Die „Neu-Übersetzung“ (retranslation/ retraducción) von kanonischen Texten gehört zu den wenig untersuchten Herausforderungen der translatorischen Tätigkeit. Sowohl im literarischen wie im philosophischen Bereich werden sogenannte „Klassiker“ immer wieder übersetzt und damit in neuen geschichtlichen Kontexten aktualisiert. Im Vergleich zur Übersetzung von Neuerscheinungen im literarischen Betrieb weist eine Retranslation Merkmale auf, die die technisch-sprachliche Ebene bei Weitem übertreffen: Dadurch, dass man einen Klassiker wieder interpretiert und in einer neuen sprachlichen Form wiedergibt, eignet man sich den Originaltext über die bereits vorhandenen Übersetzungen an. Dabei stellt man eine erneute Beziehung zur eigenen und fremden Vergangenheit und Kultur her. In gewissem Sinne ist Neu-übersetzen ein Kernstück unserer Auffassung der Kultur und der Tradition. Ziel der Lehrveranstaltung ist somit, die Studierenden für das besondere Phänomen der Neuübersetzung zu sensibilisieren, deren theoretisch-methodische Problematik zu reflektieren und in die Praxis der Übersetzung zu überführen.
- DozentIn: Mariana Magnus geb. Dimopulos