Das Leistungsstörungsrecht im UN-Kaufrecht (CISG)

Während das für einen Kaufvertrag in Betracht zu ziehende Leistungsstörungsrecht im BGB im allgemeinen Schuldrecht geregelt ist (§§ 275, 280 ff.,311a, 320 ff. BGB) und durch einige Sondervorschriften des Gewährleistungsrechts modifiziert wird (§§ 437 ff. BGB), sind im CISG die Rechtsbehelfe des Käufers wegen Vertragsverletzung durch den Verkäufer in den Artt. 45 ff. und die Rechtsbehelfe des Verkäufers wegen Vertragsverletzung durch den Käufer in den Artt. 61 ff. zusammenfassend geregelt.

Die Rechtsbehelfe, die das Leistungsstörungsrecht des CISG dem Käufer wegen Vertragsverletzung durch den Verkäufer einräumt, stimmen im Wesentlichen mit denen des BGB-Leistungsstörungsrechts überein. Auch das CISG gibt dem Käufer einen Anspruch auf Nacherfüllung (Art. 46 Abs. 2 CISG: Ersatzlieferung; Art. 46 Abs. 3 CISG: Nachbesserung; im BGB: §§ 437 Nr. 1, 439 BGB), einen Schadensersatzanspruch (Art. 45 Abs. 1 b CISG; im BGB: §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. 286, Abs. 3 i.V.m. 281 bzw. 282. bzw. 283, 311a Abs. 2, 478 Abs. 2 BGB), ein Rücktrittsrecht (Artt. 45 Abs. 1 a, 49 Abs. 1 CISG: "Erklärung der Aufhebung des Vertrages"; im BGB: §§ 323, 326 Abs. 5, ggf. i.V.m. § 437 Nr. 2, 440 BGB) sowie ein Recht zur Minderung (Art. 50 CISG; im BGB: §§ 437 Nr. 2, 441 BGB).

Über diese Rechtsbehelfe hinaus, die einem Käufer auch beim BGB-Kauf zustehen, gewährt das CISG dem Käufer noch den Rechtsbehelf des Erfüllungsanspruchs (Artt. 45 Abs. 1 a, 46 Abs. 1 CISG), den wir sogleich näher betrachten werden.

Der Anspruch auf Erfüllung als Rechtsbehelf gemäß Artt. 45 Abs. 1 Nr. a, 46 Abs. 1 CISG

Es entspricht kontinentaleuropäischer Rechtstradition, dass der Gläubiger, so lange noch nicht erfüllt ist, einen Erfüllungsanspruch hat. Dies folgt aus dem Grundsatz "pacta sunt servanda" und ist etwa für das deutsche Recht ganz selbstverständlich. Der Verkäufer kann sich daher nach dem BGB-Schuldrecht nicht einfach durch Leistung von Schadensersatz in Geld von der Erfüllung der geschuldeten Leistung befreien, wenn ihm die Erfüllung der Primärleistungspflicht lästig geworden ist. Demgegenüber hat der Gläubiger nach der Grundkonzeption der Rechte des Common Law nur ausnahmsweise einen Anspruch auf Erfüllung "in Natur" (specific performance), etwa dann, wenn er gerade ein besonderes Interesse daran hat. Ansonsten kann er nur Schadensersatz in Geld verlangen (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2008, Art. 28 Rdnrn. 2 - 3). Erst diese grundverschiedenen Ausgangspunkte machen es für einen deutschen Juristen verständlich, warum der Erfüllungsanspruch im CISG als Rechtsbehelf konzipiert ist, der erst eingreift, wenn der Schuldner eine Vertragsverletzung begeht, indem er den Vertrag nicht erfüllt. Als weiteres Zugeständnis an die Vertragsstaaten des Rechtskreises des Common Law kann man den Erfüllungsanspruch gemäß Artt. 45 Abs. 1 a, 46 Abs. 1 CISG wegen Art. 28 CISG u.U. nicht vor den Gerichten dieser Vertragsstaaten durchsetzen.

Der Erfüllungsanspruch ist gemäß Art. 46 Abs. 1 CISG ausgeschlossen, wenn der Käufer bereits einen Rechtsbehelf ausgeübt hat, der mit diesem Verlangen unvereinbar ist. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Käufer bereits die Aufhebung des Vertrages erklärt hat (Art. 81 Abs. 1 Satz 1 CISG) oder wenn er bei Lieferung einer mangelhaften Kaufsache den Erfüllungsanspruch schon im Wege eines Schadensersatzbegehrens gerichtet auf Ersatz des Minderwertes verfolgt (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 7).

Der Erfüllungsanspruch geht bei objektiver Unmöglichkeit der Leistung ebenso wie im deutschen Recht (vgl. § 275 Abs. 1 BGB) unter. Dem wird der Fall gleichgestellt, dass die Kaufsache zwar noch existiert, aber ihr Verbleib unbekannt und nicht aufklärbar ist (wie z.B. beim Diebstahl der Kaufsache). Schließlich führt auch das Unvermögen zum Ausschluss des Erfüllungsanspruchs, wenn man Unvermögen zutreffend - eng - so definiert, dass die Leistung nicht für jedermann, wohl aber für den Schuldner unmöglich ist, weil er die geschuldete Sache unter keinen Umständen beschaffen kann. Das bedeutet konkret, dass die Beschaffung der Kaufsache dem Verkäufer nicht einmal theoretisch möglich sein darf, weil der Eigentümer der verkauften Sache (bei der Stückschuld) bzw. die Eigentümer der zur Erfüllung in Betracht kommenden Sachen (bei der begrenzten Gattungsschuld: z.B. limitierte Auflage einer CD) unter keinen Umständen bereit ist/sind, die Sache an den Verkäufer zu verkaufen. Dies ist zwar nirgendwo im CISG ausdrücklich geregelt, wird aber allgemein angenommen und mit der "Natur der Sache" begründet (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 12; Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 79 Rdnr. 53 f.). Dies ist im deutschen Recht bei anfänglicher und nachträglicher Unmöglichkeit sowie bei anfänglichem und nachträglichem Unvermögen der Leistungserbringung nicht anders, im Gegensatz zum CISG jedoch in § 275 Abs. 1 BGB ausdrücklich geregelt.

Gemäß Art. 79 Abs. 1 CISG hat eine Partei für die Erfüllung ihrer Pflichten nicht einzustehen, wenn sie beweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb ihres Einflussbereichs liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihr vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund bei Vertragsschluss in Betracht zu ziehen oder zu vermeiden oder zu überwinden. Alleine auf Grund des Wortlautes dieser Vorschrift ("nicht einzustehen") könnte man annehmen, dass der Schuldner in allen Fällen des Art. 79 Abs. 1 CISG von seiner Primärleistungspflicht befreit wird. Diesem Verständnis des Art. 79 Abs. 1 CISG steht jedoch nach herrschender Meinung sowohl die Entstehungsgeschichte der Vorschrift als auch Art. 79 Abs. 5 CISG entgegen, nach dem Art. 79 CISG die Parteien nur daran hindert, das Recht auf Schadensersatz auszuüben, so dass der Rechtsbehelf des Erfüllungsanspruchs von Art. 79 CISG unberührt bleibt (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 79 Rdnr. 3; Rdnr. 52 f.; Reinhart, UN-Kaufrecht, Kommentar, 1991, Art. 79 Rdnr. 11). Dem hält allerdings eine Mindermeinung entgegen, dass es widersprüchlich wäre, dem Schuldner zwar einen Erfüllungsanspruch zu geben, ihn aber bei Nichterfüllung von der Haftung zu befreien. Daher geht diese Ansicht davon aus, dass der Erfüllungsanspruch immer erlischt, wenn Art. 79 Abs. 1 erfüllt ist (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 9 ff.; Staudinger, Julius von (Begr.), Kommentar zum BGB mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, CISG, 2005, Magnus, Art. 46 Rdnr. 25).

Der Erfüllungsanspruch geht somit nach herrschender Meinung im Anwendungsbereich des CISG nur bei objektiver und subjektiver Unmöglichkeit der Leistungserbringung unter. In allen anderen Fällen der bloßen Leistungserschwerung bleibt er grundsätzlich bestehen. In diesen Fällen, in denen die Leistung jedenfalls theoretisch möglich ist, kann es nur in dem seltenen Fall der Überschreitung der äußersten "Opfergrenze" auf Grund nachträglicher nicht vorhersehbarer Leistungserschwerungen infolge einer wesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse zum Untergang des Erfüllungsanspruchs kommen. Diese Opfergrenze soll überschritten sein, wenn dem Schuldner die Vertragserfüllung unter Inkaufnahme schwerer wirtschaftlicher Nachteile schlechthin nicht mehr zugemutet werden kann (vgl. Stoll/Gruber, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4.Aufl.2004, Art. 79 Rdnrn. 30 ff.und 48; etwas anders: Schwenzer, in Schlechtriem, 5.Aufl.2008, Art.79, Rdnr.30.). Das autonome deutsche Kaufrecht regelt diesen Problemkreis differenzierter in § 275 Abs. 2 BGB und § 313 BGB. Nach § 275 Abs. 2 BGB (Fälle sogen. "faktischer oder praktischer Unmöglichkeit") wird der Verkäufer von der Leistungspflicht befreit, wenn die Leistung unter Beachtung des Inhaltes des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zum Leistungsinteresse des Käufers steht und der Verkäufer von seinem Leistungsverweigerungsrecht aus § 275 Abs. 2 BGB Gebrauch macht. In diesen (seltenen) Fällen, in denen also das Verhältnis des Leistungsinteresses des Käufers zum Aufwand des Verkäufers die Opfergrenze markiert, kann sich der Verkäufer also durch Erhebung einer Einrede von der Leistungspflicht befreien. Dabei werden sowohl anfängliche wie nachträgliche Leistungshindernisse erfasst. Demgegenüber werden in § 313 BGB die Fälle der sogen. "wirtschaftlichen Unmöglichkeit" erfasst, bei denen anders als bei § 275 Abs. 2 BGB nicht auf das Gläubigerinteresse, sondern vergleichbar zur h.M. im CISG auf die Zumutbarkeit der Leistungserbringung für den Verkäufer abgestellt wird. Ähnlich wie nach den ungeschriebenen Regeln des CISG kommt es darauf an, dass sich die Umstände, die zur Vertragsgrundlage geworden sind, nachträglich schwerwiegend geändert haben, so dass die Parteien den Vertrag, wenn sie diese Veränderungen vorhergesehen hätten, nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten (§ 313 Abs. 1 BGB). Hinsichtlich der in § 313 BGB geregelten Fallgestaltungen der "wirtschaftlichen Unmöglichkeit" unterscheiden sich denn auch das CISG und das BGB-Kaufrecht nicht so sehr in den Voraussetzungen, sondern vielmehr in den Rechtsfolgen. Beim BGB-Kaufvertrag kann der Käufer unter den Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB in erster Linie Vertragsanpassung verlangen und nur subsidiär gemäß § 313 Abs. 3 BGB vom Vertrag zurücktreten bzw. (bei Dauerschuldverhältnisse) diesen kündigen. Bei Anwendung des CISG kommt dagegen nach herrschender Ansicht nur die Befreiung von der Primärleistungspflicht unter den oben beschriebenen Voraussetzungen in Frage. Diese Rechtsfolge kann der Verkäufer beim BGB-Kaufvertrag nur unter den strengen auf das Käuferinteresse bezogenen Voraussetzungen des § 275 Abs. 2 BGB durch Einredeerhebung herbeiführen, sonst subsidiär gemäß § 313 Abs. 3 BGB durch Rücktritts- bzw. Kündigungserklärung. Es wird allerdings teilweise in der Literatur zum CISG angenommen, dass Art. 79 CISG diesen Problemkreis nur unvollkommen regele, so dass diese Gesetzeslücke unter Heranziehung des kollisionsrechtlich zur Anwendung kommenden autonomen nationalen Rechts, also bei Anwendung deutschen Rechts über § 313 BGB, geschlossen werden müsse. Die ganz herrschende Meinung ist dieser Lösung jedoch nicht gefolgt, da es wegen der verschiedenen Rechtslage der Vertragsstaaten (z.B. in Frankreich ist der Wegfall der Geschäftsgrundlage grundsätzlich nicht anerkannt) zu einer vom UN-Kaufrecht gerade nicht gewollten Rechtszersplitterung käme (vgl. Stoll/Gruber, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4.Aufl.2004, Art. 79 Rdnr. 31).

