime zu stürzen. Am bedeutendsten war der Arbeiterwiderstand, gemeinhin unterschieden in sozialdemokratischen und kommunistischen Widerstand; dabei wurde der überaus virulente kommunistische Widerstand im Sommer 1939 durch die Annäherung der Sowjetunion an das faschistische Deutsche Reich nachhaltig geschädigt. Der Widerstand der katholischen Kirche und der protestantischen Kirchen begnügte sich oftmals mit der Verteidigung kirchlicher Vorrechte; in Einzelfällen setzten sich Kirchenvertreter für verfolgte Minderheiten ein. Die Zeugen Jehovas verweigerten den Wehrdienst und wurden von den Nationalsozialisten in die Konzentrationslager verschleppt. Jugendliche Gruppen wurden oft auf Grund ihrer devianten Interessen und Erscheinung von HJ und Gestapo in den Widerstand getrieben; zum Jugendwiderstand zählen wir desgleichen den akademischen Widerstand von Studierenden der Münchener Universität, die unter dem Namen Weiße Rose agierten. Jüdische Menschen ließen sich nicht ohne Widerstand zur Schlachtbank führen; am bekanntesten ist der Aufstand gegen die Vernichtung des Warschauer Gettos 1943. Es gab viele Anschläge und Attentatsversuche auf führende Nationalsozialisten – allein auf Hitler waren wohl über 20 Attentate geplant und/oder ausgeführt. Der letzte Anschlagsversuch fand am 20. Juli 1944 im Rahmen des militärischen Widerstands statt. Schließlich wird der Widerstand in den vom Deutschen Reich annektierten und den von der Wehrmacht besetzten Gebieten nicht ausgeblendet.

In der Übung wird von allen Studierenden als Prüfungsleistung ein mit einer Präsentation unterstütztes Referat und regelmäßige Mitarbeit in den Sitzungen verlangt. Nach Möglichkeit werden Texte zum Thema gelesen; hierfür sind keine Fremdsprachenkenntnisse vonnöten.

Literatur:

Benz, Wolfgang; Houwink ten Cate, Johannes; Gerhard, Otto (Hg.). Anpassung – Kollaboration – Widerstand: Kollektive Reaktionen auf die Okkupation. Berlin: Metropol, 1996 (Nationalsozialistische Besatzungspolitik in Europa 1939–1945, Bd. 1). 303 S.
Benz, Wolfgang; Pehle, Walter H. (Hg.). Lexikon des deutschen Widerstandes. Aktual. Lizenzausg. Frankfurt a.M.: Fischer-Taschenbuch-Verl., 2001 (Fischer-Taschenbücher, 15083: Die Zeit des Nationalsozialismus). 429 S.
Mallmann, Klaus-Michael; Paul, Gerhard. Drei Bände der Reihe „Widerstand und Verweigerung im Saarland 1935–1945“. Bonn: Dietz, 1989–95.
Steinbach, Peter; Tuchel, Johannes (Hg.). Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Bonn: bpb, 1994 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 323). 672 S.
Steinbach, Peter; Tuchel, Johannes (Hg.). Widerstand gegen die nationalsozialistische Diktatur 1933–1945. Bonn: bpb, 2004 (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 438). 551 S.
Ueberschär, Gerd R. (Hg.). Handbuch zum Widerstand gegen Nationalsozialismus und Faschismus in Europa 1933/39 bis 1945. Mitarb. Peter Steinkamp. Berlin; New York: de Gruyter, 2011. xi, 383 S.