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Jede sprachliche Äußerung findet in einem Kontext statt.

Aber was genau ist ein Kontext und wie wirkt sich der Kontext der Äußerung gegebenenfalls auf den Gehalt aus, den die verwendeten Sätze oder wir mit Äußerungen dieser Sätze ausdrücken? Wann ist ein sprachlicher Ausdruck kontextsensitiv und was meinen Theoretiker, wenn sie behaupten, sprachlich ausgedrückter Gehalt sei per se kontextabhängig?

Semantische Kontextualisten haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Gemeinplatz, daß wir mit geäußerten Sätzen (in einem näher zu bestimmenden Sinne) oft mehr ausdrücken, als das, was sich allein über ihre konventionelle Bedeutung bestimmen läßt, als Evidenz dafür fruchtbar zu machen, daß Semantik und Pragmatik sich nicht voneinander trennen lassen. Entsprechend fordert beispielsweise Francois Recanati (2004, 2010), wahrheitskonditionale Semantik durch "wahrheitskonditionale Pragmatik" zu ersetzen. Das Verb "sagen" wird dabei als terminus technicus verwendet, der eine wichtige intuitive Kategorie treffen soll: Etwas mit einem Satz sagen heißt soviel wie mit diesem Satz eine bestimmte Proposition explizit ausdrücken (im Unterschied zum Implikieren im Sinne von Grice), die Hörern bzw. Adressaten "direkt intuitiv zugänglich" ist.

Typische Beispiele für das zur Debatte stehende Phänomen sind Äußerungen von Sätzen wie "Er ist glücklich", "Ich bin bereit", "Zwei Jahre sind genug". Solange nicht klar ist, auf wen sich die Sprecherin mit "er" bezieht, wofür sie bereit ist oder wofür zwei Jahre genug sein sollen, läßt sich die ausgedrückte Proposition nicht bestimmen und – so die kontextualistische Auffassung – damit auch nicht die Wahrheitsbedingungen der geäußerten Sätze. Für ihre Bestimmung sei Rekurs auf pragmatische Faktoren (im weitesten Sinne) vonnöten.

Semantische Minimalisten hingegen versuchen, an der Trennung von Semantik und Pragmatik festzuhalten. Aufgrund ihrer konventionellen Bedeutung verfügen Sätze relativ zu einem Kontext in der Regel über einen Gehalt, der ihre Wahrheitsbedingung bestimmt. Pragmatische Faktoren spielen dabei dabei je nach Position entweder keine Rolle (Borg 2004, 2012) oder ihr Einfluß ist  stark eingegrenzt (Cappelen & Lepore 2005, 2015).

Wir werden uns Argumente für verschiedene Spielarten beider Grundpositionen ansehen und sie kritisch diskutieren. Dabei wird sich u.a. zeigen, daß ihnen verschiedene metasemantische Auffassungen über die Aufgabe einer semantischen Theorie und entsprechend ihrer Rolle in einem umfassenderen theoretischen Bild von Kommunikation mittels Sprache zugrundeliegen.

Im Rahmen der Einführung ins wissenschaftliche Arbeiten wird in dem Seminar Gelegenheit gegeben, verschiedene Formen der Auseinandersetzung mit (englischsprachigen!) wissenschaftlichen Texten gemeinsam zu üben (Argumentrekonstruktion, Thesenpapier, Exzerpt, Begriffsreflexion, kritische Fragen etc.).

  • Als Literatur dienen uns Auszüge aus
  • Borg, Emma – Minimal Semantics, OUP 2004.
  • Borg, Emma – Pursuing Meaning, OUP 2012.
  • Cappelen, Herman & Lepore, Ernest – Insensitive Semantics, Blackwell 2005.
  • Recanati, Francois – Literal Meaning, OUP 2004.
  • Recanati, Francois – Truth-Conditional Pragmatics, OUP 2010. sowie Aufsätze aus Zeitschriften und Sammelbänden, die im Seminar bekanntgegeben werden.
Zeit: Dienstag 14:00 - 16:00
Ort:
Selbsteinschreibung (TeilnehmerIn)
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