Verbrauchsgüterkauf
Der Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB)
Der Gesetzgeber hat die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zum Anlass genommen, das gesamte Kaufrecht nach dem Vorbild dieser Richtlinie umzugestalten, weil er verhindern wollte, dass stark voneinander abweichende, in sich geschlossene Kaufrechtssysteme nebeneinander existieren (sogen. "große Lösung"). Lediglich bei gewissen spezifisch verbraucherschützenden Vorgaben der Richtlinie schien dem Gesetzgeber die Umsetzung ins allgemeine Kaufvertragsrecht nicht angemessen. Für diese wenigen Sonderregeln hat der Gesetzgeber einen eigenen mit "Verbrauchsgüterkauf" überschriebenen Untertitel geschaffen, der die §§ 474 - 479 BGB umfasst und der nunmehr ebenso wie die Regeln des Handelskaufs (§§ 373 ff. HGB) bei Beteiligung bestimmter Personen am Kaufvertrag (Verbraucher - Unternehmer: §§ 474 - 477 BGB; Unternehmer - Unternehmer: §§ 478 - 479 BGB) auf dem allgemeinen Kaufvertragsrecht aufbauend und dieses modifizierend zur Anwendung kommt. Im Jahre 2014 sind die Regelungen für den Verbrauchsgüterkauf modifiziert worden, weil eine weitere Richtlinie zum Verbraucherschutz eine Vollharmonisierung verlangte für außerhalb von Geschäftsräumen und im Fernabsatz geschlossene Verträge und Verbrauchsgüterkaufverträge.
Anwendungsbereich (§ 474 Abs. 1 BGB)
In § 474 Abs. 1 S. 1 BGB wird der Verbrauchsgüterkauf legaldefiniert als Kaufvertrag, bei dem ein Verbraucher (§ 13 BGB) von einem Unternehmer (§ 14 BGB) eine bewegliche Sache kauft. Es genügt also nicht alleine, dass an dem Kaufvertrag je ein Unternehmer und ein Verbraucher beteiligt sind, sondern entscheidend ist, dass der Verbraucher auch die Käuferrolle einnimmt und der Unternehmer die Verkäuferrolle. Daraus folgt im praktischen Ergebnis, dass die §§ 474 ff. BGB bei Kaufverträgen von Verbrauchern oder Unternehmern untereinander oder, bei denen Verbraucher Unternehmern etwas verkaufen, nicht zur Anwendung kommen. Ebenso wenig greifen sie beim Grundstückskauf ein.
Verbraucherschützende Sonderregeln (§§ 474 Abs. 2 - 477 BGB)
Gefahrtragung (§ 474 Abs. 2 BGB)
Gemäß § 474 Abs. 4 BGB findet § 447 BGB auf den Verbrauchsgüterkauf nur noch dann Anwendung, „wenn der Käufer den Spediteur, den Frachtführer oder die sonst zur Ausführung der Versendung bestimmte Person oder Anstalt mit der Ausführung beauftragt hat und der Unternehmer dem Käufer diese Person oder Anstalt nicht zuvor benannt hat“. Das ist praktisch so gut wie nie der Fall, sodass man auch von einem Ausschluss des § 447 Abs. 1 BGB für den Verbrauchsgüterkauf sprechen kann. Dieser Ausschluss stützt sich in erster Linie auf die Erwägung, dass das Risiko des zufälligen Untergangs der verschickten Ware von derjenigen Vertragspartei getragen werden soll, die eher als die andere imstande ist, dieses Risiko zu minimieren und Vorsorge gegen die Schadensfolgen zu treffen. Trotz Vereinbarung einer Schickschuld (Versendungskauf) wird der Verbraucher dadurch vor dem Übergang der Preisgefahr geschützt. Damit hat der Gesetzgeber die Rechtslage in Übereinstimmung mit dem Gerechtigkeitsgefühl vieler Verbraucher gebracht, die beim Eingreifen des § 447 BGB (Anspruch des Unternehmers auf Kaufpreiszahlung, obwohl die Sache untergegangen ist) oft die Welt nicht mehr verstanden.
