Bedingungen und Befristungen

Literatur: Martens, Grundfälle zu Bedingung und Befristung, JuS 2010, 578-582

Begriff und Bedeutung

Die Parteien können die Wirksamkeit ihrer Rechtsgeschäfte von Bedingungen oder Befristungen abhängig machen. Die Bedeutung der rechtsgeschäftlich bestimmten Bedingung oder Befristung liegt darin, dass sie den Parteien die Möglichkeit eröffnet, die Gleichzeitigkeit von Rechtsgeschäft und Rechtsentstehung zu durchbrechen. Dadurch können sie schon bei Geschäftsabschluss gewissen oder ungewissen künftigen Umständen Rechnung tragen und die rechtsgeschäftliche Regelung den sich verändernden Umständen anpassen. Die Bedingung ist daher ein beliebtes Mittel der Vertragsgestaltung, das sich insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen anbietet.

Unter einer Bedingung im Sinne des § 158 BGB versteht man sowohl die in ein Rechtsgeschäft eingefügte Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem zukünftigen, ungewissen Ereignis abhängig macht, als auch dieses Ereignis selbst. Demnach hat der Begriff der "Bedingung" im Rechtssinne eine vom allgemeinen Sprachgebrauch erheblich abweichende Bedeutung. Im Alltag und selbst in der Rechtssprache (vgl. nur den Abschnitt "Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen", §§ 305 ff. BGB) versteht man unter "Bedingung" nämlich oft lediglich die von den Parteien ausgehandelten Vertragsbestimmungen, wie dies etwa in häufig gebrauchten Worten wie z.B. "Zahlungsbedingungen", "Lieferbedingungen", "allgemeine Geschäftsbedingungen" etc. zum Ausdruck kommt. Bei diesen Vertragsbedingungen handelt es sich aber ebenso wenig um ungewisse, künftige Ereignisse wie bei den so genannten Rechtsbedingungen (vgl. hierzu den Fall "Bedingte Aufrechnung"). Hierunter versteht man in Abgrenzung zu den rechtsgeschäftlich begründeten Bedingungen die tatbestandlichen Voraussetzungen, die eine Rechtsnorm für die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts aufstellt. Als Beispiel hierfür kann man etwa das Erfordernis einer Genehmigung eines von einem Minderjährigen abgeschlossenen Vertrages durch den gesetzlichen Vertreter (§ 108 Abs. 1 BGB) anführen. Schließen daher der Minderjährige A und der Volljährige B einen Kaufvertrag "unter der Bedingung, dass die Eltern des A den Vertrag genehmigen", dann haben sie keine Bedingung i.S. des § 158 Abs. 1 BGB vereinbart, sondern verweisen lediglich deklaratorisch auf das von Gesetzes wegen bestehende Genehmigungserfordernis des § 108 Abs. 1 BGB.

Da der Eintritt einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Bedingung unmittelbaren Einfluss auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hat, kann man "aufschiebende Bedingungen", bei denen das Rechtsgeschäft beim Eintritt der Bedingung wirksam wird (§ 158 Abs. 1 BGB), von "auflösenden Bedingungen" unterscheiden, bei denen mit dem Eintritt der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts endet (§ 158 Abs. 2 BGB).

Inhaltlich kann das zukünftige Ereignis ganz unterschiedlicher Art sein. Dabei kann es sich sowohl um vom menschlichen Willen unabhängige Ereignisse (wie z.B. Naturereignisse) als auch um die Handlung eines Dritten oder sogar der Parteien selbst handeln. Wenn die Bedingung allein in einer Handlung besteht, die vom Willensentschluss einer der Vertragsparteien abhängt, dann spricht man von einer "Potestativbedingung". Die Potestativbedingung ist grundsätzlich zulässig, kann aber im Einzelfall sittenwidrig sein (§ 138 Abs. 1 BGB), wenn durch sie in den Kernbereich der Entscheidungsfreiheit einer Person, insbesondere bei höchstpersönlichen Entscheidungen eingegriffen wird. Dies wird z.B. angenommen, wenn ein Schenkungsversprechen unter der Bedingung abgegeben wird, dass der andere die Konfession wechsele oder sich von seiner Ehefrau scheiden lasse.