Der Anspruch auf Ersatzlieferung gemäß Artt. 45 Abs. 1 a, 46 Abs. 2 CISG

Der Anspruch auf Ersatzlieferung gemäß Artt. 45 Abs. 1a, 46 Abs. 2 CISG ist vergleichbar mit dem Anspruch auf Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 2, 439 BGB, der nach Wahl des Käufers auf Mangelbeseitigung oder Ersatzlieferung gerichtet ist.

aa) Anwendbarkeit des Art. 46 Abs. 2 CISG:

Ist die gelieferte Ware "nicht vertragsgemäß", dann hat der Käufer unter den Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 2 CISG einen Anspruch auf "Ersatzlieferung". Ist die gelieferte Ware nicht vertragsgemäß, dann hat der Verkäufer aber noch gar nicht erfüllt. Der Anspruch auf "Ersatzlieferung" ist damit eigentlich nichts Anderes als die Verfolgung des Erfüllungsanspruchs gemäß Art. 46 Abs. 1 CISG. Da aber Art. 46 Abs. 2 CISG gegenüber Abs. 1 weitere Tatbestandsmerkmale enthält, handelt es sich bei Art. 46 Abs. 2 CISG um eine lex specialis zu Art. 46 Abs. 1 CISG. Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Absätzen erfolgt mit Blick auf den Wortlaut ("Ersatzlieferung") und den Zweck des Art. 46 Abs. 2 CISG. "Ersatzlieferung" setzt begrifflich voraus, dass bereits eine erste Lieferung erfolgt ist. Der Zweck des Art. 46 Abs. 2 CISG liegt darin, dem Verkäufer bei weniger schwer wiegenden Mängeln die Transportkosten zu ersparen, die bei grenzüberschreitenden Lieferungen einen beachtlichen Umfang einnehmen können (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 4). Daher ist Art. 46 Abs. 1 CISG so lange anwendbar, wie es noch nicht zu einem Abtransport der Ware zum Zwecke der Erfüllung gekommen ist. Folglich ist Art. 46 Abs. 1 CISG und nicht Abs. 2 einschlägig, wenn der Käufer die Ware bereits vor der Lieferung wegen ihrer Mangelhaftigkeit ablehnt oder wenn der Verkäufer im Falle einer "Holschuld" seine "Lieferpflicht" im Sinne des Art. 31 b CISG erfüllt, in dem er dem Käufer die Ware am Erfüllungsort zur Verfügung stellt und dieser sie ablehnt (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5.Aufl.2008, Art. 46 Rdnr. 19).

bb) Keine Ausübung eines mit dem Erfüllungsanspruch unvereinbaren Rechtsbehelfs:

Da Art. 46 Abs. 2 CISG lex specialis zum Grundtatbestand des Art. 46 Abs. 1 CISG ist, setzt der Anspruch auf Nachlieferung voraus, dass neben den Voraussetzungen des Art. 46 Abs. 2 CISG auch die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind. Dies bedeutet insbesondere, dass auch der Nachlieferungsanspruch als modifizierter Erfüllungsanspruch voraussetzt, dass der Käufer nicht bereits einen mit dem Erfüllungsanspruch unvereinbaren Rechtsbehelf ausgeübt hat (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 17).

Der Anspruch des Käufers auf Nachbesserung gemäß Art. 46 Abs. 3 CISG

Der Anspruch auf Nachbesserung gemäß Art. 46 Abs. 3 CISG findet seine Entsprechung im Anspruch auf Nacherfüllung in Form der Mängelbeseitigung gemäß §§ 437 Nr. 2, 439 BGB. Beim Anspruch auf Nachbesserung gemäß § 46 Abs. 3 CISG sind folgende Merkmale zu prüfen:

  • Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages
  • Lieferung vertragswidriger Ware
  • Nachbesserung technisch möglich
  • Mängelrüge nach Art. 39 CISG
  • Zumutbarkeit der Nachbesserung für den Verkäufer
  • Geltendmachung der Nachbesserung innerhalb einer angemessenen Frist

Diese Tatbestandsmerkmale sind uns bereits weitgehend aus der Erörterung des Anspruchs auf Ersatzlieferung nach Art. 46 Abs. 2 CISG bekannt. Es ergeben sich nur wenige Besonderheiten, die hier kurz angesprochen werden sollen:

Vertragswidrigkeit der Ware: Der Begriff erfasst in der Sprache des BGB sowohl die aliud-Lieferung als auch die Lieferung mangelhafter Ware. Dennoch ist Art. 46 Abs. 3 CISG bei einer aliud-Lieferung nicht einschlägig, da bei ihr eine Nachbesserung gar nicht möglich ist (Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 10). Auch greift Art. 46 Abs. 3 nicht ein, wenn der Mangel technisch nicht behebbar ist. Die Unmöglichkeit der Mangelbeseitigung ist eine rechtshindernde Einwendung, für die nach allgemeinen Regeln der Beweislastverteilung der Verkäufer die Beweislast trägt (von Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen, Art. 46 Rdnr. 16). Auch beim Nacherfüllungsanspruch nach §§ 437 Nr. 2, 439 BGB in Form der Mängelbeseitigung führen adliud - Lieferung und Unbehebbarkeit des Mangels zum Ausschluss des Nachbesserungsanspruchs gemäß § 275 Abs. 1 BGB.

Zumutbarkeit der Nachbesserung für den Verkäufer: Nach dem Wortlaut des Art. 46 Abs. 3 CISG muss man die Entscheidung über die Zumutbarkeit "unter Berücksichtigung aller Umstände" treffen. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung. Dabei ist naturgemäß im Detail vieles umstritten. Anerkannt ist jedenfalls, dass die Nachbesserung unzumutbar ist, wenn die durch sie bewirkten Vorteile in keinem Verhältnis zum Reparaturaufwand stehen (z.B. Beseitigung eines Schönheitsfehlers) oder wenn die Nachbesserung dem Käufer leichter fällt als dem räumlich weit entfernten Verkäufer (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 46 Rdnr. 40 ff.; Staudinger/Magnus, Art. 46 Rdnr. 61). Auch die Unzumutbarkeit der Nachbesserung stellt eine Einwendung dar, die der Verkäufer beweisen muss.

Das Nachbesserungsrecht gemäß Art. 46 Abs. 3 CISG kommt dem Nacherfüllungsanspruch des BGB in Form der Mängelbeseitigung erheblich näher als der Anspruch auf Ersatzlieferung gemäß Art. 46 Abs. 2 CISG dem Anspruch auf Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 2, 439 BGB in Form der Ersatzlieferung. Insbesondere setzt der Anspruch auf Nachbesserung anders als der Anspruch auf Ersatzlieferung gemäß Art. 46 Abs. 2 CISG nicht voraus, dass die Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware als "wesentliche Vertragsverletzung" zu werten ist. Dennoch ist der Anspruch gegenüber dem Nachbesserungsrecht des BGB insoweit für den Käufer nachteiliger ausgestaltet als er eine Rüge gemäß Art. 39 CISG und die Geltendmachung innerhalb einer angemessenen Frist erfordert. Ferner hat das BGB-Kaufrecht aus der Sicht des Käufers gegenüber dem CISG den Vorteil, dass der Käufer - vorbehaltlich des tatbestandlichen Vorliegens und der Einredeerhebung gemäß § 439 Abs. 3 BGB-ein Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung hat. Schließlich ist auch hier beim CISG eine zur Unterscheidung des Art. 46 Abs. 1 von Art. 46 Abs. 3 eine - nicht immer einfache - Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmangel erforderlich, die im autonomen BGB-Kaufrecht auf Grund der eleganten Lösung der §§ 434, 435 BGB entbehrlich ist.

Das Vertragsaufhebungsrecht gemäß Art. 49 CISG

Die beiden Tatbestände des Art. 49 Abs. 1 CISG räumen dem Käufer das Recht ein, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, wenn der Verkäufer

eine wesentliche Vertragsverletzung begangen hat (Art. 49 Abs. 1 a CISG) oder bei Nichtlieferung nicht innerhalb der vom Käufer nach Art. 47 Abs. 1 CISG gesetzten Nachfrist liefert oder erklärt, dass er nicht innerhalb dieser Frist liefern wird (Art. 49 Abs. 1 b CISG).

