Gesetzeswidrigkeit (§ 134 BGB)

§ 134 BGB ordnet an: "Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, sofern sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt".

Diese Bestimmung dient der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung. Sie entspringt der Überlegung, dass ein Verhalten nicht einerseits gesetzlich verboten sein und andererseits rechtsgeschäftlich zum Gebot erhoben werden kann. So leuchtet beispielsweise ohne Weiteres ein, dass die Rechtsordnung, die den Mord in § 211 StGB mit Strafe sanktioniert, nicht an anderer Stelle eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung zu diesem Verhalten ermöglichen kann.

§ 134 BGB ist jedoch bei genauer Betrachtung keinesfalls so zu verstehen, dass jeder Verstoß gegen ein Gesetz zur Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäftes führt. Vielmehr muss bei einem Gesetzesverstoß zunächst geprüft werden, ob es sich bei der in Frage stehenden Norm um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB handelt. Wenn dies zu bejahen ist, stellt sich als nächstes die Frage, ob der Sinn und Zweck der Verbotsnorm die Nichtigkeit des betreffenden Geschäfts verlangt. Dass dies nicht immer der Fall sein muss, zeigt schon der zweite Halbsatz des § 134 BGB.

Nach herrschender und richtiger Auffassung setzt § 134 BGB nicht die Kenntnis der Verbotsnorm durch die Parteien voraus. Auch die Verletzung eines beiden Parteien unbekannten Verbots macht einen Vertrag somit nichtig, wenn Sinn und Zweck des Verbots dies erfordern. Dies ergibt die Überlegung, dass auch die unbewusste Übertretung ohne Eingreifen des § 134 BGB zu dem Ergebnis führen würde, dass gesetzlich Verbotenes rechtsgeschäftlich geboten wäre. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Verbotsgesetz die Nichtigkeitsfolge selbst ausdrücklich oder nach seiner ratio auf die Fälle bewusster Übertretung beschränkt.

Verbotsgesetz

Eine Norm stellt ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB dar, wenn sie bestimmte Rechtsgeschäfte wegen ihres Inhalts oder wegen besonderer Umstände ihrer Vornahme untersagt, wenn sie mit anderen Worten deren Vornahme verhindern will, weil sie sie für schädlich hält oder aus einem anderen Grunde missbilligt.

Dabei ist gemäß Art. 2 EGBGB "Gesetz" i.S.d. BGB jede Rechtsnorm. Gesetzliche Verbote können sich also nicht nur aus formellen Gesetzen, sondern auch aus Rechtsverordnungen, autonomen Satzungen, Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts und aus Gewohnheitsrecht ergeben.

Zu beachten ist allerdings, dass die Anwendung des § 134 BGB das grundsätzliche Bestehen rechtsgeschäftlicher Gestaltungsmöglichkeit voraussetzt. Verbotsnormen wollen ein bestimmtes Verhalten innerhalb des Rahmens rechtsgeschäftlicher Gestaltungsmöglichkeiten verhindern. Kein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB liegt demnach vor, wenn die Norm den Raum für privatautonomes, rechtsgeschäftliches Handeln schon als solchen einengt.

Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn zwingende Gesetzesbestimmungen die Privatautonomie dadurch einschränken, dass sie die Parteien auf bestimmte, näher geregelte Rechts- und Geschäftstypen beschränken. So gilt im Sachenrecht, in Teilen des Familienrechts und im Erbrecht Typenzwang. Für Rechtsgeschäfte, die nicht einem der normierten Typen entsprechen, ist kein Raum, und sie sind daher ungültig, ohne dass es der Anwendung des § 134 BGB bedürfte. So wäre beispielsweise die Bestellung einer Hypothek an einem Auto nichtig, weil Hypotheken gemäß § 1113 Abs. 1 BGB lediglich an Grundstücken bestellt werden können. Eines Rückgriffs auf § 134 BGB bedürfte es zur Begründung dieses Ergebnisses nicht.