Von der Potestativbedingung ist die "Wollensbedingung" zu unterscheiden, bei der die Geltung eines Rechtsgeschäfts davon abhängig gemacht wird, ob ein Vertragspartner später erklärt, dass er das Geschäft gelten lassen will, wobei die Entscheidung darüber in sein freies Belieben gestellt ist. Fraglich ist, ob die vertragliche Vereinbarung einer solchen Wollensbedingung überhaupt möglich ist. Dagegen spricht, dass die Auslegung einer Erklärung, bei der es einer Partei vorbehalten bleibt zu erklären, ob der Vertrag gelten soll oder nicht, ergibt, dass dieser Partei gerade der für das Vorliegen einer Willenserklärung erforderliche Rechtsbindungswille fehlt; sie will sich vielmehr erst dann binden, wenn sie ihre Geltungserklärung abgibt, die dann die Annahmeerklärung zu dem bis dahin annahmefähigen Angebot der anderen Partei darstellt. Da es also zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Wollensbedingung noch kein Rechtsgeschäft gibt, das von einer Bedingung abhängig gemacht werden könnte, ist erst recht für eine derartige Bedingung kein Raum. Die Vereinbarung einer Wollensbedingung ist daher konstruktiv nicht möglich.

In Abgrenzung zur Bedingung versteht man unter einer Befristung die vertragliche Bestimmung, die die Rechtswirkungen des Geschäfts von einem gewissen, zukünftigen Ereignis abhängig macht. Entsprechend der Terminologie bei der Bedingung kann man auch bei der Befristung danach unterscheiden, ob das Rechtsgeschäft mit dem Eintritt des Ereignisses wirksam werden soll (aufschiebende Befristung, §§ 163, 158 Abs. 1 BGB) oder ob die Wirkung des Rechtsgeschäft mit dem Eintritt des Ereignisses enden soll (auflösende Befristung, §§ 163, 158 Abs. 2 BGB). Allerdings ist die Abgrenzung zwischen Bedingung und Befristung nicht immer so einfach, wie es auf den ersten Blick erscheint. So kann z.B. ein Ereignis hinsichtlich des "Ob" unsicher, hinsichtlich des "Wann" aber sicher sein. So liegt es z.B. wenn der Enkel seinem Großvater verspricht, ihm zum 80. Geburtstag eine Weltreise "zu schenken". In diesem Fall steht das Datum des 80. Geburtstages bereits fest, nicht aber, ob der Großvater diesen Geburtstag auch erlebt. Handelt es sich dann um ein aufschiebend bedingtes oder um ein aufschiebend befristetes Schenkungsversprechen?

Eindeutig fällt die Abgrenzung zwischen Bedingung und Befristung lediglich dann aus, wenn das zukünftige Ereignis hinsichtlich "Ob" und "Wann" sicher ist (z.B. Angabe eines bestimmten Datums), denn handelt es sich eindeutig um eine Befristung, oder wenn es hinsichtlich "Ob" und "Wann" unsicher ist (z.B. Schenkungsversprechen für den Fall des bestandenen Examens oder für den Fall des Lottogewinns), denn dann handelt es sich eindeutig um eine Bedingung. Schwierigkeiten bereiten demnach lediglich die Fälle, in denen entweder nur das "Ob" oder nur das "Wann" unsicher ist. Dabei ist man sich für den Fall, dass lediglich das "Wann" unsicher ist, einig, dass von einer Befristung auszugehen ist. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Eintritt bestimmter Rechtswirkungen vom Tod abhängig gemacht wird, denn dass der Tod eintreten wird, ist immer gewiss. Demgegenüber ist die Einordnung umstritten, wenn nur das "Ob" ungewiss ist. Dies ist streng genommen immer dann der Fall, wenn das Wirksamwerden bzw. Unwirksamwerden eines Rechtsgeschäfts davon abhängig gemacht wird, dass eine Person ein bestimmtes Alter erreicht.