Wir wollen uns zuerst die beiden Tatbestände im Detail ansehen (aa) und uns danach mit dem durch die Vertragsaufhebung ausgelösten Rückabwicklungsschuldverhältnis befassen (bb).

Die Voraussetzungen des Vertragsaufhebungsrechts im Einzelnen

Beide Tatbestände des Art. 49 Abs. 1 CISG setzen voraus, dass der Käufer die Aufhebung des Vertrages erklärt. Damit ist Art. 49 Abs. 1 CISG ein Gestaltungsrecht. Nun zu den beiden Tatbeständen des Art. 49 Abs. 1 CISG im Einzelnen:

(1) Vertragsaufhebung wegen wesentlicher Vertragsverletzung (Art. 49 Abs. 1 a CISG)

Als wesentliche Vertragsverletzung kommen gegliedert nach der Terminologie des BGB ("Pflichtverletzungstatbestände") in Betracht:

Leistungsverzögerung/Schuldnerverzug: Grundsätzlich führt die Nichtleistung des Schuldners trotz Fälligkeit und Durchsetzbarkeit des Anspruchs nicht zu einer wesentlichen Vertragsverletzung. Ansonsten wäre Art. 49 Abs. 1 b CISG schlicht überflüssig. Dies bedeutet im praktischen Ergebnis, dass sich der Gläubiger im Falle der Leistungsverzögerung erst nach fruchtlosem Ablauf einer zuvor gesetzten angemessenen Nachfrist (Art. 47 CISG) vom Vertrag lösen kann und ist identisch mit der Regelung im BGB-Kaufrecht, die das Rücktrittsrecht wegen pflichtwidriger Leistungsverzögerung (§ 323 Abs. 1 BGB) ebenfalls an dieses Erfordernis knüpft. Allerdings kann sich etwas Anderes dann ergeben, wenn der Schuldner an einer rechtzeitigen Leistung ein besonderes Interesse hat. Insbesondere bei Fixgeschäften, aber auch bei anderen Verträgen, bei denen der Leistungszeit erkennbar zentrale Bedeutung zukommt, führt die Nichtlieferung zum vereinbarten Termin zu einer wesentlichen Vertragsverletzung (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 49 Rdnr. 5; Staudinger/Magnus, Art. 49 Rdnrn. 10 bis 12) und damit zu einem Rücktrittsrecht ohne Fristsetzungserfordernis. Auch dies stimmt im Ergebnis mit der Regelung des gesetzlichen Rücktrittsrechts im BGB überein. Die Regelung im BGB ist indes für den Rechtsanwender einfacher zu handhaben, weil sie das Entfallen des Fristsetzungserfordernisses in § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB für den Fall des relativen Fixgeschäftes ausdrücklich anordnet. Gleiches gilt für das absolute Fixgeschäft, bei dem der Ablauf des Erfüllungszeitraums bereits zur Unmöglichkeit der Leistungserbringung führt und ein Rücktrittsrecht aus § 326 Abs. 5 BGB begründet. Hier ergibt sich das Entfallen des Fristsetzungserfordernisses ebenfalls ohne weiteres aus dem Wortlaut des § 326 Abs. 5 BGB. Auch die endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung seitens des Schuldners stellt eine wesentliche Vertragsverletzung dar, die gemäß Art. 49 Abs. 1 a CISG zum sofortigen Rücktritt berechtigt. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass dies nur für den Fall der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung nach Fälligkeit gilt. Denn vor Fälligkeit führt die Erfüllungsverweigerung noch nicht zur "Nichterfüllung" der einschlägigen Leistungspflicht, die der Tatbestand des Art. 49 Abs. 1 a CISG jedoch voraussetzt. Für den Fall der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit gewährt indes Art. 72 Abs. 1, 3 CISG ein Recht zur sofortigen Erklärung der Vertragsaufhebung, weil bei der endgültigen Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit "bereits vor dem für die Vertragserfüllung festgesetzten Zeitpunkt offensichtlich ist, dass eine Partei eine wesentliche Vertragsverletzung begehen wird" (zur Abgrenzung von Erfüllungsverweigerung vor und nach Fälligkeit: vgl. Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 49 Rdnr. 6). Auch hier ist die Regelung im autonomen deutschen Leistungsstörungsrecht identisch: Die endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung nach Fälligkeit begründet ein sofortiges Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB. Demgegenüber muss für den Fall der endgültigen und ernsthaften Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit auf eine andere Rechtsgrundlage, nämlich § 323 Abs. 4 BGB zurückgegriffen werden, der ebenso wie Art. 72 CISG für diesen Fall ein sofortiges Rücktrittsrecht gewährt, weil "bereits vor Eintritt der Fälligkeit der Leistung offensichtlich ist, das die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden". Der Vorzug der inhaltlich identischen Regelung im BGB ist der, dass sich das sofortige Rücktrittsrecht auch für den Fall der Erfüllungsverweigerung vor Fälligkeit unmittelbar aus der gleichen Vorschrift ergibt, während im CISG die sofortigen Rücktrittsrechte für beide Fälle auf zwei weit auseinander liegende Vorschriften verteilt sind (Art. 49 Abs. 1 a, 72 Abs. 1, 3 CISG).

Unmöglichkeit der Leistungserbringung: Die objektive Unmöglichkeit der Leistungserbringung stellt nach allgemeiner Ansicht eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Sie führt demnach im Anwendungsbereich des CISG ebenso wie nach neuem BGB - Schuldrecht nicht zur Unwirksamkeit des Vertrages, sondern begründet so wie dort ein Rücktrittsrecht (vgl. § 326 Abs. 5 BGB). Gleiches gilt für Unvermögen, wenn man dieses - entsprechend der h.M. im deutschen Zivilrecht - so versteht, dass wiewohl vielleicht ein anderer leisten könnte, jedenfalls der Schuldner nicht einmal die theoretische Möglichkeit zur Leistung durch Beschaffung des Kaufgegenstandes hat. Auch für das Unvermögen ist die Regelung in CISG und BGB bezogen auf das Rücktrittsrecht identisch. Ist das Vorliegen des Unvermögens jedoch unklar, empfiehlt es sich sicherheitshalber eine Nachfrist zu setzen und deren fruchtlosen Ablauf abzuwarten, so dass jedenfalls ein Rücktrittsrecht aus Art. 49 Abs. 1 b CISG besteht (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 5.Art. 49 Rdnr. 6). Gleiches gilt für das BGB-Kaufrecht, bei dessen Eingreifen man ebenfalls bei Unsicherheit über die Beschaffungsmöglichkeit des Schuldners sicherheitshalber eine Nachfrist setzen sollte, um jedenfalls nach § 323 Abs. 1 BGB zurücktreten zu können. Einzig entbehrlich ist dies wiederum dann, wenn der Schuldner unter Berufung auf sein angebliches Unvermögen die Leistung dauerhaft und ernsthaft verweigert, weil dann schon aus den im Rahmen der Leistungsverzögerung dargelegten Gründen aus Art. 49 Abs. 1 a CISG bzw. § 323 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB ein sofortiges Rücktrittsrecht folgt (Müller-Chen, a.a.O., Art. 49 Rdnr. 6).

Falschlieferung: Eine Falschlieferung stellt nur beim Stückkauf regelmäßig eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Beim Gattungskauf ist dies dagegen nur der Fall, wenn es dem Käufer nicht zugemutet werden kann, die Lieferung selbst zu verwerten und Minderung oder Schadensersatz geltend zu machen. Krasse aliud-Lieferungen stellen auf jeden Fall eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Demgegenüber stellt die aliud - Lieferung im Rahmen des BGB-Kaufvertragsrechts sowohl beim Gattungs- wie beim Stückkauf eine Pflichtverletzung dar, die den Käufer - regelmäßig nach fruchtlosem Ablauf der Nachfrist - gemäß §§ 434 Abs. 3, 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1 BGB zum Rücktritt berechtigt. Dem Vorteil des BGB gegenüber dem CISG, dass man für den Gattungs- und für den Stückkauf eine einheitliche, von Wertungsschwierigkeiten befreite Lösung geschaffen hat, steht der Nachteil gegenüber, dass beim BGB-Kauf auch die Lieferung eines Identitätsaliuds regelmäßig nicht zum sofortigen Rücktritt berechtigt.

Rechtsmangel: Nach herrschender Meinung stellt nicht jeder Rechtsmangel eine wesentliche Vertragsverletzung dar. Allerdings ist dies dann der Fall, wenn der Käufer den Gegenstand auf Grund des Rechtsmangels sofort herausgeben muss oder wenn sich der Mangel nicht beheben lässt und den Käufer an der Verwendung der Ware hindert (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 41 Rdnr. 21). Dann kann der Käufer, wenn er vorher den Mangel ordnungsgemäß gerügt hat (Art. 43 Abs. 1 CISG), die Vertragsaufhebung erklären. Nach dem BGB-Kaufrecht berechtigt ein Rechtsmangel (§ 435 BGB) zu einem Rücktritt des Käufers gemäß §§ 437 Nr. 2 i.V.m. 440, 323 Abs. 1 bzw. i.V.m. 326 Abs. 5 BGB. Das heißt auch im BGB-Kaufrecht kann der Käufer bei Unbehebbarkeit des Rechtsmangels (= Unmöglichkeit der Nacherfüllung gemäß § 439 BGB durch Lieferung eines rechtsmangelfreien Gegenstandes oder durch Beseitigung des Rechtsmangels) sofort zurücktreten und hat dabei gegenüber dem CISG den Vorteil, dass er dies ohne vorherige Rüge des Mangels tun kann.

