In ihrem Buch »Weapons of Math Destruction« von 2016 führt die Mathematikerin und Journalistin Cathy O'Neil eine Menge von Beispielen an, in denen der Einsatz von Algorithmen moralisch und gesellschaftlich beklagenswerte Folgen nach sich zieht. In den USA bewerten Algorithmen Lehrer:innen für die Schulbehörde, entscheiden maßgeblich über die Zulassung von Schüler:innen zu Colleges und legen fest, welche Personen einen Kredit oder einen Job bekommen. Algorithmen sollen Ärzten helfen, die richtige Therapie für jeden Patienten zu finden, und Richtern dabei, nur Menschen mit guten sozialen Aussichten auf Bewährung zu entlassen. Allgemein bestimmen Algorithmen im Internet über das, was wir sehen, und so unseren Nachrichten- und Entertainmentkonsum. O‘Neils Anliegen ist es, durch ihr Buch aufzuzeigen, wie der Einsatz solcher datengetriebenen Verfahren Ungleichheit vorantreibt und letztlich gar die Demokratie gefährdet.

 

Wann hat der Einsatz von Algorithmen moralisch relevante Auswirkungen? Sind Algorithmen objektiver und daher gerechter als Menschen? Dürfen wir Algorithmen verwenden? Wenn ja, unter welchen Bedingungen? Und wie können und müssen Algorithmen, die statistische Aussagen treffen, zum Wohle der Gesellschaft gestaltet werden? Wie muss die Ausgabe eines solchen Algorithmus von uns bewertet und interpretiert werden? Wer ist eigentlich für die Folgen verantwortlich? Und sind algorithmisch gefällte Urteile nicht letztlich objektiver und besser und daher vorzuziehen? Ist ein Urteil, das auf besseren Vorhersagen beruht, deshalb auch moralisch besser als eines, das auf schlechteres Vorhersagen basiert? Dies sind Fragen der (angewandten) Ethik, genauer der Computerethik.

 

Dieses Blockseminar setzt sich aus zwei Wochenendsitzungen zusammen. Zunächst wollen wir O’Neils (nicht besonders umfangreiches) Buch besprechen, um ein allgemeines Verständnis vom Einsatz von Algorithmen und seinen gesellschaftlichen Gefahren und Problemen zu entwickeln. Für den zweiten Termin sollen die Studierenden selbst tätig werden und aktuelle Beispiele von moralischer Relevanz recherchieren. Sie sollen auf diesen Beispielen aufbauend in kleinen Gruppen Argumente für oder gegen themenbezogene Behauptungen rekonstruieren oder selbst entwerfen. So werden verschiedene, moralisch interessante Aspekte aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Dafür soll geeignete philosophische Fachliteratur gefunden und herangezogen werden. Abschließend wird das Erarbeitete präsentiert und in einer Ausarbeitung niedergeschrieben.

 

Literatur (wird noch ergänzt): O'Neil, Cathy: »Weapons of Math Destruction«, Crown Books, 2016.

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Ort:

Die Lernwerkstatt Demokratische Schule zieht darauf ab, philosophisches Wissen und Können anzuwenden auf die schulischen Aufgaben der Lehrpersonen von morgen. Und zwar nicht in der Fachdidaktik, sondern allgemeiner in Feldern von Schulkultur, Kompetenzvermittlung und Organisationsentwicklung.

 

Die Lernwerkstatt Demokratische Schule wurde im Zuge des saarländischen Beitrags zur Qualitätsoffensive Lehrerbildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung am Philosophischen Institut entwickelt als eine (schul-)praxisnahe Reflexion über die Themen Heterogenität von Lernenden und Individualisierung des Lernens. Auf Grundlage von basalen Theoriebausteinen der Praktischen Philosophie (z.B. über Gleichheit, Werte, Kultur(en), Gerechtigkeit, Demokratie) nimmt die Lernwerkstatt Demokratische Schule Methoden der Demokratiepädagogik, der Inklusion und der vorurteilsbewussten Bildung in den Blick. Dazu diskutieren wir mit externen Gäst*innen (u.a. von der Landesschülervertretung, dem Netzwerk Demokratie und Courage, der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik) und hospitieren (sofern die Pandemie es zulässt) an Kooperationsschulen bei einem Klassenrat. Als phasenübergreifende Lehrveranstaltung besuchen die Lernwerkstatt Demokratische Schule auch Lehrer*innen aus dem aktiven Schuldienst als Fortbildung, was gute Erfahrungsabgleiche in den Seminargesprächen ermöglicht.

 

Für den Leistungsnachweis wird ein Lerntagebuch veranstaltungsbegleitend geführt (vergleichbar den Kurzessays); Lehramtsstudierende, die die Lernwerkstatt Demokratische Schule mit 6CP in ihre fachwissenschaftlichen Studien einbringen möchten, schreiben zudem eine philosophische Ausarbeitung zu einem der Theorie-Bausteine aus der Praktischen Philosophie.

 

Ort: Die Die Lernwerkstatt Demokratische Schule wird am Campus SB-Dudweiler als Präsenzveranstaltungen absolviert (ggf. unter Auflagen des jeweils gültigen Hygienekonzepts – notfalls auch nur online, dann via MS-Teams in identischem Zeitschema).

 

 LeGuD, Am Markt Zeile 6, Raum 6.09.0, 66125 Saarbrücken-Dudweiler

 

Terminübersicht (Zeitangabe s.t.):

Di 14-18h ist das Zeitschema für alle sechs Sitzungen, auf welche Tage das Seminar genau fällt, wird kurz vor Semesterbeginn allen in LSF Angemeldeten via Email mitgeteilt.