Ein typisches Beispiel hierfür ist die in Arbeitsverträgen häufig anzutreffende Vereinbarung, dass der Vertrag bei Erreichen des 65. Lebensjahres durch den Arbeitnehmer beendet wird. Auch unser Fall, in dem der Enkel seinem Großvater eine Schenkung für seinen 80. Geburtstag verspricht, wäre ein Beispiel für diese Fallgruppe. Weit verbreitet ist bei diesen Fällen die Ansicht, die die Einordnung solcher Bestimmungen als Bedingung oder Befristung vom Parteiwillen abhängig macht (vgl. Hromadka, NJW 1994, 911). Danach wäre wie folgt zu differenzieren: Gehen die Beteiligten davon aus, dass die Person das Alter auf jeden Fall erreichen wird, so soll es sich um eine Befristung handeln, im anderen Fall um eine Bedingung. Ist im Falle der 65-Jahresgrenze im Arbeitsvertrag oder des Schenkungsversprechens für den Großvater der jeweilige Geburtstag zeitlich sehr nah, so ist danach von einer Befristung auszugehen, liegt er dagegen noch in ferner Zukunft so handelt es sich um eine Bedingung. Demgegenüber wird in der Literatur aber auch die Auffassung vertreten, dass es sich bei diesen Fällen immer um eine Befristung handele, deren Wirksamkeit lediglich von der Voraussetzung ("unechte Bedingung") abhänge, dass eine bestimmte Person ein bestimmtes Lebensalter erreicht (Hromadka, NJW 1994, 911 f.).

Zulässigkeit von Befristungen und Bedingungen

Der gesetzlichen Regelung der §§ 158, 163 BGB kann man entnehmen, dass Rechtsgeschäfte entsprechend dem Grundsatz der Privatautonomie grundsätzlich unter Bedingungen oder Befristungen vorgenommen werden können, also bedingungs- und befristungsfreundlich sind. Demgegenüber gibt es aber auch Ausnahmen, die man als bedingungs- bzw. befristungsfeindliche Rechtsgeschäfte bezeichnet. Die in der Bedingungs- bzw. Befristungsfeindlichkeit liegende Einschränkung der Privatautonomie kann unterschiedliche rechtfertigende Gründe haben. Am einfachsten liegt es, wenn das Gesetz selbst die Bedingungs- bzw. Befristungsfeindlichkeit anordnet. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Rechtsgeschäfte, die gegenüber einer Vielzahl von Personen Wirkungen entfalten, so dass der Gesetzgeber im öffentlichen Interesse die mit der Zulassung von Bedingungen bzw. Befristungen verbundene Rechtsunsicherheit ausschließen wollte. Ein wichtiges Beispiel hierfür ist die dingliche Einigung zur Übertragung des Eigentums an Grundstücken (Auflassung), die der Gesetzgeber in § 925 Abs. 2 BGB für bedingungs- und befristungsfeindlich erklärt hat. Auch in unserer heutigen Wirtschaftsordnung zählen Grundstücke zu den besonders wichtigen Wirtschaftsgütern, bei deren Übertragung und damit auch deren rechtlicher Zuordnung keinerlei Unsicherheiten bestehen sollen.