Auch im Schuldrecht finden sich zwingende Normen, die rechtsgeschäftlichen Gestaltungen mit gegenläufigem Inhalt keinen Raum lassen und ohne § 134 BGB zur Nichtigkeit führen. Viele Regelungen des Dienstvertrags- oder Wohnraummietrechts, die dem Schutz der sozial schwächeren Partei dienen, sind etwa auf diese Weise zwingend ausgestaltet. Ein weiteres Beispiel ist der das gesamte Schuldrecht prägende Grundsatz von Treu und Glauben. Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz kann ebenfalls, ohne dass es des Rückgriffs auf § 134 BGB bedürfte, zur Nichtigkeit von Rechtsgeschäften führen.

Auch wenn bestimmte Rechte generell oder unter bestimmten Voraussetzungen für unübertragbar erklärt werden (wie etwa in §§ 399, 400, 514 BGB), handelt es sich nicht um gesetzliche Verbote i.S.d. § 134 BGB. Diese Bestimmungen lassen gegenläufigen Rechtsgeschäften schon als solchen keinen Raum.

Beispiel: A nimmt ein Darlehen bei B auf. Beide vereinbaren, dass die Forderung des B nicht abgetreten werden könne. Tritt B nunmehr die Forderung an C ab, so ist diese Verfügung schon nach § 399 BGB aufgrund der entgegenstehenden Vereinbarung nichtig.

Weiterhin gehören Normen, die einer Person für bestimmte Fälle die Disposition über ihr Vermögen entziehen, wie etwa der § 2211 BGB oder die §§ 80, 81 InsO, nicht zu den gesetzlichen Verboten i.S.d. § 134 BGB. Diese Normen wollen die vermögensrechtliche Dispositionsfreiheit einer Person beschränken, nicht aber einzelne Rechtsgeschäfte ihres Inhalts oder ihrer Umstände wegen verhindern. Gleiches gilt für Normen, die die Verfügungsmacht gesetzlicher Vertreter und der durch Gerichte bestellten Vermögensverwalter beschränken.

Alle soeben genannten Normen führen aus sich heraus zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, ohne dass es einer Anwendung des § 134 BGB bedürfte.

Man kann also präzisierend sagen, dass ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB dann vorliegt, wenn eine Norm für bestimmte Fälle die Vornahme eines Rechtsgeschäfts, das nach seiner allgemeinen Natur möglich ist, mit Rücksicht auf seinen Inhalt, auf die Umstände seiner Vornahme oder auf einen rechtlich missbilligten Erfolg untersagt.

Daraus ergibt sich, dass die meisten Verbotsgesetze nicht im BGB, das den Rahmen der Ausübung der Privatautonomie absteckt, sondern in Spezialgesetzen zu finden sind.

Verbotsnormen liegen insbesondere dann vor, wenn ein solches Gesetz die Vornahme eines Geschäfts unter Androhung einer Sanktion (Strafe, Entziehung einer Erlaubnis u.ä.) untersagt.

Bei der Auslegung einer Bestimmung dahin, ob sie eine Verbotsnorm darstellt, ist der Wortlaut ein wichtiges Indiz (aber auch nur ein Indiz!). Sagt das Gesetz, ein Geschäft "könne" nicht vorgenommen werden oder eine Rechtsfolge "könne" nicht vereinbart werden (Bsp.: §§ 181, 276 Abs. 2, 419 Abs. 3, 719 Abs. 1 BGB), so handelt es sich regelmäßig nicht um ein Verbot, sondern um eine Einschränkung des rechtgeschäftlichen Könnens überhaupt. Anders ist es zumeist dann, wenn der Wortlaut des Gesetzes "soll nicht", "darf nicht" oder "ist unzulässig" lautet. Hier handelt es sich in der Regel um das Verbot eines abweichenden Handelns.

Weiterhin ist zu beachten, dass es Normen gibt, die zwar Verbotsnormen darstellen, bei denen es aber einer Anwendung des § 134 BGB nicht bedarf, weil sie die Nichtigkeit der gegen das Verbot verstoßenden Geschäfte selbst anordnen (Bsp.: § 32 SGB I).

Folgen des Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz

Wie schon erwähnt, zieht nicht jeder Verstoß gegen ein Verbotsgesetz die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach sich. Vielmehr ist, wenn eine ausdrückliche Anordnung fehlt, das Verbotsgesetz daraufhin auszulegen, ob ein dem Verbot zuwiderlaufendes Geschäft nichtig sein soll oder ob der Verstoß nur andere Sanktionen (wie insbesondere Schadensersatzpflichten) nach sich zieht. Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich vom Zweck des Verbots ab. Zunächst ist danach zu fragen, ob das Gesetz das Geschäft selbst (wegen seines Inhalts oder wegen der mit ihm verfolgten Zwecke) untersagt, oder ob es nur die äußeren Umstände seiner Vornahme missbilligt.