Ausschluss der Nutzungsentschädigung (§ 474 Abs. 5 BGB)
Eine weitere Regelung in § 474 Abs. 5 BGB schließt den Nutzungsersatzanspruch aus, der sich für den Verkäufer ergibt, wenn er zur Nacherfüllung eine neue Sache liefert und der Käufer die zuerst gelieferte mangelhafte Sache zurückgibt. Diese Regelung fand sich nicht von Anfang an (2002) in der Regelung des Verbrauchsgüterkaufs. Sie wurde erst im Jahre 2008 eingeführt, nachdem der Europäische Gerichtshof die Gewährung der Nutzungsentschädigung im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs für eurparechtswidrig erklärt hatte.
Ausgestaltung der verbraucherschützenden Regeln als zwingendes Recht (§ 475 BGB)
In Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Art. 7) ordnet § 475 Abs. 1 S. 1 BGB an, dass der Unternehmer sich beim Verbrauchsgüterkauf auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer getroffene Vereinbarung, die zum Nachteil des Verbrauchers von den §§ 433 - 435, 437, 439 - 443 sowie den Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf abweicht, nicht berufen kann. Damit werden zu Gunsten des Verbraucherkäufers alle dem Käufer günstigen Vorschriften des Kaufrechts und die Regeln des Verbrauchsgüterkaufs grundsätzlich unabdingbar und sind auch vor nicht in AGB, sondern individualvertraglich, vereinbarten Vertragsklauseln sicher. Dies gilt allerdings ausweislich des eindeutigen Wortlauts des § 475 Abs. 1 BGB nur für solche nachteilige Vereinbarungen, die Mängel betreffen, die vor Abschluss der Vereinbarung dem Unternehmerverkäufer noch nicht mitgeteilt worden waren. Vereinbarungen, die sich auf bereits dem Verkäufer mitgeteilte Mängel beziehen, insbesondere also Vergleiche (§ 779 BGB), werden durch § 475 Abs. 1 S. 1 BGB mithin nicht ausgeschlossen. Schließlich wird die von § 475 Abs. 1 S. 1 BGB angeordnete Unabdingbarkeit der den Verbraucherkäufer schützenden Normen durch ein generalklauselartiges Umgehungsverbot in § 475 Abs. 1 S. 2 BGB umfassend abgesichert.
Speziell bezogen auf die Verjährung konkretisiert § 475 Abs. 2 BGB das Abbedingungsverbot des § 475 Abs. 1 BGB dahin, dass eine vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer getroffene verjährungserleichternde Vereinbarung beim Verbrauchsgüterkauf nur wirksam ist, wenn sie von einer Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn von mindestens zwei Jahren, bei gebrauchten Sachen von mindestens einem Jahr führt. Da - von wenigen Kaufgegenständen abgesehen (vgl. § 438 Abs. 1 Nrn. 1 - 2 BGB) - für die große Mehrzahl der Kaufgegenstände ohnehin eine Verjährungsfrist von zwei Jahren läuft (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB), führt § 475 Abs. 2 BGB im praktischen Ergebnis dazu, dass beim Verbrauchsgüterkauf über neue Sachen von der gesetzlichen Verjährungsfrist fast nie (nochmals: Ausnahmen nur in den Fällen der § 438 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB) abgewichen werden kann. Dies wird insbesondere dadurch gewährleistet, dass § 475 Abs. 2 BGB den Zeitpunkt des gesetzlichen Verjährungsbeginns ausdrücklich erwähnt und damit sicherstellt, dass auch Verjährungserleichterungen durch die Vorverlegung des gesetzlichen Verjährungszeitpunktes (z.B. von der Ablieferung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses etc.) den gesetzlichen Schutzstandard nicht unterlaufen dürfen (Weidenkaff, in: Palandt, § 475 Rdnr. 12). Demgegenüber ist bei gebrauchten Sachen die Gewährleistung einer unentziehbaren Verjährungsfrist auf ein Jahr begrenzt. Demgemäß kann der Auslegung des Begriffs "gebrauchte Sache" bei der Anwendung des § 475 Abs. 2 BGB erhebliche Bedeutung zukommen. So wird darüber diskutiert, wann ein Neuwagen im Sinne des § 475 Abs. 2 BGB als "gebrauchte Sache" angesehen werden darf. Eine Formal- bzw. Tageszulassung soll dazu nach zutreffender Ansicht jedenfalls solange nicht ausreichen, wie der Pkw noch nicht tatsächlich zum Zweck der Teilnahme am Straßenverkehr in Gebrauch genommen wurde (Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 475 Rdnr. 2).