Typische Beispiele für kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung befristungs- und bedingungsfeindliche Rechtsgeschäfte sind auch familienrechtliche Rechtsgeschäfte, die den persönlichen Status eines Menschen betreffen. Auch diese Rechtsgeschäfte führen Rechtsfolgen herbei, die im Rechtsverkehr von jedermann beachtet werden müssen. Im Übrigen liegt der Grund für die Befristungs- und Bedingungsfeindlichkeit dieser Rechtsgeschäfte darin, dass sie von großer Bedeutung für das weitere Leben des von ihnen betroffenen Menschen sind, der daher zu jedem Zeitpunkt Gewissheit über die Wirksamkeit dieser Rechtsgeschäfte haben soll. Beispiele für solche befristungs- und bedingungsfeindliche familienrechtliche Rechtsgeschäfte sind die Eheschließung (§ 1311 Satz 2 BGB), die Anerkennung der Vaterschaft zu Gunsten eines Kindes, dessen Eltern nicht miteinander verheiratet sind (§ 1594 Abs. 3 BGB), die Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge für ein solches Kind (§ 1626 b Abs. 1 BGB) oder die Einwilligung des Kindes und seiner leiblichen Eltern in die Adoption des Kindes (§§ 1746, 1747, 1750 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Die gesetzliche Anordnung der Befristungs- und Bedingungsfeindlichkeit kann ihren Grund aber auch alleine in den Interessen des Erklärungsempfängers haben. Dies ist insbesondere bei einseitigen Rechtsgeschäften der Fall, die in fremde Vermögensverhältnisse eingreifen und an denen der Erklärungsempfänger selbst nicht mitwirkt. Als Beispiel hierfür kann man die Aufrechnungserklärung anführen, die gemäß § 388 Satz 2 BGB unwirksam ist, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben wird. Der der Vorschrift des § 388 Satz 2 BGB zugrunde liegende Gedanke ist darin zu sehen, dass derjenige, der es hinnehmen muss, dass ein anderer einseitig ein Rechtsverhältnis gestalten kann, an dem der Erklärungsempfänger beteiligt ist, dann wenigstens eindeutig wissen soll, woran er ist. Dieser Gedanke ist jedoch über die Aufrechnungserklärung hinaus verallgemeinerungsfähig, da der Erklärungsempfänger in seinem Interesse an Gewissheit über die Rechtslage auch bei anderen Gestaltungserklärungen nicht weniger schutzbedürftig ist als bei der Aufrechnungserklärung. Daher wird allgemein angenommen, dass auch die Anfechtungs-, Rücktritts- und Kündigungserklärung befristungs- und bedingungsfeindlich sind, obgleich das BGB dies nicht ausdrücklich anordnet.

Nimmt man den Gedanken ernst, dass die grundsätzliche Befristungs- und Bedingungsfeindlichkeit von Gestaltungserklärungen allein dem Schutz des Erklärungsempfängers zu dienen bestimmt ist, dann folgt daraus, dass bedingte oder befristete Gestaltungserklärungen dann zulässig sind, wenn der Erklärungsempfänger ausnahmsweise nicht schutzbedürftig ist. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Parteien die Zulässigkeit befristeter oder bedingter Rechtsgeschäfte vereinbart haben, da der Erklärungsempfänger dann auf seinen Schutz selbst verzichtet hat. Der Erklärungsempfänger ist darüber hinaus auch dann nicht schutzbedürftig, wenn trotz Befristung/Bedingung der Gestaltungserklärung für ihn überhaupt keine Unklarheit über die Rechtslage eintreten kann (vgl. hierzu den Fall "Bedingte Aufrechnung"). Das wird man insbesondere bei Potestativbedingungen annehmen können, bei denen die Wirksamkeit einer Gestaltungserklärung vom Verhalten des Erklärungsempfängers abhängig gemacht wird. Eine Gestaltungserklärung kann daher wirksam unter einer Potestativbedingung abgegeben werden. Ein praktisch wichtiges Beispiel hierfür ist die sogenannte Änderungskündigung, die vor allem im Arbeitsrecht eine große Rolle spielt. Zum Mittel der Änderungskündigung greift eine Vertragspartei dann, wenn sie ein bestehendes Vertragsverhältnis ändern möchte, dies aber alleine nicht durchsetzen kann. Steht ihr in dieser Situation ein Kündigungsgrund zur Verfügung, so kann die Partei ihrem Vertragspartner kündigen und ihr zugleich anbieten, das Vertragsverhältnis zu den von ihr gewünschten veränderten Bedingungen fortzusetzen. Eine solche Änderungskündigung kommt konstruktiv in zwei Formen vor: Entweder ist in ihr eine unbedingte Kündigung verbunden mit einem Angebot auf Abschluss des Vertrages zu anderen Bedingungen zu sehen oder aber eben eine Kündigung unter der zulässigen aufschiebenden Potestativbedingung, dass der Erklärungsempfänger die vorgeschlagene Vertragsänderung nicht annimmt.