Untersagt das Gesetz ein Rechtsgeschäft wegen seines Inhalts oder wegen des verfolgten Zweckes, so zieht ein Verstoß zumeist die Nichtigkeit des verbotenen Geschäfts nach sich. Beispiele hierfür sind etwa die Verbote der Sachhehlerei (§ 259 StGB), der Beamtenbestechung (§§ 331 ff. StGB) oder des Handels mit menschlichen Organen (§ 17 TransplantG). Besonderheiten gelten, wenn das Verbot lediglich dem Schutz einer Partei dient, denn hier kann die völlige Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts diesem Schutzzweck zuwiderlaufen.

Missbilligt die Verbotsnorm das Geschäft hingegen nur wegen seiner äußeren Umstände (z.B. wegen Zeit und Ort), so führt der Verstoß in aller Regel nicht zur Nichtigkeit. Derartige Normen, die nicht den Erfolg eines Geschäfts als solchen verhindern wollen und bei denen ein Verstoß nicht zur Nichtigkeit führt, werden als "Ordnungsvorschriften" bezeichnet.

Beispielsfall: B, stolzer Besitzer eines Tante Emma Ladens in Bayern, beschließt, dass er gegen die Konkurrenz der Supermarktketten nur durch besondere Serviceleistungen ankommen kann. Um diesen Gedanken umzusetzen, will er sein Geschäft auch an Sonntagen öffnen. Am ersten Sonntag, an dem B seinen Plan umsetzt, kauft K, der unter der Woche vergessen hat, Lebensmittel zu besorgen und nun "auf dem Trockenen sitzt", eine Tiefkühlpizza. Ist der zwischen B und K geschlossene Kaufvertrag wirksam?

Lösung: Gemäß § 3 S. 1 Nr. 1 LadenschlussG ist es dem B untersagt, an Sonn- und Feiertagen Waren zu verkaufen. Es handelt sich auf den ersten Blick um ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB. Diese Norm will jedoch nicht den Verkauf von Waren als solchen verhindern, sondern nur den Verkauf zu bestimmten Zeiten (aus Gründen etwa des Arbeitnehmerschutzes) unterbinden. Dieser Zweck erfordert nicht die Ungültigkeit von Kaufverträgen, die außerhalb der Ladenschlusszeiten erfolgen. Hier reicht vielmehr die Sanktionierung als Ordnungswidrigkeit (vgl. § 24 LadenschlussG) aus, um den Gesetzeszweck durchzusetzen.

Mit der im Rahmen der Föderalismusreform am 1. September 2006 in Kraft getretenen Änderung des Grundgesetzes haben die Länder das ausschließliche Gesetzgebungsrecht für den Ladenschluss erhalten. Die Länder können somit die gesetzlichen Ladenschlusszeiten in eigener Zuständigkeit regeln. Alle Bundesländer mit Ausnahme des Freistaates Bayern haben nach der Föderalismusreform von ihrer neuen Kompetenz Gebrauch gemacht und eigene Ladenschluss- bzw. Ladenöffnungsgesetze beschlossen. Damit findet das Ladenschlussgesetz des Bundes derzeit nur noch in Bayern Anwendung.

Soweit die genannten Kriterien ergeben, dass das Verbotsgesetz die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts fordert, ist zu beachten, dass zunächst nur der Teil des Rechtsgeschäfts, der unmittelbar von dem Nichtigkeit begründenden Zweck des Verbotsgesetzes erfasst wird, nichtig ist. Ob sich diese Teilnichtigkeit auf das gesamte Rechtsgeschäft erstreckt, ist nach § 139 BGB zu beurteilen. Danach liegt im Zweifel Gesamtnichtigkeit vor.