Sachmangel: Wie wir bereits gesehen haben, stellt ein Sachmangel nur dann eine schwerwiegende Vertragsverletzung dar, wenn es dem Käufer nicht zugemutet werden kann, die mangelhafte Ware zu behalten und ggf. Schadensersatz oder Minderung geltend zu machen. Des Weiteren muss es unmöglich oder dem Käufer unzumutbar sein, den Mangel nach Art. 46 Abs. 3 CISG zu beseitigen. Vertragsaufhebung soll nach dem Gewährleistungsrecht des CISG die "ultima ratio" sein (Kappus, NJW 1994, 984). Nimmt man noch dazu, dass der Käufer den Mangel ordnungsgemäß gerügt haben muss (Art. 39 CISG), so wird deutlich, dass der Käufer nach dem BGB-Gewährleistungsrecht erheblich einfacher wegen eines Sachmangels vom Vertrag loskommen kann als bei Geltung des CISG. Es genügt bereits ein Sachmangel im Sinne des § 434 BGB, der entweder auch durch Nacherfüllung nicht beseitigt werden kann (dann: Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5 BGB) oder zu dessen Beseitigung der Käufer eine fruchtlos verstrichene Nachfrist gesetzt hat (dann: Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323 Abs. 1 BGB). Ein besonderes Gewicht des Sachmangels ist für den Rücktritt im Gegensatz zum CISG nicht erforderlich. Vielmehr kann der Verkäufer lediglich den Rücktritt abwenden, wenn er darlegt und im Bestreitensfalle beweist, dass die in der Lieferung des Sachmangels liegende Pflichtverletzung "unerheblich" ist (§ 323 Abs. 5 S. 2 BGB). Der Rücktritt wegen Sachmangels ist also gegenüber der Regelung des CISG nicht "ultima ratio", sondern lediglich gegenüber dem generell vorrangigen Anspruch auf Nacherfüllung "sekundärer Rechtsbehelf", der gleichberechtigt neben dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (aus § 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 und 3 i.V.m. 281 bzw. 282 bzw. 283 BGB) steht und ebenso wie dieser im Gegensatz zur Minderung bei bagatellartigen Pflichtverletzungen ausscheidet (vgl. §§ 281 Abs. 1 S. 3, 323 Abs. 5 S. 2 BGB und § 441 Abs. 1 S. 2 BGB).

Verletzung sonstiger Vertragspflichten: Auch die Verletzung sonstiger Vertragspflichten, insbesondere die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten, kann eine wesentliche Vertragsverletzung darstellen. Ob die Verletzung der Nebenpflicht eine wesentliche Vertragsverletzung darstellt, hängt vor allem vom objektiven Gewicht der Vertragsverletzung und von der Bedeutung der Nebenpflicht ab (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 49 Rdnr. 12; Staudinger/Magnus, Art. 49 Rdnr. 18 f.). Allerdings erfasst der Begriff der "Vertragsverletzung" lediglich die Verletzung vertraglicher Pflichten und nicht auch die Verletzung von Sorgfaltspflichten aus einem vertragsähnlichen Vertrauensverhältnis, das nach dem Verständnis des internen deutschen Zivilrechts bei der Vertragsanbahnung entstehen kann. Das CISG regelt keine Haftung für culpa in contrahendo, da diese in den einzelnen Rechtsordnungen so verschiedenartig ausgestaltet ist, dass man auf keinen gemeinsamen Nenner kommen konnte (Stoll/Gruber, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4.Aufl.2004, Art. 74 Rdnr. 11).

Auch im internen deutschen Zivilrecht kann die Verletzung von Nebenpflichten durch den Schuldner den Gläubiger zum Rücktritt berechtigen. Dabei wird allerdings zwischen Pflichtverletzungen im Stadium der Vertragsanbahnung (§ 311 Abs. 2, 241 Abs. BGB) und Pflichtverletzungen nach Vertragsschluss unterschieden. Die Kontaktaufnahme im vorvertraglichen Stadium kann gemäß §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB ein Schuldverhältnis begründen. Eine Pflichtverletzung im Rahmen dieses Schuldverhältnisses kann allerdings kein Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB begründen, da § 323 Abs. 1 BGB auf "gegenseitige Verträge" beschränkt ist und das Schuldverhältnis aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB kein solcher gegenseitiger Vertrag ist. Eine Pflichtverletzung im Rahmen der Vertragsverhandlungen (z.B. Verletzung einer Auskunfts-, Beratungs- oder Aufklärungspflicht) kann demgegenüber jedoch einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB begründen. Der Schaden des Gläubigers wird bei diesen Fällen oft im Vertragsschluss liegen. Der Gläubiger hat dann einen auf Vertragsaufhebung gerichteten Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i.V.m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (Grüneberg, in: Palandt, 71.Aufl.2011, § 311 Rdnr. 55). Verletzungen von Nebenpflichten nach Vertragsschluss können indes ein Rücktrittsrecht aus § 323 Abs. 1 BGB begründen. Dies deshalb, weil § 323 Abs. 1 BGB zwar einen "gegenseitigen Vertrag" voraussetzt, nicht aber die Verletzung einer synallagmatischen Hauptleistungspflicht aus einem solchen Vertrag (BT-Drucks. 14/6040, S. 183). Dabei ist nach h.M. zwischen leistungsbezogenen Nebenpflichten (wie z.B. der Leistungstreuepflicht, der Pflicht zur ordnungsgemäßen Verpackung der Ware etc.) und nicht leistungsbezogenen, auf Wahrung des Integritätsinteresses ausgerichteten Nebenpflichten zu unterscheiden. Erstere fallen unter § 323 Abs. 1 BGB, Letztere unter § 324 BGB (Schulze, in: Handkommentar zum BGB, 6.Aufl.2009, § 323 Rdnr. 4 f. und § 324 Rdnr. 1). Dies wiederum hat zur praktischen Konsequenz, dass der Rücktritt bei der Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichtverletzungen gegenüber dem Rücktritt wegen Verletzung von Leistungsnebenpflichten an die erschwerende Voraussetzung geknüpft ist, dass dem Gläubiger ein Festhalten am Vertrag nicht zugemutet werden kann. Im praktischen Ergebnis dürfte das beim Rücktrittsrecht aus Art. 49 Abs. 1 a CISG nicht anders sein, weil es für das Gewicht der Vertragsverletzung regelmäßig einen Unterschied macht, ob eine leistungs- oder nicht leistungsbezogene Nebenpflicht verletzt wird. Der Vorteil des BGB gegenüber dem CISG liegt darin, dass dem Rechtsanwender durch die in § 323 Abs. 1 und § 324 BGB vorweggenommen Unterscheidung diese Auslegungsprobleme erspart bleiben.

(2) Vertragsaufhebung wegen Nichtlieferung (Art. 49 Abs. 1 b CISG)

Art. 49 1 b CISG hat lediglich zwei Voraussetzungen: "Nichtlieferung" und das Verstreichenlassen der dem Verkäufer vom Käufer gesetzten Nachfrist bzw. die Erklärung des Verkäufers, nicht innerhalb dieser Frist zu liefern.

Nichtlieferung ist nur gegeben, wenn der Käufer bei Fälligkeit seiner in Art. 31 CISG umschriebenen Lieferpflicht nicht nachkommt. "Nichtlieferung" darf nicht mit "Nichterfüllung" gleich gesetzt werden. Dies folgt daraus, dass die Terminologie des CISG eindeutig zwischen Nichtlieferung und Vertragswidrigkeit der gelieferten Ware unterscheidet. Weder die Lieferung mangelhafter Ware noch die Falschlieferung sind damit unter das Merkmal "Nichtlieferung" zu subsumieren. Bei Falschlieferung etwa muss der Käufer nach Art. 49 Abs. 1 a CISG vorgehen und kann nur vom Vertrag loskommen, wenn ihm die Verwertung der Ware unzumutbar ist (Müller-Chen in: Schlechtriem, Art. 49 Rdnr. 15).

Die Nachfrist muss zunächst eine bestimmte Aufforderung an den Schuldner zur Leistung enthalten und stimmt insoweit mit der Mahnung im BGB-Schuldrecht überein. Des Weiteren muss diese Mahnung mit der Angabe eines nach dem Kalender bestimmten oder bestimmbaren Termins verbunden sein, an dem der Schuldner leisten soll. Fehlt ein solcher Termin, so ist die Mahnung ohne Fristbestimmung rechtlich bedeutungslos. Wie bei § 284 BGB ist auch im Rahmen des Art. 49 Abs. 1 b CISG eine vor Fälligkeit erfolgte Mahnung unwirksam (Müller-Chen in: Schlechtriem, Art. 47 Rdnr. 11; Art. 49 Rdnr. 20). Eine zusätzliche Ablehnungsandrohung, so wie sie nach § 326 Abs. 1 BGB a.F. erforderlich war und nach neuem Recht nicht mehr erforderlich ist, verlangt Art. 49 Abs. 1 b CISG nicht.

Ist die dem Schuldner gesetzte Nachfrist abgelaufen, so ist der Vertrag damit nicht etwa automatisch aufgehoben. Vielmehr hat der Gläubiger nun gemäß Art. 49 Abs. 1 b CISG das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, also den Vertrag durch Ausübung eines Gestaltungsrechts zu liquidieren. Die Rechtslage ist vergleichbar dem neuen deutschen Recht, nach dem auch der Rücktritt erklärt werden muss.

bb) Das Rückabwicklungsschuldverhältnis

Wenn die Voraussetzungen eines der beiden Tatbestände des Art. 49 Abs. 1 CISG vorliegen und das Recht auf Vertragsaufhebung nicht gemäß Art. 82 Abs. 1 CISG untergegangen ist, führt die Aufhebungserklärung zur Umgestaltung des Kaufvertrages in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis. Das heißt: Die Parteien werden von ihren Primärleistungspflichten befreit (Art. 81 Abs. 1 CISG) und sind zur Rückgabe des Geleisteten verpflichtet (Art. 81 Abs. 2 CISG).

Das Rückabwicklungsschuldverhältnis geht aber über die Umkehrung der Hauptleistungspflichten hinaus.

Gemäß Art. 84 Abs. 1 CISG hat der Verkäufer, der den Kaufpreis zurückzahlen muss, vom "Tag der Zahlung" an auf den Betrag des Kaufpreises Zinsen zu zahlen. Diese Formulierung birgt jedoch einige Unklarheiten. Manche gehen davon aus, dass der "Tag des Empfangs" mit dem "Tag der Zahlung" identisch sei. Sie begründen das damit, dass Art. 84 Abs. 1 CISG einen Ausgleich für den abstrakten Vorteil gewähren will, den der Verkäufer dadurch hat, dass er über das Geld Gewinn bringend verfügen kann. Dies kann er aber erst mit dem Empfang des Geldes (Hornung/Fountoulakis in: Schlechtriem, Art. 84 Rdnr. 26). Demgegenüber verweisen andere auf den Wortlaut des Art. 84 Abs. 1 CISG, der gerade ausdrücklich von "Zahlung" spricht, womit nur die Vornahme der Leistungshandlung und nicht auch der Eintritt des Leistungserfolges gemeint sei (Staudinger/Magnus, Art. 84 Rdnr. 8).