 

Technik-Hinweis: Die Die Lernwerkstatt Demokratische Schule fährt mit Blick auf Digitalisierung und Partizipation ein „byod”-Lehrkonzept – führen Sie also nach Möglichkeit internetfähige Endgeräte für Recherchen, Abstimmungen, Aufgaben etc. in den Präsenzveranstaltungen mit.

Zeit: Dienstag 14-18h (Datum wird kurz vor Semesterbeginn allen in LSF Angemeldeten via Email mitgeteilt)
Ort: LeGuD, Am Markt Zeile 6, Raum 6.09.0, 66125 Saarbrücken-Dudweiler

John Rawls' Eine Theorie der Gerechtigkeit (1971) ist das wichtigste Werk der politischen Philosophie und der Gerechtigkeitstheorie des letzten Halbjahrhunderts. Rawls‘ im weiten Sinne von Kant inspirierte Methode und seine Kritik am Utilitarismus stellen die Basis für viele deontologischen Positionen sowohl zu allgemeinen als auch zu angewandten Positionen der heutigen Debatten in der politischen Philosophie. Auf seine Grundsätze der Gerechtigkeit berufen oder beziehen sich viele Beiträge zu den aktuellen Diskussionen über Gerechtigkeitsfragen.  Wir werden einen Teil von John Rawls' Eine Theorie der Gerechtigkeit sowie einige wichtige kritische Aufsätze zu diesem Werk analysieren und kommentieren. Dabei werden wir uns besonders auf John Rawls' Methode(n) konzentrieren. Auf Eine Theorie der Gerechtigkeit bauen sowohl Politischer Liberalismus (1993), in dem sich Rawls mit dem Faktum eines vernünftigen Pluralismus und der daraus resultierenden Vielfalt an umfassenden Welt- und Wertauffassungen befasst, als auch Das Recht der Völker (1999), in dem Rawls seine Theorie der Gerechtigkeit um die globale Ebene erweitert. Mit wenigen Passagen beider Werke werden wir uns befassen.

 

Primärliteratur:

  • Rawls, John: Eine Theorie der Gerechtigkeit, übers. von U. Wolf, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1975.
  • Rawls, John: Politischer Liberalismus, übers. von W. Hinsch, Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1998.
  • Rawls, John: Das Recht der Völker, übers von W. Hinsch, Berlin: W. de Gruyter 2002. 

Sekundärliteratur:

  • Daniels, Norman (Hrsg.): Reading Rawls. Critical Studies on Rawls’ „A Theory of Justice”, Stanford University Press 1975.
  • Freeman, Samuel (Hrsg.): The Cambridge Companion to Rawls, Cambridge, UK: Cambridge University Press 1998.
  • Hinsch, Wilfried: Gerechtfertigte Ungleichheiten, Berlin: W. de Gruyer 2003.
  • Höffe, Otfried (Hrsg.): John Rawls. Eine Theorie der Gerechtigkeit, Berlin: Akademie-Verlag 1998.
  • Kersting, Wolfgang: John Rawls zur Einführung, Hamburg: Junius 1993.
  • Mandle, John u. Reidy, David A.: A Companion to Rawls, Oxford: Blackwell /John Wiley 2015.
  • Pogge, Thomas: John Rawls, München: C.H.Beck 1994.
  • Pogge, Thomas: Realizing Rawls, Ithaca: Cornell University Press 1989.

Zeit: Sa. 09.07.2022, So. 10.07.2022, Sa. 23.07.2022, So. 24.07.2022:   9-18Uhr
Ort:

The past decades have witnessed an increased interest in the area of trauma both in psychology and psychiatry. This professional interest reflects a wider cultural concern with trauma that eventually led to the inclusion of the psychiatric construct of Post-Traumatic Stress Disorder (PTSD) in the third edition of the Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorder (DSM-III) (American Psychiatric Association, 1980).

Even though men, women, and children have been exposed to traumatic events since prehistoric times, attempts to understand the adverse impact of such exposure are quite recent. Breslau and colleagues established that even if between 50% and 90% of individuals will encounter a traumatic event during their lifetime (Breslau et al., 1998), only 5-7% of men and 10% of women will develop post-traumatic stress symptoms (Ozer & Weiss, 2004).

Despite the impressive advances of psychiatric empirical research, no definitive answer currently exists as to why (and when) some of those who have experienced trauma develop post-traumatic symptoms while others, following identical or similar events, do not. Indeed, due to insufficient understanding of the traumatic experience, we are not able to account for the fact that while some people develop PTSD symptoms following traumatic events, others do not.

In this seminar, we will deploy both philosophical and empirical resources to trace the origin of the reflection on trauma that led to current psychiatric classification. Drawing on philosophy, neuroscience, and psychiatry, we will attempt to evaluate the validity of the current conceptualization of trauma, improve our understanding of the traumatic experience and the factors which result in the development of post-traumatic symptoms, as well as consider the philosophical and scientific fruitfulness of the reflection on trauma. It will be made clear, that trauma not only offers an opportunity in terms of unveiling certain aspects of cognition, but that it may as well bear some potentiality for personal development as in the case of post- traumatic growth.

Zeit: Mo. 04.04.2022 - Fr. 08.04.2022:   9-10.30h, 11-12.30h, 13.30-15.30
Ort: Raum 0.09, A2 3