Diese Regel des § 139 BGB wird jedoch häufig für diejenigen Fälle durchbrochen, in denen das Verbotsgesetz dem Schutz einer Partei dient. So wird beispielsweise bei einem Verstoß gegen Preisvorschriften grundsätzlich nur Teilnichtigkeit angenommen. Als Beispiel mag hier der nach § 5 WiStG verbotene Mietwucher dienen. Diese Norm hat den Zweck, den Mieter vor überhöhten Mietpreisen zu schützen. Würde man nun bei einem Verstoß (also bei einem nach § 5 WiStG unzulässig überhöhten Mietzins) Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages annehmen, so wäre dem Mieter ein "Bärendienst" erwiesen, denn nun müsste er mangels gültigen Mietvertrages die Wohnung räumen. Da dieses Ergebnis dem Schutzzweck des § 5 WiStG nicht entsprechen würde, nimmt man keine Gesamtnichtigkeit des Mietvertrages, sondern nur Teilnichtigkeit hinsichtlich desjenigen Teils des vereinbarten Mietzinses an, der den zulässigen Mietzins übersteigt. Weitere Beispiele für eine Durchbrechung der Regel des § 139 BGB finden sich mit vergleichbaren Überlegungen insbesondere im Arbeitsrecht, das in großen Teilen auch dem Schutz einer Partei - nämlich des Arbeitnehmers - dient.

Eine weitere Frage, die sich im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen des § 134 BGB stellt, ist, ob der Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, das sich zunächst nur gegen den Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages richtet, auch die Nichtigkeit des dinglichen Erfüllungsgeschäftes nach sich zieht. Diese Frage ist für die Rückabwicklung des nichtigen Geschäfts von besonderer Bedeutung. Ist neben dem Verpflichtungsgeschäft auch die Verfügung unwirksam, so kommen für die Rückgewähr des Vertragsgegenstandes auch Ansprüche aus dem nicht wirksam übertragenen Recht selbst in Betracht. Sollte beispielsweise ein Auto aufgrund eines Kaufvertrages übereignet werden, so kommt bei alleiniger Nichtigkeit des Kaufvertrages regelmäßig nur eine Rückabwicklung über das Bereicherungsrecht in Betracht. Ist dagegen neben dem Kaufvertrag auch die Übereignung nichtig, so ist daneben die Vindikation der Sache (§ 985 BGB) möglich.

Aufgrund des zivilrechtlichen Abstraktionsgrundsatzes sind die Wirksamkeit von Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäft unabhängig voneinander zu beurteilen. Die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäftes nach § 134 BGB erstreckt sich also grundsätzlich nicht auf das Erfüllungsgeschäft. Etwas anderes muss aber dann gelten, wenn das Gesetz mit dem Verbot des Verpflichtungsgeschäfts die Güterbewegung, die durch die Verpflichtung vorbereitet wird, verhindern will. Dann muss auch das Erfüllungsgeschäft nichtig sein.

Beispiel: Gesetzt den Fall, der Autohändler A verspricht dem Strafrichter R, diesem im Falle eines Freispruchs einen Mercedes zu übereignen. Hier ist nicht nur die Verpflichtung des A, sondern auch die Übereignung des Autos gemäß § 333 Abs. 2 StGB i.V.m. § 134 BGB nichtig, denn § 333 StGB will auch die Vorteilsgewährung selbst verhindern.

Im umgekehrten Fall, also wenn das Verbotsgesetz das dingliche Geschäft untersagt, folgt aus dem Verbot des Erfüllungsgeschäfts regelmäßig auch das Verbot des hierauf gerichteten Verpflichtungsgeschäfts, denn es wäre sinnwidrig, die Verpflichtung zuzulassen, wenn die Erfüllung aufgrund des § 134 BGB nicht wirksam vorgenommen werden darf. Hier könnte man allerdings auch an eine Anwendung der §§ 275, 311a BGB denken. Denn wenn das Erfüllungsgeschäft wegen des gesetzlichen Verbots von niemand durchgeführt werden kann, dann ist die Verpflichtung zu dem Erfüllungsgeschäft auf eine objektiv unmögliche Leistung gerichtet.