Im Vergleich dazu gewährt das deutsche Rücktrittsrecht keinen generellen Zinsanspruch bezüglich des zurück zu gewährenden Kaufpreises. Vielmehr ist der tatsächlich erwirtschaftete Zins vom Verkäufer als gezogene Nutzung (§ 100 BGB) gemäß § 346 Abs. 1 BGB zurückzugewähren; hat der Verkäufer mit dem Kaufpreis keinen Zins erwirtschaftet, so schuldet er insoweit gemäß § 347 Abs. 1 BGB Wertersatz für denjenigen Zins, den er entgegen den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft nicht erwirtschaftet hat. Diese Bestimmung soll gegenüber einer starren Verzinsungsregelung den Vorteil haben, dass sie dem Umstand Rechnung trägt, dass der Schuldner bei kleineren Beträgen und kürzerer Nutzungsdauer nicht in der Lage ist, für das empfangene Geld eine Verzinsung in Höhe des gesetzlichen Zinssatzes zu erzielen (vgl. Schulze, in: Handkommentar zum BGB, § 347 BGB Rdnr. 2). Dieser Aspekt spielt indes bei dem in aller Regel nur zwischen Kaufleuten zur Anwendung kommenden CISG keine Rolle.

Gemäß Art. 84 Abs. 2 CISG schuldet der Käufer dem Verkäufer den Gegenwert aller Vorteile, die er aus der Ware oder einem Teil der Ware gezogen hat. Der Begriff der Vorteile umfasst alles, was im internen deutschen Zivilrecht mit dem Begriff der "Nutzungen" umschrieben wird (vgl. § 100 BGB). Damit muss der Käufer dem Verkäufer insbesondere Wertersatz für die Gebrauchsvorteile leisten. Dieser soll der Höhe nach an den Marktpreisen, also am marktüblichen Mietzins, den üblichen Lizenzgebühren etc. ausgerichtet werden (Hornung in: Schlechtriem, Art. 84 Rdnr. 19; Staudinger/Magnus, Art. 84 Rdnr. 17). Im internen deutschen Zivilrecht wird der Wertersatzanspruch für Gebrauchsvorteile vom BGH dagegen anders berechnet: Der Mietzins enthalte einen unternehmerischen Gewinn, der dem Verkäufer, der vertragswidrige Ware geliefert habe, nicht zustehe. Daher sei der Wertersatzanspruch durch Umlegung des Kaufpreises auf die zu erwartende Nutzungsdauer des Kaufgegenstandes bis zu dessen Gebrauchsuntauglichkeit zu berechnen (BGHZ 115, 47, 54; dies ist auch im neuen Recht so geblieben: Grüneberg, in: Palandt, § 346 Rdnr. 10). Rechtsgrundlage für diesen Anspruch im BGB ist § 346 Abs. 2 Nr. 1 BGB.

Hat der Käufer den Kaufgegenstand weiterveräußert oder ist dieser zerstört worden, so kann der Käufer unter den Voraussetzungen des Art. 82 Abs. 2 CISG dennoch die Aufhebung des Vertrages erklären. In diesem Fall ist Art. 84 Abs. 2 b CISG Rechtsgrundlage für den Anspruch des Verkäufers auf Vorteilsausgleichung. Danach kann der Verkäufer zunächst einmal wie nach Art. 84 Abs. 2 a CISG Wertersatz für die gezogenen Nutzungen verlangen. Des Weiteren tritt ein Wertersatzanspruch an die Stelle des Kaufgegenstandes als dessen Surrogat. Er kann sich aus der Verwertung oder dem Verbrauch der Sache ergeben (commodum ex re) oder aber aus ihrer Weiterveräußerung (commodum ex negotiatione). Im ersteren Falle ergibt sich die Höhe des Anspruchs aus dem objektiven Wert der Sache, im zweiten Falle aus dem Nettoverkaufserlös (Hornung/Fountoulakis, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 84 Rdnrn. 35 ff.).

Im internen deutschen Zivilrecht ist in diesen Fällen die Rechtslage komplizierter. Ist die Kaufsache beim Käufer untergegangen oder beschädigt worden, so ist der Anspruch des Verkäufers auf Wertersatz (§ 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB) beim gesetzlichen Rücktrittsrechts wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache gemäß § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer diejenige Sorgfalt beobachtet hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt (§ 277 BGB). Ob die Haftungsmilderung des § 346 Abs. 2 Nr. 3 BGB auch im Rahmen eines etwaigen Schadensersatzanspruches des Verkäufers aus § 346 Abs. 3 BGB anzuwenden ist, ist derzeit sehr umstritten und noch nicht geklärt (bejahend etwa Grüneberg, in: Palandt, § 346 Rdnr. 18 m.w.N.). Jedenfalls könnte der Käufer bereits für den Untergang/die Verschlechterung der Kaufsache vor Erklärung des Rücktritts, also seit Empfang der Leistung, haften, weil die Pflicht zur sorgfältigen Behandlung der Kaufsache bereits im Vertragsverhältnis angelegt ist (vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 346 Rdnr. 15,16). Dies wird indes für das gesetzliche Rücktrittsrecht nach allgemeiner Ansicht erst für den Zeitpunkt bejaht, in dem die Partei weiß oder wissen muss, dass die Rücktrittsvoraussetzungen vorliegen, also etwa, dass die Sache mangelhaft ist (Schulze, in: Handkommentar zum BGB, § 346 Rdnr. 18).. Ist die Kaufsache dagegen vom Käufer verbraucht oder veräußert worden, so haftet er auf Wertersatz gemäß § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Ob die Haftungsmilderung des § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB auf den Fall des § 346 Abs. 2 Nr. 2 BGB analog anzuwenden ist, ist noch ungeklärt und umstritten. Eine systematische und wortlautorientierte Auslegung ergibt ("Auflistungstechnik des § 346 Abs. 2, 3 (Kaiser) jedenfalls, dass § 346 Abs. 3 Nr. 3 BGB im Falle des Verbrauchs und der Veräußerung nicht direkt eingreift. Bei Verbrauch und Veräußerung kommt wiederum ebenfalls ein Schadensersatzanspruch aus §§ 346 Abs. 4 i.V.m. §§ 280 ff. BGB in Betracht, der aus den oben genannten Gründen erst eingreift, wenn der Käufer im Zeitpunkt der Veräußerung/des Verbrauchs weiß oder wissen musste, dass die Sache mangelhaft ist.

Außer Wertersatz- und Schadensersatzansprüchen kann dem Verkäufer im Falle der Veräußerung oder der Zerstörung der Sache auch gemäß § 285 BGB ein Anspruch auf Herausgabe des Surrogates des Kaufgegenstandes zustehen, dessen Rückgewähr dem Käufer unmöglich geworden ist, was für den Verkäufer insbesondere dann interessant ist, wenn das Surrogat wertvoller als der zurück zugewährende Gegenstand ist (vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 346 Rdnr. 20). Im Falle der Weiterveräußerung etwa wäre das Surrogat der vom Käufer bei der Weiterveräußerung erzielte Kaufpreis, da § 281 BGB auch auf das commodum ex negatione anwendbar ist (BGH NJW 1983, 929, 930). Dabei wird es wie im alten Recht auch gleichgültig sein, ob die Unmöglichkeit der Herausgabe bereits vor oder nach der Erklärung des Rücktritts eingetreten ist, obwohl der Rückgabeanspruch erst durch die Rücktrittserklärung entsteht (so zum alten Recht ausdrücklich MüKo/Emmerich, 4.Aufl.2001, § 281 Rdnr. 5, während der BGH in NJW 1983, 929, 930 dies nur für das vertragliche Rücktrittsrecht entschieden hat).

Diese insgesamt als unübersichtlich zu bewertende Regelung im BGB macht deutlich, dass das CISG im Hinblick auf den Nutzungsersatz bei Vertragsaufhebung der Regelung des BGB weit überlegen ist.

Eine Regelung des Verwendungsersatzes fehlt im CISG. Allerdings ist man sich weitgehend einig, dass man aus dem in Art. 84 CISG zum Ausdruck kommenden Gedanken des Vorteilsausgleichs entnehmen kann, dass der Käufer zwar die Gebrauchsvorteile herausgeben muss, andererseits der Verkäufer auch nicht durch ihm nun zufließende Verbesserungen des Kaufgegenstandes bereichert werden soll. Daher wird angenommen, dass die werterhaltenden oder wertsteigernden Verwendungen vom Nutzungsherausgabeanspruch abzuziehen sind, so dass der Verkäufer insoweit nur einen Anspruch auf Ersatz der Nettovorteile hat (Hornung/Fountoulakis, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 84 Rdnr. 27).

Schwieriger zu beantworten ist die Frage, was zu gelten hat, wenn der Käufer zwar Aufwendungen auf die Sache vorgenommen hat, der Verkäufer aber keinen Anspruch auf Nutzungsersatz gegen ihn hat, von dem die Kosten für die Verwendungen abgezogen werden könnten. Hier wird vorgeschlagen, den Erhaltungsaufwand analog Artt. 85 ff. CISG zu ersetzen und den Verbesserungsaufwand über den ohnehin gegebenen Schadensersatzanspruch aus Art. 45 Abs. 1 b CISG zu ersetzen (Herber/Czerwenka, Art. 84 Rdnr. 8). Weitgehend ungeklärt ist noch, ob und inwieweit bei Anwendung des CISG die Kriterien, die z.B. das deutsche interne Zivilrecht zum Schutz des Verkäufers vor aufgedrängter Bereicherung kennt, (vgl. §§ 347 S. 2 bzw. 347 S. 3, 812 ff. BGB: nur "notwendige Verwendungen" bzw. die Schutzmechanismen des Bereicherungsrechts zum Schutz vor aufgedrängter Bereicherung), in die Ermittlung des erstattungsfähigen Verwendungsersatzes einfließen können (Hornung/Fountoulakis, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 84 Rdnr. 28). Dies alles zeigt, dass die Lückenhaftigkeit des CISG im Hinblick auf den Verwendungsersatz unbefriedigend ist, so dass die Regelung des BGB der Regelung des CISG insoweit überlegen ist.