Schließlich ist es auch zulässig, dass eine Partei im Prozess das Gestaltungsrecht "hilfsweise" ausübt. Dies kommt immer dann in Betracht, wenn der Beklagte im Prozess bestreitet, dass dem Kläger eine Forderung gegen ihn zusteht, er aber, falls die Forderung doch bestünde, sich durch Anfechtung seiner Willenserklärung oder durch Aufrechnung mit einer Forderung verteidigen könnte. In einer solchen Konstellation erklärt der Beklagte sinnvollerweise die Anfechtung bzw. die Aufrechnung "unter der Bedingung, dass das Gericht zu dem Ergebnis kommt, dass die Forderung des Klägers besteht". Man spricht dann von einer "Eventualanfechtung" bzw. einer "Eventualaufrechnung". Diese wird alleine deswegen allgemein für zulässig erachtet, weil es sich bei ihr nicht um eine Bedingung im Rechtssinne, nämlich um ein ungewisses, zukünftiges Ereignis, sondern um eine bloße Rechtsbedingung handelt. Der Anfechtende/Aufrechnende macht die Wirksamkeit seiner Gestaltungserklärung von der im Zeitpunkt der Erklärung bereits objektiv feststehenden Rechtslage abhängig, die lediglich für die Parteien ungewiss ist. Der Erklärungsempfänger ist dann auch nicht schutzbedürftig, da die Rechtslage nicht in der Schwebe bleibt, sondern gerade vom Gericht geklärt wird.

Schutz des bedingt Berechtigten

  • Schutz des bedingt Berechtigten durch einen Schadensersatzanspruch bei Vereitelung oder Beeinträchtigung des bedingten Rechts

§ 160 Abs. 1 BGB gewährt demjenigen, der unter einer aufschiebenden Bedingung berechtigt ist, einen Schadensersatzanspruch, wenn die Bedingung eintritt und der Vertragspartner in der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige Recht vereitelt oder beeinträchtigt.

Für den Fall, dass es sich bei dem bedingten Rechtsgeschäft um ein Verpflichtungsgeschäft handelt, wird der Vorschrift des § 160 Abs. 1 BGB allgemein lediglich klarstellende Bedeutung beigemessen (vgl. etwa Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, 3. Auflage 1979, § 40 2 c). Schließen die Parteien z.B. einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag ab, dann besteht zwar vor Eintritt der Bedingung noch keine Hauptleistungspflicht, doch ist weitgehend anerkannt, dass es außer Hauptleistungspflichten auch noch Nebenpflichten geben kann, die bereits eingreifen können, wenn die Hauptleistungspflicht selbst noch nicht wirksam entstanden ist. Solche Nebenpflichten, die den aufschiebend bedingt Verpflichteten zwar noch nicht zur Erbringung der Hauptleistung verpflichten, ihn wohl aber dazu verpflichten, sich die Leistung nicht unmöglich zu machen, kann man einem aufschiebend bedingten Verpflichtungsgeschäft in der Regel auch dann bereits entnehmen, wenn die Bedingung noch nicht eingetreten ist. Es handelt sich bei diesen Nebenpflichten um vertragliche Verhaltenspflichten ("Erhaltungspflichten"), die gewährleisten sollen, dass das vereinbarte Geschäft bei Bedingungseintritt auch durchgeführt werden kann. Man kann also § 160 BGB entnehmen, dass bei Bedingungseintritt die Haftung aus einem bedingten Geschäft der Haftung aus einem unbedingten Geschäft gleichsteht ("Vorwirkung").