Umgehungsgeschäfte

Weiterhin stellt sich im Rahmen des § 134 BGB die Frage, ob so genannte Umgehungsgeschäfte ebenfalls nichtig sind. Eine auf das römische Recht zurückgehende Definition der Gesetzesumgehung lautet: Gegen das Gesetz verstößt, wer tut, was das Gesetz verbietet; das Gesetz umgeht, wer ohne Verstoß gegen den Wortlaut des Gesetzes den Sinn des Gesetzes hintergeht (contra legem facit, qui id facit quod lex prohibet; in fraudem vero, qui salvis verbis legis sententiam eius circumvenit). Ein Umgehungsgeschäft liegt also vor, wenn die Parteien den Zweck eines gerade um dieses Erfolges willen verbotenen Geschäfts mit Hilfe einer anderen, nicht ausdrücklich verbotenen rechtsgeschäftlichen Gestaltung zu erreichen suchen.

Umgehungsgeschäfte sind teilweise ausdrücklich verboten (s. etwa §§ 306a, 312f, 475 Abs. 1, 478 Abs. 4 Satz 3, 487, 506, 655e Abs. 1 BGB nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz).

Aber auch wenn eine derartige ausdrückliche Normierung fehlt, muss das Umgehungsgeschäft dann nichtig sein, wenn der Zweck des Verbotsgesetzes durch die mit dem Umgehungsgeschäft gewählte rechtliche Gestaltung vereitelt wird. Dies ist dann der Fall, wenn das Verbotsgeschäft nicht nur ein Geschäft einer bestimmten (genannten) Art untersagt, sondern den geschäftlich verfolgten rechtlichen oder wirtschaftlichen Erfolg verhindern will.

Beispielsfall: Dem Gastwirt G wird wegen Trunkenheit die Gaststättenerlaubnis entzogen (vgl. §§ 15 Abs. i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GaststättenG). Da er dennoch von seinem Geschäft nicht ablassen will, verkauft er die Gaststätte an seinen Freund K, der selbst keinerlei Interesse an dem Betrieb einer Gaststätte hat, und vereinbart mit diesem, dass K eine eigene Gaststättenerlaubnis erwirken und G dann in der Wirtschaft als Geschäftsführer tätig sein würde. Ist diese Vereinbarung gültig?

Lösung: § 2 Abs. 1 S. 1 GaststättenG ergibt, dass G ohne die notwendige Erlaubnis keinen Gaststättenbetrieb führen darf. Dieses gesetzliche Verbot würde umgangen, wenn G über die Vereinbarung mit K in die Lage versetzt würde, eine Gaststätte zu leiten. Deshalb ist die Vereinbarung, dass G die Gaststätte als Geschäftsführer leiten soll, gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 GaststättenG i.V.m. § 134 BGB (je nach Auffassung: direkt oder analog) nichtig.

Als nächstes stellt sich die Frage, ob auch der Kaufvertrag von der Nichtigkeit der Vereinbarung erfasst wird. Dies wäre dann der Fall, wenn Kaufvertrag und Vereinbarung ein Rechtsgeschäft i.S.d. § 139 BGB darstellen würden, und nicht anzunehmen wäre, dass G und K den Kaufvertrag auch ohne die Vereinbarung der Geschäftsführung geschlossen hätten. Die Annahme eines Rechtsgeschäfts i.S.d. § 139 BGB scheitert nicht daran, dass Kaufvertrag und Vereinbarung sich zunächst als zwei verschiedene Einigungen darstellen, denn § 139 BGB erfasst auch mehrere Rechtsgeschäfte, soweit sie nach Parteiwillen nicht unabhängig nebeneinander stehen sollen. Im vorliegenden Fall sollten Kaufvertrag und die Vereinbarung der Geschäftsführung nicht selbstständig nebeneinander stehen, denn G und K tätigten den Kauf ja gerade in Hinblick auf die weitere Vereinbarung. Nach dem Parteiwillen liegt also nur ein Rechtsgeschäft i.S.d. § 139 BGB vor. Nach dem Sachverhalt wäre der nicht von § 134 BGB erfasste Teil (Kaufvertrag) nicht abgeschlossen worden, wenn die Parteien von der Nichtigkeit des von § 134 BGB (Vereinbarung der Geschäftsführung) erfassten Teiles gewusst hätten. Denn G ging es nur um die Gesetzesumgehung, während K an dem Betrieb einer Gaststätte keinerlei eigenes Interesse hatte.

Beide Teile sind mithin nichtig.

Modifié le: mercredi 12 janvier 2011, 17:11