Die beiden homerischen Epen, die Ilias und die Odyssee, werden auch heute noch als Beginn der europäischen Literaturgeschichte angesehen und vornehmlich hinsichtlich ihres literarischen Wertes geschätzt. Jedoch bieten sie bei genauer Lektüre auch für den Historiker viel Aufschlussreiches. Aus der Ilias, in der Ereignisse des letzten Kriegsjahres des Trojanischen Krieges im Vordergrund stehen, lassen sich etwa der Verhaltenskodex der archaischen Aristokraten, frühe Institutionen des Zusammenlebens im archaischen Griechenland oder auch die militärische Kampfesweise in dieser Zeit entnehmen. Die Schilderungen in der Odyssee, die sich mit der Heimfahrt des Odysseus aus Troja beschäftigt, können wie eine sagenhafte Verarbeitung der Großen Kolonisation gelesen werden, die Odysseus dem Phaiakenkönig Alkinoos erzählt. Das Gemeinwesen der Phaiaken erscheint dort wie ein Idealbild der Polisgemeinschaft. Wir werden uns beiden Epen als wichtigen Quellen für die archaische bzw. auch die mykenische Epoche der griechischen Geschichte im Brückenkurs zu nähern versuchen.