Dogmatisch interessant ist § 160 Abs. 1 BGB aber dann, wenn es sich bei dem aufschiebend bedingten Rechtsgeschäft um ein Verfügungsgeschäft handelt. Denn anders als ein Verpflichtungsgeschäft, das auch Nebenleistungs- und Treuepflichten begründen kann, erschöpft sich der Rechtserfolg eines Verfügungsgeschäfts darin, unmittelbar eine Rechtsänderung herbeizuführen. Daher ist es mit dem Wesen des Verfügungsgeschäfts eigentlich unvereinbar, dass aus ihm auch schuldrechtliche Verhaltenspflichten folgen. Da der Wortlaut des § 160 Abs. 1 BGB aber auch auf Verfügungsgeschäfte passt, nimmt die ganz herrschende Ansicht dennoch an, dass aus der bedingten Verfügung für den Verfügenden die Verhaltenspflicht folge, das bedingte Recht nicht zu beeinträchtigen oder zu vereiteln (Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, Zweiter Band, § 40 2 b; MüKo-H.P. Westermann, § 160 Rdnr. 3). Es ist allerdings fraglich, ob man dieses dogmatische Eingeständnis an den Wortlaut des § 160 Abs. 1 BGB erbringen muss, wenn man bedenkt, dass der bedingten Verfügung regelmäßig ein Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegen wird, aus dem sich diese Verhaltenspflicht ohnehin schon ergibt.

  • Schutz des bedingt Berechtigten vor Zwischenverfügungen

Wenn der Eigentümer sein Recht unter einer aufschiebenden Bedingung überträgt und dem Erwerber die Sache übergibt, erwirbt dieser bei Eintritt der Bedingung das Eigentum (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 1 BGB). Hat der Eigentümer dagegen sein Recht auflösend bedingt übertragen, so erwirbt er es bei Eintritt der Bedingung zurück (§§ 929 S. 1, 158 Abs. 2 BGB). In der Zeit bis zum Eintritt der Bedingung ("Schwebezeit") besteht aber die Gefahr, dass der bis zum Bedingungseintritt "Noch-Berechtigte" über das Eigentum (erneut) verfügt und es dabei endgültig auf einen anderen überträgt ("Zwischenverfügung") oder dass seine Gläubiger in die Sache vollstrecken. Hier soll § 161 BGB helfen. Diese Vorschrift ordnet an, dass die Verfügungen des "Noch-Berechtigten" "im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam sind, als sie die von der Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde" (§ 161 Abs. 1, 2 BGB). Dies bedeutet, dass derjenige, der unter einer aufschiebenden Bedingung über sein Eigentum verfügt hat bzw. dem das Eigentum auflösend bedingt übertragen wurde, solange die Bedingung noch nicht eingetreten ist, ohne Weiteres wirksam als Berechtigter über das Eigentum verfügen kann; der "Zwischenerwerber" (Zweiterwerber) erwirbt dann das Eigentum. Tritt aber nach dieser Zwischenverfügung die Bedingung ein, dann ist die Verfügung (nur) dem bedingt Berechtigten gegenüber unwirksam (so genannte relative Unwirksamkeit). Er kann von dem Zwischenerwerber (Zweiterwerber) die Sache aus § 985 BGB herausverlangen. Allerdings ist der Schutz des bedingt Berechtigten vor Zwischenverfügungen nicht lückenlos. Es besteht nämlich die Möglichkeit, dass der Zwischenerwerber nichts von der Verfügungsbeschränkung des Veräußerers weiß, ohne dass ihm deswegen grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden könnte. In diesem Fall kann er gemäß §§ 161 Abs. 3, 932 ff. BGB das Eigentum gutgläubig ohne die "Belastung" mit der Verfügungsbeschränkung zu Gunsten des bedingt Berechtigten erwerben.