Beweislastumkehr gemäß § 476 BGB
§ 476 BGB modifiziert die Beweislastverteilung für die gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfe zu Gunsten des Verbraucherkäufers, indem er für den Fall, dass sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang (vgl. § 446 BGB) ein Sachmangel zeigt, die Beweislast dafür, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war, umkehrt. Muss nämlich nach den allgemeinen Regeln der Käufer diese anspruchsbegründende von allen gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfen geforderte Anspruchsvoraussetzung darlegen und ggf. beweisen, so wird das Vorliegen dieser Voraussetzung im Anwendungsbereich des § 476 BGB vermutet, mit der Folge, dass der Verkäufer seine etwaige Behauptung, der Mangel sei erst nach Gefahrübergang (z.B. infolge unsachgemäßer Benutzung durch den Käufer) entstanden, voll beweisen muss.
Sonderbestimmungen für Garantien (§ 477 BGB)
§ 477 BGB modifiziert zu Gunsten des Käufers die Regelung des § 443 BGB über die unselbständige Garantie (z.B. in Form der Beschaffenheits- oder Haltbarkeitsgarantie), die im Gegensatz zum Sachmängelgewährleistungsrecht das Vorliegen eines Mangels nicht vom Zeitpunkt des Gefahrübergangs abhängig macht und im Gegensatz zum selbständigen Garantieversprechen keinen über die Sachmängelfreiheit hinausgehenden Erfolg bezweckt (vgl. Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 443 Rdnr. 1). § 477 BGB stellt an Form und Inhalt solcher unselbständiger Garantieerklärungen im Sinne des § 443 BGB besondere Anforderungen.
Eine solche Garantieerklärung muss:
- einfach und verständlich abgefasst sein (§ 477 Abs. 1 S. 1 BGB)
- den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf enthalten, dass diese durch die Garantie nicht eingeschränkt werden (§ 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB)
- den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für deren Geltendmachung erforderlich sind, insbesondere die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers, enthalten (§ 477 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB)
- auf Verlangen des Verbrauchers diesem in Textform (§ 126 b BGB) mitgeteilt werden (§ 477 Abs. 2 BGB).
Die Rechtsfolgen, die bei Nichteinhaltung der § 477 Abs. 1, 2 BGB eintreten, sind nur unzureichend geregelt. Klar ist insoweit nur, dass ein solcher Verstoß die Wirksamkeit der Garantieverpflichtung nicht berührt (§ 477 Abs. 3 BGB). Im übrigen wird erwogen, dass man die § 477 Abs. 1, 2 BGB als gesetzliche Konkretisierung der Aufklärungspflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verstehen könnte, so dass deren Verletzung einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB (ggf. i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB) begründen könnte, der durchaus auch bei Kausalität der Pflichtverletzung für den Vertragsschluss auf Vertragsaufhebung gerichtet sein könnte (vgl. Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 477 Rdnr. 4). Überdies kann ein Verstoß gegen § 477 Abs. 1, 2 BGB unter Umständen wettbewerbsrechtliche Konsequenzen (§ 3 UWG) nach sich ziehen (Weidenkaff, in: Palandt, § 477 Rdnr. 14; Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 477 Rdnr. 5). Näheres zu diesen wettbewerbsrechtlichen Fragen muss indes einer späteren Veranstaltung zu diesem Rechtsgebiet vorbehalten bleiben.