Nach Art. 82 Abs. 1 CISG geht - wie wir wissen - das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, grundsätzlich unter, wenn es dem Käufer unmöglich ist, die Ware im Wesentlichen in dem Zustand zurückzugeben, in dem er sie erhalten hat. Des Weiteren schuldet der Käufer dem Verkäufer gemäß Art. 84 Abs. 2 b CISG den Gegenwert für alle Vorteile, die er aus dem Verbrauch oder Veräußerung des Kaufgegenstandes gezogen hat. Was aber geschieht, wenn der Kaufgegenstand nach der Erklärung der Aufhebung zerstört oder beschädigt wird und der Käufer daraus keinen vermögenswerten Vorteil im Sinne des Art. 84 Abs. 2 b CISG zieht? Nach dem Wortlaut der genannten Bestimmungen müsste der Verkäufer dann leer ausgehen. Ein nachträglicher Wegfall der bereits erklärten Vertragsaufhebung kommt wegen der Gestaltungswirkung der Aufhebungserklärung nicht in Betracht. Daher wird vorgeschlagen, dem Verkäufer für diesen Fall einen Schadensersatzanspruch gem.Art. 74 CISG zuzugestehen. (Hornung/Fountoulakis, a.a.O., Art. 82 Rdnr. 27).

Das Minderungsrecht gemäß Art. 50 CISG

Beim Minderungsrecht nach Art. 50 CISG sind folgende Punkte zu prüfen:

  • Abschluss eines Kaufvertrages
  • Minderungserklärung (umstritten)
  • Vertragswidrigkeit der Ware
  • Rüge der Vertragswidrigkeit nach Art. 39 CISG
  • kein der Minderung entgegenstehendes Recht des Verkäufers zur Mangelbehebung gemäß Art. 37 oder Art. 48 CISG (Art. 50 S. 2 CISG)

Das Minderungsrecht greift im Vergleich zum Aufhebungsrecht und dem Anspruch auf Ersatzlieferung bereits verhältnismäßig schnell ein. Es erfordert keine wesentliche Vertragsverletzung, sondern lediglich, dass die Ware vertragswidrig ist. Dies ist, wie wir wissen, sowohl bei der Lieferung einer mangelhaften Sache als auch bei der Falschlieferung der Fall. Das entspricht insoweit der Rechtslage bei der Minderung im BGB, die ebenfalls sowohl bei Vorliegen eines Sachmangels als auch bei Vorliegen eines dem Mangel gleichgestellten aliuds (§ 434 Abs. 3 BGB) eingreift. Dennoch steht auch das Minderungsrecht unter dem Vorbehalt des Vorranges des Rechts des Verkäufers zur Mangelbeseitigung, wie man Art. 50 S. 2 CISG entnehmen kann. Dies hat folgende Konsequenz: Erklärt der Käufer sofort mit Erhebung der Mängelrüge die Minderung, so ist die Minderungserklärung unwirksam und bleibt es auch, wenn der Verkäufer nachträglich innerhalb der Fristen der Art. 37, 48 Abs. 1 CISG Mängelbeseitigung anbietet oder gemäß Art. 48 Abs. 2, 3 CISG ein befristetes, auf Mängelbeseitigung gerichtetes Angebot abgibt, welches mangels Käuferwiderspruchs wirksam wird (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Einheitliches UN-Kaufrecht, Art. 50 Rdnr. 7). Im Ergebnis stimmen CISG und BGB in dem hierin zum Ausdruck kommenden Grundsatz des Vorranges der (Nach)Erfüllung überein, der auch die Minderung gemäß §§ 437 Nr. 2, 441 BGB erfasst. Die Minderung nach Art. 50 CISG unterscheidet sich jedoch von der Minderung nach §§ 437 Nr. 2, 440, 441 BGB in einem Punkt erheblich: Die Minderung nach Art. 50 CISG erfordert im Gegensatz zur Minderung nach BGB-Kaufrecht die vorherige Erhebung einer ordnungsgemäßen Rüge nach Art. 39 CISG.

Schließlich ist umstritten, ob die Minderung nach Art. 50 CISG ein Gestaltungsrecht ist und daher der Abgabe einer Minderungserklärung bedarf. Nach einer Ansicht ist dies deshalb nicht der Fall, weil in Art. 50 CISG von einer Minderungserklärung keine Rede sei. Der Käufer übe sein Recht zur Minderung einfach dadurch aus, dass er den Kaufpreis nicht zahlt oder, wenn er ihn bereits bezahlt hat, wieder zurückverlangt. Mangels Gestaltungswirkung dieser Erklärungen sei auch nicht von einer Bindung an die Minderung auszugehen (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 50 Rdrn. 5, 16 und 17). Demgegenüber geht die herrschende Meinung ohne Weiteres davon aus, dass es sich bei dem Minderungsrecht um ein Gestaltungsrecht handelt, das durch die Abgabe einer Minderungserklärung ausgeübt werde. Die Rechtsfolge der berechtigten Minderung bestehe darin, dass der Kaufpreisanspruch in Höhe des Minderungsbetrages erlischt. Der Verkäufer kann daher nicht mehr den vollen Kaufpreis verlangen, der Käufer muss ihn nicht bezahlen (Staudinger/Magnus, Art. 50 Rdnrn.15 und 24; Reinhardt, Art. 50 Rdnr. 2; Herber/Czerwenka, Art. 50 Rdnr. 4). Demgegenüber ist die Rechtslage im BGB-Kaufrecht eindeutig: § 441 BGB ist als Gestaltungsrecht ausgestaltet, so dass die Minderung nicht kraft Gesetzes, sondern erst nach Zugang der Minderungserklärung des Käufers beim Verkäufer wirksam wird.

Rechtsfolge der berechtigten Minderung nach Art. 50 CISG ist nach ganz herrschender Meinung, dass der Käufer vom Kaufpreisanspruch in Höhe des Minderungsbetrages befreit wird. Hat er bereits gezahlt, dann erwirbt der Käufer einen Rückzahlungsanspruch in Höhe des Minderungsbetrages. Es ist allerdings umstritten, auf welcher Rechtsgrundlage dieser Rückzahlungsanspruch beruht. Nach einer Ansicht ergibt sich der Rückzahlungsanspruch unmittelbar aus Art. 50 CISG selbst. Andere wollen ihn auf eine analoge Anwendung des Art. 81 Abs. 2 CISG stützen, der die Verpflichtung der Parteien zur Rückgewähr des bereits Geleisteten bei der Vertragsaufhebung regelt (Staudinger/Magnus, Art. 50 Rdnr. 25 mwN; Lorenz, Jus 1993, 727, 729 Fußnote 32). Hinsichtlich der Rechtsfolgen stimmt die Minderung nach §§ 437 Nr. 2, 440, 441 BGB mit der Minderung nach Art. 50 CISG überein. Das BGB-Minderungsrecht hat allerdings - ebenso wie bei der Frage der Rechtsnatur - gegenüber Art. 50 CISG den Vorteil, dass auf Grund einer ausdrücklich geregelten Anspruchsgrundlage (§ 441 BGB i.V.m. §§ 346 f. BGB) kein Zweifel über die Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Rückgewähr des überzahlten Betrages bestehen kann.

Der Minderungsbetrag berechnet sich ähnlich wie nach § 441 Abs. 3 BGB. Es gilt demnach die uns bereits bekannte Minderungsformel:

Minderung.gif (1866 Byte)

Anders als bei der Minderung nach § 441 BGB ist bei Art. 50 CISG bei der Berechnung des Minderungspreises auf den Zeitpunkt der Lieferung abzustellen. Bei § 441 Abs. 3 BGB ist dagegen auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Lieferung erleichtert die Berechnung des Minderungspreises erheblich, da die Werte zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses nachträglich schwieriger zu ermitteln sind (Staudinger/Magnus, Art. 50 Rdnr. 21). Das BGB will dieses Problem dadurch abmildern, dass es, soweit erforderlich, Schätzung zulässt (§ 441 Abs. 3 S. 2 BGB).

Vergleicht man die Regelung der Minderung im BGB und im CISG global miteinander, so ist festzustellen, dass die beiden Regelungen nur im Detail voneinander abweichen. Dabei ist das Minderungsrecht nach Art. 50 CISG in puncto Berechnung des Minderungsbetrages praxisfreundlicher und für die Parteien leichter zu handhaben, weil das Abstellen auf den Zeitpunkt der Lieferung bei der Ermittlung des Verhältnisses des Wertes der mangelfreien und der mangelhaften Sache die Berechnung des Minderungspreises erheblich erleichtert. Demgegenüber zeichnet sich § 441 BGB durch eine größere Klarheit der Regelung bezüglich der Rechtsnatur als Gestaltungsrecht und der Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Rückgewähr des infolge Minderung überzahlten Betrages aus. Im Übrigen ist aus Käufersicht Art. 50 CISG gegenüber § 441 BGB nachteiliger: Während Art. 50 CISG den Käufer auch beim Privatkauf mit dem Erfordernis der ordnungsgemäßen Rüge nach Art. 39 CISG belastet, ist § 441 BGB von einem Rügeerfordernis frei.

Der Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 Abs. 1 b CISG

Der Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 Abs. 1 b CISG kann bejaht werden, wenn

  • eine Vertragsverletzung des Verkäufers vorliegt,
  • die Vertragsverletzung zu einem ersatzfähigen Verlust gemäß Art. 74 CISG geführt hat und
  • sich der Verkäufer nicht von seiner Ersatzpflicht nach Artt. 79, 80 CISG befreien kann
  • dem Schadensersatzverlangen kein Recht des Verkäufers zur Mangelbehebung gemäß Art. 48 CISG entgegensteht und dieses nicht ohne Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 49 CISG zur Vertragsrückabwicklung führt

Vertragsverletzung: Wie wir bereits gesehen haben, versteht man unter "Vertragsverletzung" jede Form der Nichterfüllung einer Vertragspflicht (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 74 Rdnr. 11 f.). Die Nichterfüllung kann auf der Lieferung einer sach- oder rechtsmängelbehafteten Sache, auf der Lieferung eines aliuds, auf der nicht rechtzeitigen Erfüllung, auf der Unmöglichkeit der Erfüllung oder auf der Verletzung einer sonstigen Vertragspflicht bestehen. Diese Umstände können auch nach dem BGB-Kaufrecht einen Schadensersatzanspruch des Verkäufers begründen. Allerdings ist hier an eine Vielzahl verschiedener Anspruchsgrundlagen zu denken: §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. 286, Abs. 3 i.V.m. 281 bzw. 282 bzw. 283, 311a Abs. 2 BGB. Damit sticht bereits ein Vorteil des Leistungsstörungsrechts des CISG gegenüber dem BGB-Kaufrecht ins Auge, der allerdings durch die Schuldrechtsreform erheblich verringert wurde: Anders als im BGB gibt es nicht mehrere verschiedene Anspruchsgrundlagen für Schadensersatz; vielmehr beschränkt sich das CISG insoweit auf eine einzige Vorschrift! Lediglich die c.i.c. wird nicht von Art. 45 Abs. 1 b CISG erfasst. Sie ist, wie wir bereits gesagt haben, im CISG bewusst überhaupt nicht geregelt (Stoll/Gruber, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4.Aufl.2004, Art. 74 Rdnr. 11).