Fasst man die Rechtsposition des bedingt Berechtigten bei einem bedingten Verfügungsgeschäft zusammen, so fällt auf, dass der Veräußerer den Rechtserwerb des Erwerbers nicht mehr einseitig verhindern kann: Verfügt er während des Schwebezustandes an einen Dritten, dann ist die Verfügung dem Erwerber gegenüber bei Bedingungseintritt unwirksam, wenn der Dritte nicht im Hinblick auf die Verfügung gutgläubig ist. Verhindert der Veräußerer dagegen treuwidrig den Eintritt der Bedingung (und damit den Rechtserwerb), dann wird der Bedingungseintritt durch § 162 Abs. 1 BGB fingiert (dazu sogleich). Die aus diesen Vorschriften folgende rechtlich gesicherte Erwerbsaussicht des bedingt Berechtigten wird "Anwartschaft" genannt. Rechtsprechung und herrschende Lehre leiten aus dieser gesicherten Rechtsposition sogar ein subjektives Recht her, das sie als Anwartschaftsrecht bezeichnen. Dieses Anwartschaftsrecht wird dabei als Vorstufe des bedingt übertragenen Rechts bezeichnet, das im Verhältnis zu diesem kein aliud, sondern ein "wesensgleiches Minus" sei (zusammenfassend dazu Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des deutschen Bürgerlichen Rechts, § 50 Rdnrn. 73 ff.).

  • Schutz des bedingt Berechtigten vor Vereitelung der Bedingung durch die andere Partei

§ 162 Abs. 1 BGB vervollständigt den Schutz des bedingt Berechtigten dadurch, dass der Eintritt der Bedingung fingiert wird, wenn er "von der Partei, zu deren Nachteil er gereichen würde, wider Treu und Glauben verhindert" wird. Die Vorschrift des § 162 Abs. 1 BGB enthält somit, wie bereits aus ihrem Wortlaut hervorgeht, eine Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Sie ist dabei Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, dass niemand aus einem treuwidrig von ihm herbeigeführten Ereignis Vorteile ziehen darf.

Ein plastisches Beispiel für die Anwendung des § 162 Abs. 1 BGB in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist folgender vom BGH entschiedener Fall, der für die Zwecke der Vorlesung etwas vereinfacht wurde (BGH, NJW 1982, 2552 f.):

A und B haben einen Jagdbezirk von der Gemeinde G für die Dauer von neun Jahren gepachtet. Dabei haben die beiden Mitpächter A und B zugleich einen Vertrag miteinander abgeschlossen, in dem sie unter anderem vereinbart haben, dass jede Vertragspartei verpflichtet ist, der anderen Partei für den Fall, dass sie nach Ablauf des Jagdpachtvertrages den Jagdbezirk erneut von der Gemeinde G anpachtet, ein Mitpachtrecht einzuräumen. Kurz nach Ablauf des Pachtvertrages von A und B mit der Gemeinde G pachtet die Ehefrau E des A, nachdem A sie dazu beauftragt hatte, im eigenen Namen aber auf Rechnung des A den Jagdbezirk wiederum für neun Jahre von der Gemeinde G an. Als B dies erfährt, ist er empört und verlangt daraufhin von A, dass er ihm das Mitpachtrecht verschafft. Mit Recht ?

Der B könnte einen Anspruch auf Verschaffung des Mitpachtrechtes gegen A haben, wenn die in dem Vertrag mit A vereinbarte Bedingung, dass eine Vertragspartei den Jagdbezirk erneut von der Gemeinde G pachtet, eingetreten ist. Da die E nicht Partei des zwischen A und B geschlossenen Vertrages war, ist dadurch, dass E den Jagdbezirk von G gepachtet hat, die Bedingung nicht eingetreten.