Regress des Unternehmers beim Lieferanten (§§ 478, 479 BGB)
Die grundsätzlich nicht abdingbaren käuferschützenden Regeln beim Verbrauchsgüterkauf (§ 475 BGB) belasten den Letztverkäufer sehr. Ferner droht diesem für den Fall, dass die Ware vor dem Verkauf eine gewisse Zeit auf seinem Lager liegt und der Mangel der Ware beim Verbraucher nicht sofort entdeckt wird, die Gefahr, dass er vom Verbraucherkäufer auf Gewährleistung in Anspruch genommen wird, während seine Rückgriffsansprüche gegen seinen Lieferanten (vgl. Legaldefinition in § 478 Abs. 1 BGB !) wiederum verjährt sind. Er läuft also bildlich gesprochen Gefahr, in die "Regressfalle" zu geraten (Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 588), nach dem Motto: "Den letzten beißen die Hunde". Wenn bis zum Letztverkäufer hin mehrere Lieferanten zwischengeschaltet sind, droht diese Gefahr ebenso jedem Lieferanten in der Lieferkette, die bis zum Hersteller reicht. Aufgabe der §§ 478, 479 BGB ist es, dem Letztverkäufer beim Verbrauchsgüterkauf einen Ausgleich für die verbraucherschutzbedingten Belastungen des neuen Rechts zu geben und die Gefahr der "Regressfalle" für den Letztverkäufer und seine Lieferanten in der Lieferkette abzumildern. Dies war nötig, um zu verhindern, dass die Belastungen aus den Fortschritten beim Verbraucherschutz einseitig zu Lasten des Einzelhandels oder der Zwischenhändler gehen (BT-Drucks. 14/6040, S. 247). Regelungstechnisch wird dies überwiegend durch Modifizierungen des allgemeinen Gewährleistungsrechts bewerkstelligt (§§ 478 Abs. 1, 3, 4, 5; 479 Abs. 2, 3 BGB) ("unselbständiger Regressanspruch" (Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 588) und nur ausnahmsweise durch Schaffung einer eigenständigen Anspruchsgrundlage für den Verkäuferregress in der Lieferantenkette (§ 478 Abs. 2 BGB) ("selbständiger Regressanspruch" (Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 588)). Dabei beruht die Regelung der §§ 478, 479 BGB auf dem Grundgedanken, dass der Rückgriff in der Lieferkette grundsätzlich innerhalb der jeweiligen Vertragsverhältnisse erfolgen soll (BT-Drucks. 14/6040, S. 247; vgl. auch: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 15. Kapitel, Rdnr. 23).
Im Einzelnen:
Entbehrlichkeit der Fristsetzung gemäß § 478 Abs. 1 BGB
Regelungstechnisch enthält § 478 Abs. 1 BGB keine Anspruchsgrundlage, sondern ebenso wie die §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, 440 BGB eine Befreiung vom Fristsetzungserfordernis und damit einen Ausnahmetatbestand zum Prinzip des Vorranges der Nacherfüllung. Voraussetzung für das Eingreifen des § 478 Abs. 1 BGB ist, dass der Letztverkäufer einen Kaufgegenstand im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs (§ 474 Abs. 1 BGB) verkauft hat und dass es sich bei dem Kaufgegenstand um eine "neu hergestellte Sache" handelte. Ferner muss der Letztverkäufer diese Sache seinerseits von einem Unternehmer (§ 14 BGB) erworben haben, den § 478 Abs. 1 BGB als "Lieferanten" legaldefiniert. Schließlich setzt § 478 Abs. 1 BGB voraus, dass der Letztverkäufer den Kaufgegenstand infolge eines Mangels zurücknehmen musste oder dass der Verbraucher (§ 13 BGB) infolge des Mangels zu Recht den Kaufpreis gemindert hat. Dies bedeutet, dass man im Rahmen des § 478 Abs. 1 BGB inzident prüfen und bejahen muss, dass der Verbraucher im Zeitpunkt der Minderungserklärung oder Durchsetzung des Rechtsbehelfes, der zur Rücknahme der Kaufsache führte, gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 441 BGB mindern durfte bzw. einen Anspruch auf Rücknahme der Sache gegen Rückzahlung des Kaufpreises gegen den Letztverkäufer aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323 bzw. 326 Abs. 5, 346 Abs. 1 BGB bzw. aus §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 und 3, 281 bzw. 283 BGB bzw. § 311 a Abs. 2 BGB ("großer Schadensersatz") hatte. Erfolgte die Rückabwicklung aus anderen Gründen, etwa weil der Verbraucherkäufer von einem vertraglich vereinbarten Rücktrittsrecht bzw. einem Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hat oder weil der Letztverkäufer die Sache aus "Kulanz", etwa im Rahmen eines in der Geschäftspraxis üblichen "Umtauschs", zurückgenommen hat, so greift § 478 Abs. 1 BGB nicht ein (BT-Drucks. 14/6040, S. 248).