Gegenüber den vorgenannten Schadensersatzansprüchen im Leistungsstörungsrecht des BGB fällt auf, dass Art. 45 Abs. 1 b CISG als verschuldensunabhängige Garantiehaftung ausgestaltet ist, während die Schadensersatzansprüche des BGB als Haftung für vermutetes Verschulden konzipiert sind, so dass der Verkäufer sich durch den Beweis des Nichtvertretenmüssens von der Haftung befreien kann (vgl. § 280 Abs. 1 S. 2, 286 Abs. 4, 311a Abs. 2 S. 3 BGB). Allerdings zeigt die Befreiungsmöglichkeit nach Artt. 79, 80 CISG eine dem § 280 Abs. 1 S. 2 BGB vergleichbare Interessenbewertung. Ferner könnte man bei unbefangener Lektüre des Art. 45 Abs. 1 b CISG meinen, dass das CISG "schadensersatzfreundlicher" ausgestaltet ist als das generell dem Prinzip des Vorranges der Nacherfüllung unterliegende BGB-Kaufrecht (Ausnahmen: 280 Abs. 1, 281 Abs. 2, 282, 283, 311a Abs. 2, 440 BGB), das, soweit das Sinn macht, den Schadensersatzanspruch an den fruchtlosen Ablauf einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung knüpft (Ausnahmen: 280 Abs. 1, 281 Abs. 2, 282, 283, 311a Abs. 2, 440 BGB). Dieser erste Eindruck täuscht indes. Der Verkäufer kann nämlich ebenso wie bei der Minderung das Schadensersatzbegehren abwenden, wenn er von seinem Mangelhebungsrecht aus Art. 48 CISG Gebrauch macht. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann der Käufer auch beim Vorliegen einer einfachen, nicht wesentlichen Vertragsverletzung aus Art. 45 Abs. 1 b CISG den kleinen Schadensersatz ersetzt verlangen, also die Sache behalten und den mangelbedingten Minderwert nebst Folgeschäden liquidieren (vgl. Stoll/Gruber, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4.Aufl.2004, Art. 74 Rdnr. 5). Ferner darf das Schadensersatzverlangen nicht dazu führen, dass die Wertungen des Art. 49 CISG unterlaufen werden, wonach Vertragsaufhebung "ultima ratio" ist. Dies wäre aber der Fall, wenn der Käufer trotz des Nichtvorliegens der Rücktrittsvoraussetzungen des Art. 49 CISG unter den erheblichen niedrigeren Anforderungen des Art. 45 Abs. 1 b CISG "großen Schadensersatz" (Rückgabe der Kaufsache gegen Ersatz des gesamten Nichterfüllungsschadens) verlangen könnte. Daher ist Art. 45 Abs. 1 b CISG in systematischer Auslegung so zu verstehen, dass man aus ihm einen Anspruch auf "großen Schadensersatz" nur ableiten kann, wenn zugleich die Voraussetzungen des Art. 49 CISG erfüllt sind und der Käufer mit dem Schadensersatzverlangen konkludent (und rechtzeitig: vgl. Art. 49 Abs. 2 CISG) den Rücktritt erklärt hat (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 45, Rdnr. 27). Damit ist das CISG bei näherer Betrachtung keineswegs schadensersatzfreundlicher als das BGB-Kaufrecht. Es gewährt lediglich dann im Hinblick auf den Vorrang der Nacherfüllung voraussetzungslos Schadensersatz, wenn der Schaden durch Nacherfüllung nicht mehr beseitigt werden kann (z.B. Verzögerungsschaden) oder wenn der Schaden, das Integritätsinteresse des Käufers betrifft, also "einfacher Schadensersatz" ist. Dies entspricht im Ergebnis der Regelung des BGB (vgl. § 280 Abs. 1, ggf. i.V.m. Abs. 2, 286 bzw. Abs. 3, 281 Abs. 1 und 2 BGB, 282, 283 BGB).

Befreiung des Schuldners von der Verpflichtung zum Schadensersatz nach Artt. 79, 80 CISG: Der Schuldner wird von der Verpflichtung zum Schadensersatz frei, wenn er beweist, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb seines Einflussbereiches liegenden Hinderungsgrund beruht und dass von ihm vernünftigerweise nicht erwartet werden konnte, den Hinderungsgrund in Betracht zu ziehen oder den Hinderungsgrund oder seine Folgen zu vermeiden oder zu überwinden (Art. 79 Abs. 1 CISG). Gleiches gilt, wenn sich der Schuldner zur Erfüllung eines "Erfüllungsgehilfen" bedient und sowohl der Schuldner als auch der Dritte die Voraussetzungen des Art. 79 Abs. 1 CISG erfüllen (Art. 79 Abs. 2 CISG).

Die vorgestellten Vorschriften machen deutlich, dass das CISG bei der Vertragshaftung anders als das BGB-Leistungsstörungsrecht grundsätzlich vom Garantieprinzip und nicht vom Verschuldensprinzip ausgeht. Dem Vorbild des englischen und amerikanischen Rechts weitgehend folgend, haben die Parteien dafür einzustehen, dass das gegebene Vertragsversprechen eingehalten wird. Mangelndes Verschulden befreit sie nicht von der Haftung. Befreien kann den Schuldner nur der Nachweis, dass die Nichterfüllung auf einem Umstand beruht, der seinem Einfluss entzogen ist. Damit erhebt das CISG die mangelnde Beherrschbarkeit des Risikos zum Entlastungsprinzip (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 79 Rdnr.10 ff. ). Trotz der verschiedenen Ausgangspunkte knüpft auch Art. 79 CISG an subjektive Elemente an, indem er auf die mangelnde Erkennbarkeit und Vermeidbarkeit des Hinderungsgrundes abstellt (Schwenzer, aaO., Art. 79 Rdnr. 13, 14).

Nach Art. 80 CISG kann sich der Käufer nicht auf die Nichterfüllung von Pflichten durch den Verkäufer berufen, soweit diese Nichterfüllung durch seine Handlung oder Unterlassung verursacht wurde. Art. 80 CISG geht damit über Art. 79 CISG hinaus und befreit den Verkäufer nicht nur von der Schadensersatzhaftung, sondern verwehrt dem Käufer alle Rechtsbehelfe. Wegen dieser einschneidenden Rechtsfolge geht die wohl überwiegende Ansicht davon aus, dass Art. 80 CISG nicht auf den Fall der beiderseitigen Verursachung der Nichterfüllung anwendbar ist. Demnach setzt Art. 80 CISG voraus, dass die Nichterfüllung alleine kausal und zurechenbar durch den Käufer verursacht worden ist (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 80 Rdnrn. 2 ff.).

Der Verlust gemäß Art. 74 CISG

Der Schadensersatzanspruch des Art. 45 Abs. 1 b CISG setzt einen ersatzfähigen Schaden voraus. Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruches werden durch Art. 74 CISG geregelt. Nach Art. 74 Satz 1 CISG ist der infolge der Vertragsverletzung entstandene Verlust einschließlich des entgangenen Gewinns zu ersetzen. Damit ist der gesamte kausal durch die Vertragsverletzung herbeigeführte Verlust gemeint, ohne dass es dabei auf die im kauf- und werkvertraglichen Gewährleistungsrecht des BGB so wichtige Abgrenzung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Schaden ankäme (Reinhart, UN-Kaufrecht, Art. 74 Rdnr. 2). Art. 74 Satz 1 CISG basiert auf dem Grundsatz der Totalreparation und erfasst daher bei der Lieferung einer mangelhaften Sache auch die sogenannten Mangelfolgeschäden, die infolge des Mangels des Kaufgegenstandes an einem anderen Rechtsgut des Käufers auftreten.

Auch im BGB-Kaufrecht werden Mangelfolgeschäden nach §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 bzw. nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 bzw. 283 BGB ersetzt, wobei lediglich darüber diskutiert wird, ob Mangelfolgeschäden unter § 280 Abs. 1 bzw. §§ 280 Abs. 1 und 3 i.V.m. §§ 281 ff. BGB fallen.

Der Schaden wird nach Art. 74 Satz 1 CISG in Geld geleistet und ist demnach nicht wie grundsätzlich nach § 249 BGB in Natur zu ersetzen (vgl. Herber/Czerwenka, Art. 74 Rdnr. 4). Dies ist jedoch nur auf den ersten Blick ein Unterschied zwischen CISG und BGB. Für die für das kaufvertragliche Leistungsstörungsrecht relevanten Ansprüche auf Schadensersatz "statt der Leistung" (§§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 ff. BGB) ist nämlich mit der bisher zum alten Recht herrschenden Meinung davon auszugehen, dass auch sie in Abweichung von § 249 BGB grundsätzlich nur auf Geldersatz gerichtet seien. Dies ergibt sich daraus, dass ein auf Naturalrestitution gerichteter Schadensersatzanspruch im Ergebnis nur zu der bei einem Vorgehen nach §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 ff. BGB gar nicht mehr geschuldeten Erfüllung führe. Bei den Ansprüchen aus §§ 281 ff. BGB tritt aber ein Schadensersatzanspruch in Geld an die Stelle des primären Erfüllungsanspruchs ("Schadensersatz statt der Leistung"). Nacherfüllung kann indes lediglich im Rahmen des §§ 437 Nr. 1, 439 BGB verlangt werden (vgl. die kritische Darstellung zum alten Recht bei MüKo/Emmerich, § 280 Rdnr. 11 f.; RGZ 127, 245, 248).