Allerdings könnte der Eintritt der Bedingung nach § 162 Abs. 1 BGB fingiert werden, wenn der Abschluss des Pachtvertrages von E mit G im Auftrag und auf Rechnung des A eine treuwidrige Vereitelung des Bedingungseintrittes durch A darstellt. Dies könnte sich aus dem Sinn und Zweck der von A und B getroffenen Abrede ergeben, der erkennbar darin liegt, dass für den Fall, dass einer von ihnen nach Ablauf des Pachtvertrages mit G weiterhin den Jagdbezirk zu Jagdzwecken nutzen darf, weil es ihm gelungen ist, die Gemeinde erneut zum Vertragsschluss zu bewegen, der andere an diesem "Verhandlungserfolg" teilhaben soll. Auf diese Weise wollen A und B die Chance, den Jagdbezirk auch nach Ablauf des Pachtvertrages weiter nutzen zu können, erhöhen. Dabei kam es den Parteien natürlich nicht entscheidend darauf an, dass A oder B persönlich Vertragspartner der G werden sollten, sondern darauf, dass es ihnen gelang, auf Grund einer - wie auch immer gestalteten Vereinbarung mit G - weiterhin den Jagdbezirk nutzen zu dürfen. Genau dies ist A aber gelungen, indem er seine Ehefrau, wie der BGH es formuliert, "als Strohmann vorschob". Allerdings konnte A durch diese Vorgehensweise, wie erörtert, formal verhindern, dass die Bedingung eintrat und B an seinem Verhandlungserfolg teilhatte. Diese Bedingungsvereitelung muss aber im Hinblick auf den oben beschriebenen Zweck der Abrede zwischen A und B als treuwidrig gewertet werden, da A faktisch Pächter geworden ist und er lediglich einen geschickten Weg eingeschlagen hat, um den B "um sein Recht zu bringen". Die Voraussetzungen des § 161 Abs. 1 BGB sind somit erfüllt, so dass, obgleich die Bedingung formal nicht eingetreten ist, ihr Eintritt doch fingiert werden kann. Demnach hätte B also nach der vertraglichen Abrede mit A einen Anspruch auf Einräumung eines Mitpachtrechtes.

Einem solchen Anspruch könnte A jedoch entgegenhalten, dass seine Erfüllung ihm (rechtlich) unmöglich ist, da er selbst nicht Pächter ist und somit auch nicht die Rechtsmacht hat, dem B ein Pachtrecht einzuräumen. Der Anspruch des B würde dann wegen anfänglichen Unvermögens entfallen, A von vorneherein nur auf Schadensersatz haften.

Der Einwand des A wäre aber nur erheblich, wenn B von A auch tatsächlich Einräumung eines Mitpachtrechts verlangen würde. Genau dies tut er aber nicht. Vielmehr verlangt B von A, dass A ihm das Mitpachtrecht verschafft. Fraglich ist somit lediglich, ob A dem B auch zur Verschaffung des Pachtrechts verpflichtet ist. Legt man die Abrede zwischen A und B aus (§§ 133, 157 BGB), so kann man ihr entnehmen, dass jede Partei verpflichtet sein sollte, die andere an ihrem Verhandlungserfolg mit G teilnehmen zu lassen, wie auch immer die rechtliche Konstruktion einer "Abmachung mit G" (z.B. öffentlich-rechtlicher Vertrag statt privatrechtlicher Pachtvertrag) im Einzelnen aussah. Somit kann man der Abrede von A und B durch ergänzende Vertragsauslegung entnehmen, dass A für den Fall, dass er zwar nicht die Rechtsmacht hat, B ein Mitpachtrecht einzuräumen, es ihm aber möglich ist, ein Pachtrecht, das er selber (faktisch) ausübt, zu verschaffen, er eben zur Verschaffung des Pachtrechts verpflichtet ist.

Somit kommt es entscheidend darauf an, ob es dem A rechtlich möglich ist, dem B das Mitpachtrecht zu verschaffen. Dazu muss man die rechtlichen Beziehungen zwischen A und seiner Ehefrau näher untersuchen. Dadurch dass A die E gebeten hat, den Jagdbezirk unentgeltlich für seine Rechnung von G zu pachten, und E dieses Vertragsangebot angenommen hat, ist zwischen beiden ein Auftragsvertrag (§§ 662 ff. BGB) zustande gekommen. Aus diesem Auftragsvertrag heraus ist die E verpflichtet, den Weisungen des A folge zu leisten (vgl. § 665 BGB). Es ist dem A also rechtlich möglich, die E bindend anzuweisen, B ein Mitpachtrecht einzuräumen. A ist die Verschaffung des Mitpachtrechts also rechtlich möglich. Demnach hat B einen Anspruch gegen A auf Verschaffung eines Mitpachtrechts in dem früher von ihnen gemeinsam bewirtschafteten Jagdbezirk.

Modifié le: lundi 19 décembre 2011, 10:18