Zusammenfassend ist der Letztverkäufer also bei der Geltendmachung der grundsätzlich fristsetzungsabhängingen Rechtsbehelfe des § 437 BGB gegen den Lieferanten unter folgenden Voraussetzungen vom Fristsetzungserfordernis gemäß § 478 Abs. 1 befreit:
- Der Kaufvertrag des Letztverkäufers mit dem Endabnehmer war ein Verbrauchsgüterkauf (§ 478 Abs. 1 BGB)
- Kaufgegenstand dieses Verbrauchsgüterkaufs war eine "neu hergestellte Sache"
- Der Verkäufer von dem der Letztverkäufer den Kaufgegenstand erworben hat war seinerseits Unternehmer (§ 14 BGB) (Legaldefinition des § 478 Abs. 1 BGB: "Lieferant")
- Der Letztverkäufer hat infolge der Geltendmachung eines gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfs seitens des Endabnehmers die Kaufsache zurückgenommen bzw. der Endabnehmer hat die Minderung erklärt
- Der Endabnehmer war gegenüber dem Letztverkäufer auf Grund eines Mangels der Kaufsache (§§ 434, 435 BGB) zur Minderung bzw. zur Durchsetzung des Rücknahmebegehrens berechtigt
Bemerkenswert ist schließlich, dass § 478 Abs. 1 ebenfalls im Verhältnis der Vertragsbeziehungen der jeweiligen Lieferanten in der zum Letztverkäufer führenden Lieferkette entsprechend anwendbar ist (§ 478 Abs. 5 BGB) (vgl. dazu: Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnrn. 34 - 36).
Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 478 Abs. 2 BGB
Im Gegensatz zu § 478 Abs. 1 BGB enthält § 478 Abs. 2 BGB eine eigene Anspruchsgrundlage. Sie ist auf Ersatz derjenigen Aufwendungen gerichtet, die dem Letztverkäufer bei der Befriedigung des Nacherfüllungsbegehrens des Endabnehmers entstanden sind und die er diesem gegenüber gemäß § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte. Die dabei von § 478 Abs. 2 BGB erfasste Grundkonstellation ist die gleiche wie in § 478 Abs. 1 BGB: Es muss zwischen dem Letztverkäufer und seinem Endabnehmer ein Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) über eine "neu hergestellte Sache" zustande gekommen sein und der Verkäufer, der an den Letztverkäufer geliefert hat, muss Unternehmer (§ 14 BGB) gewesen sein. Des Weiteren muss auch hier dem Endabnehmer ein auf die geleistete Art der Nacherfüllung gerichteter Nacherfüllungsanspruch zugestanden haben, den der Letztverkäufer nicht durch die Erhebung der Einrede aus § 439 Abs. 3 bzw. aus § 275 Abs. 2 BGB abwenden konnte. Auch hier gilt also, wie bei § 478 Abs. 1 BGB, dass der Letztverkäufer, der nur zu Zwecken der "Kundenpflege" Aufwendungen gemacht hat, zu denen er rechtlich nicht verpflichtet war, diese nicht an den Lieferanten "weiterreichen" kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 249). Schließlich erwähnt § 478 Abs. 2 BGB ausdrücklich die Voraussetzung, dass "der Verbraucher geltend gemachte Mangel bereits beim Übergang der Gefahr auf den Unternehmer (gemeint ist der Letztverkäufer) vorhanden war". Dies ist selbstverständlich auch im Falle des § 478 Abs. 1 BGB erforderlich, musste aber dort nicht eigens geregelt werden, da § 478 Abs. 1 BGB das Bestehen eines der in § 437 BGB aufgeführten Rechtsbehelfe im Verhältnis Letztverkäufer - Lieferant voraussetzt und diese gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfe ihrerseits alle voraussetzen, dass der Kaufgegenstand bei Gefahrübergang mangelbehaftet war (BT-Drucks. 14/6040, S. 249).
Auch hier nochmals kurz die Voraussetzungen des § 478 Abs. 2, der im Verhältnis der Lieferanten in der Lieferkette zueinander entsprechend gilt (§ 478 Abs. 5 BGB), im Überblick:
- Kaufvertrag über eine "neu hergestellte Sache" zwischen dem Letztverkäufer und dem Anspruchsgegner, der Unternehmer (§ 14 BGB) war
- Die Kaufsache war im Zeitpunkt des Gefahrübergangs auf den Letztverkäufer mangelhaft (§§ 434, 435 BGB)
- Verbrauchsgüterkauf (§ 474 Abs. 1 BGB) zwischen dem Letztverkäufer und einem Endabnehmer über eine "neu hergestellte Sache"
- Dem Letztverkäufer sind infolge des berechtigten, nicht durch Einrede aus §§ 439 Abs. 3, 275 Abs. 2 BGB abwendbaren, Nacherfüllungsbegehrens des Endabnehmers Aufwendungen entstanden, die er dem Endabnehmer gegenüber gemäß § 439 Abs. 2 BGB zu tragen hatte
Beweislastumkehr gemäß § 478 Abs. 3 BGB
Die Beweislastumkehr des § 476 BGB, die das Vorliegen eines Sachmangels im relevanten Zeitpunkt des Gefahrüberganges auf den Käufer betrifft, kommt nach § 478 Abs. 3 BGB auch dem Letztverkäufer im Verhältnis zu seinem Lieferanten zu Gute (beachte auch hier wieder für die Lieferkette: § 478 Abs. 5 BGB). Um aber auch hier die Schutzwirkung des § 476 BGB dem Letztverkäufer gegenüber optimal zur Geltung zu bringen, kommt § 476 BGB gemäß § 478 Abs. 3 BGB mit der Maßgabe zur Anwendung, dass die 6 - Monatsfrist des § 476 BGB erst mit dem Gefahrübergang auf den Verbraucher zu Laufen beginnt.
Unabdingbarkeit gewisser Schutznormen gemäß § 478 Abs. 4 BGB
Gemäß § 478 Abs. 4 BGB kann der Lieferant sich gegenüber dem Letztverkäufer (bzw. der jeweilige Vorlieferant gegenüber dem Nachlieferanten in der Lieferkette: § 478 Abs. 5 BGB) nicht auf eine vor Mitteilung eines Mangels an den Lieferanten getroffene Vereinbarung berufen, die zum Nachteil des Letztverkäufers von den §§ 433 bis 435, § 437 (mit Ausnahme der Schadensersatzansprüche: vgl. § 478 Abs. 4 S. 2 BGB !), 439 - 443 sowie von §§ 478 Abs. 1 - 3, 479 BGB abweichen, wenn dem Letztverkäufer kein gleichwertiger Ausgleich eingeräumt wird. Wann ein Ausgleich "angemessen" ist, hängt angesichts der Weite der Formulierung von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab. Angesichts des in § 478 Abs. 4 BGB enthaltenen massiven Eingriffs in die Vertragsfreiheit von Unternehmern (!) sollte die Vorschrift allerdings großzügig ausgelegt und keine überzogenen Anforderungen an die Angemessenheit eines solchen Ausgleichs gestellt werden. Als Beispiel für einen solchen Ausgleich schwebten dem Gesetzgeber etwa pauschale Abrechnungssysteme vor, bei denen zwar Einzelansprüche des Händlers gemäß § 478 Abs. 2 BGB ausgeschlossen werden, "die aber insgesamt auch den berechtigten Interessen des Händlers Rechnung tragen" (BT-Drucks. 14/6040, S. 249).
Sonderregeln für die Verjährung (§ 479 BGB)
§ 479 Abs. 1 BGB war nötig, weil § 478 Abs. 2 BGB einen eigenständigen Anspruch enthält, der von der verjährungsrechtlichen Sonderregel des § 438 BGB nicht erfasst wird. Daher kommt dem § 479 Abs. 1 BGB die Aufgabe zu, für § 478 Abs. 2 BGB eine mit § 438 BGB harmonische Verjährungsregelung zu schaffen, was dadurch bewerkstelligt wird, dass der Aufwendungsersatzanspruch des § 478 Abs. 2 BGB einer mit § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB identischen Verjährungsregelung von zwei Jahren ab Ablieferung der Sache unterworfen wird. Damit ist die Ablieferung der Sache vom Lieferanten an den Letztverkäufer bzw. vom Lieferanten innerhalb der Lieferkette an seinen jeweiligen Käufer gemeint. (Weidenkaff, in: Palandt, § 479 Rdnr. 4).
Im Übrigen gewährleistet insbesondere die Regelung des § 479 Abs. 2 BGB, dass die schon mehrfach beschworene "Regressfalle" nicht zuschnappt, indem sämtliche gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfe (einschließlich des § 478 Abs. 2 BGB) des Letztverkäufers gegen seinen Lieferanten bzw. der übrigen Käufer in der Lieferkette gegen ihre Lieferanten für die Zeit von zwei Monaten ab dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer die Ansprüche des Verbrauchers bzw. der jeweilige Lieferant in der Lieferkette die Ansprüche seines Käufers (§ 479 Abs. 3 BGB) erfüllt hat, einer Ablaufhemmung unterstellt. Diese Ablaufhemmung endet allerdings nach § 479 Abs. 2 S. 2 BGB spätestens fünf Jahre nach dem Zeitpunkt, in dem der Lieferant die Sache seinem jeweiligen Abkäufer abgeliefert hat.