Der nach Art. 74 Satz 1 CISG grundsätzlich erstattungsfähige Verlust wird durch die Vorhersehbarkeitsregel des Art. 74 Satz 2 CISG begrenzt. Nach Art. 74 Satz 2 CISG wird nur derjenige Verlust erstattet, den die vertragsbrüchige Partei bei Vertragsschluss als mögliche Folge der Vertragsverletzung vorausgesehen hat oder unter Berücksichtigung der Umstände, die sie kannte oder kennen musste, hätte voraussehen müssen. Bei Anwendung dieser Regel auf die verschiedenen Schadensarten ergibt sich, dass der Nichterfüllungsschaden grundsätzlich vorhersehbar ist, da die Höhe dieses Schadens in der Regel von Faktoren abhängt (z.B. Marktverhältnisse), die der Schuldner kennt oder kennen muss. Daher wird Art. 74 Satz 2 CISG namentlich bei den sogenannten Folgeschäden relevant. Dies sind vor allem die sogenannten Haftungsschäden (Haftung des Gläubigers infolge der Nichterfüllung), der entgangene Gewinn sowie die Mangelfolgeschäden. Die Anwendung des Art. 74 Satz 2 CISG auf den entgangenen Gewinn ergibt, dass dieser nur erstattet wird, wenn der Schuldner mit einer Weiterveräußerung der Ware rechnen musste. Dies wird beim Kaufmann stets - widerlegbar - vermutet. Gleiches gilt für die Haftungsschäden. Auch hier muss der Käufer schon beim Abschluss des Kaufvertrages damit rechnen, dass sich der Verkäufer gegenüber Abnehmern haftbar macht, wenn er dem Verkäufer gegenüber vertragswidrig leistet (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 74 Rdnr. 55 ff.). Eine solche Begrenzung bei Haftungsschäden und entgangenem Gewinn, die in der Praxis eine große Rolle spielen, kennt das interne deutsche Kaufrecht nicht. Insbesondere daher wird die Haftung des Verkäufers nach dem BGB als gegenüber dem CISG "härter" eingestuft (Mitschke, BB 1997, 1494, 1497).

Demgegenüber sind die Mangelfolgeschäden wiederum grundsätzlich vorhersehbar. Art. 74 Satz 2 CISG schließt hier lediglich die Haftung für solche Schäden aus, die auf atypischen Kausalverläufen beruhen (Schwenzer, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 74 Rdnr. 57). Damit bleibt es hinsichtlich der Mangelfolgeschäden bei dem bereits Gesagten: Sie werden im CISG grundsätzlich einheitlich nach Art. 45 Abs. 1 b CISG ersetzt.

Die Haftungsbeschränkung des Art. 74 Satz 2 CISG ist den auf Nichterfüllung gerichteten Schadensersatzansprüchen des BGB fremd (Coester-Waltjen, Jura 1997, 637,639). Bei näherer Betrachtung erfüllt sie jedoch eine ähnliche Funktion wie die Adäquanztheorie und die Zurechnungslehre (Schutzzwecklehre) des internen deutschen Zivilrechts.

Kombinationen

Nach Art. 45 Abs. 2 CISG kann der Verkäufer den Schadensersatzanspruch ebenso wie im BGB-Kaufrecht (vgl. § 325 BGB) mit den übrigen bereits vorgestellten Rechtsbehelfen des CISG kombinieren. Die verschiedenen dabei denkbaren Kombinationsmöglichkeiten wollen wir nun im Einzelnen näher betrachten:

Geltendmachung von Schadensersatz neben dem Erfüllungs- (Art. 46 Abs. 1 CISG), dem Ersatzlieferungs- (Art. 46 Abs. 2 CISG) oder dem Nachbesserungsanspruch (Art. 46 Abs. 3 CISG): Macht der Käufer einen der genannten Erfüllungsansprüche geltend, dann kann er mit dem Schadensersatzanspruch gemäß Art. 45 Abs. 1 b CISG die durch Erfüllung nicht mehr behebbaren Schäden ersetzt bekommen. Als solche kommen etwa Mangelfolgeschäden an sonstigen Rechtsgütern des Käufers oder Verzögerungsschäden in Betracht.

Geltendmachung von Schadensersatz neben dem Recht auf Aufhebung des Vertrages: Die Erklärung der Vertragsaufhebung gestaltet den Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis um: Die beiderseitigen Hauptleistungspflichten erlöschen (Art. 81 Abs. 1 Satz 1 CISG), die bereits erbrachten Leistungen sind zurückzugewähren (Art. 81 Abs. 2 CISG) und die aus der bereits erbrachten Leistung gezogenen vermögenswerten Vorteile sind auszugleichen (Art. 84 CISG). Darüber hinaus gehende Schäden (z.B. Verzögerungsschäden, Schäden an sonstigen Rechtsgütern) können dann gemäß Art. 45 Abs. 1 b CISG zurückerstattet werden. Damit zieht das CISG die Konsequenzen daraus, dass der Schadensersatzanspruch nach Art. 45 Abs. 1 b CISG - anders als der "Schadensersatz statt der Leistung" im BGB - nicht auch die Liquidierung der beiderseitigen Leistungspflichten mitumfasst (Stoll/Gruber, in: Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 4.Aufl.2004, Art. 74 Rdnr. 3). Dies bedeutet nämlich, dass der Käufer alleine auf Grund der Anspruchsgrundlage des Art. 45 Abs. 1 b CISG keinen "großen Schadensersatz" verlangen kann, so wie er uns im Rahmen der §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 ff. BGB bekannt ist. Will der Käufer dies erreichen, muss er eben die Aufhebung des Vertrages erklären und daneben Schadensersatz verlangen. Ein solches Vorgehen ist ihm natürlich auch im deutschen Recht gemäß § 325 BGB ermöglicht, das seit der Schuldrechtsreform kein Koppelungsverbot von Rücktritt und Schadensersatz statt der Leistung mehr kennt. Allerdings führt die gemäß § 325 BGB auch neben dem Schadensersatzverlangen zulässige Rücktrittserklärung dazu, dass der Käufer auf den "großen Schadensersatz" beschränkt bleibt. Ein Übergehen auf den kleinen Schadensersatzanspruch ist nach Erklärung des Rücktritts nicht mehr möglich. Letztendlich handelt es sich dabei jedoch nur um verschiedene konstruktive Vorgehensweisen, die am praktischen Ergebnis nichts ändern: Der Käufer steht weitgehend gleich, wenn er nach Artt. 45 Abs. 1 b, 45 Abs. 2, 49 Abs. 1 CISG die Vertragsaufhebung erklärt und zugleich Schadensersatz verlangt oder wenn er "Schadensersatz statt der Leistung" gemäß §§ 437 Nr. 3, 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 ff. BGB nach der Surrogationsmethode bzw. auf der Basis des "großen Schadensersatzes" verlangt oder wenn er zusätzlich zu dem Verlangen auch noch zurücktritt. Daneben kann der Käufer sich natürlich auch bei Geltung des CISG auf die Geltendmachung des (kleinen) Schadensersatzanspruches nach Art. 45 Abs. 1 b CISG beschränken und die Kaufsache behalten. Auch im CISG hat der Käufer demnach im Ergebnis die Wahl zwischen dem "kleinen" und dem "großen Schadensersatzanspruch".

Geltendmachung von Schadensersatz neben der Minderung: Praktisch wenig relevant, aber rechtlich (sowohl nach CISG wie BGB) möglich, ist die Kombination von Minderung und Schadensersatz, da die Geltendmachung des Schadensersatzes alleine zum gleichen Ergebnis führt.

Das Recht zur zweiten Andienung (Art. 48 CISG)

Gemäß Art. 48 Abs. 1 CISG kann der Verkäufer einen Mangel in der Erfüllung seiner Pflichten auch nach dem Liefertermin auf eigene Kosten beheben, wenn dies keine unzumutbare Verzögerung nach sich zieht und dem Käufer weder unzumutbare Unannehmlichkeiten noch Ungewissheit über die Erstattung seiner Auslagen durch den Verkäufer verursacht. Dies gilt aber nur "vorbehaltlich des Art. 49".

Dieses in Art. 48 Abs. 1 CISG geregelte "Recht zur zweiten Andienung" ("seller´s right to cure"), das durch den Grundsatz des Vorranges der Nacherfüllung auch de facto im BGB gilt, baut auf dem im BGB noch ein wenig konsequenter durchgehaltenen Gedanken des Vorranges der Aufrechterhaltung des Vertrages vor dessen Abwicklung auf Sekundärleistungsebene auf. Größte praktische Bedeutung hat es bei Sach- und Rechtsmängeln. Bei nicht rechtzeitiger Vertragserfüllung ist es regelmäßig uninteressant, da hier bereits aus Art. 49 Abs. 1 b CISG folgt, dass der Verkäufer nacherfüllen kann, solange die Verzögerung keine "wesentliche Vertragsverletzung" darstellt (dann Art. 49 Abs. 1 a CISG) und eine vom Käufer gemäß Art. 47 Abs. 1 CISG gesetzte Nachfrist noch nicht fruchtlos abgelaufen ist (dann Art. 49 Abs. 1 b CISG). Der "Vorbehalt des Art. 49" wird von der herrschenden Meinung (auch international) so verstanden, dass das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers nicht besteht, wenn seine mangelhafte Erfüllung bereits eine "wesentliche Vertragsverletzung" darstellt. Dann hat der Verkäufer das Recht, die Aufhebung des Vertrages zu verlangen (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 48 Rdnr. 14 ff.). Allerdings wird das nur in Ausnahmefällen, wie etwa dem Vorliegen eines Fixgeschäfts oder im Falle betrügerischen Verhaltens des Verkäufers im Zusammenhang mit der Leistung angenommen (Müller-Chen, aaO, Art. 48 Rdnr. 15), also in Fällen in denen auch nach BGB-Kaufrecht der Vorrang der Nacherfüllung durchbrochen ist (vgl. § 323 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BGB). Dennoch ist auf Grund der klaren und abschließenden Regelung der Fälle in § 323 Abs. 2 BGB, in denen das Prinzip des Vorranges der Nacherfüllung nur durchbrochen werden darf (falls die Rspr. § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB zurückhaltend auslegen wird), der Vorrang der Vertragsdurchführung regelungstechnisch klarer herausgestellt als im CISG, bei dem alles davon abhängt, ob man den Mangel als "wesentliche Vertragsverletzung" wertet oder nicht. Im Übrigen ist der Verkäufer im Anwendungsbereich des CISG frei, zwischen den ihm geeignet erscheinenden Möglichkeiten der Mängelbeseitigung zu wählen: Er kann die Ware austauschen oder reparieren, die Beseitigung eines den Kaufgegenstand belastenden Rechts herbeiführen (Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Art. 48 Rdnr. 2). Allerdings gilt dies nur, wenn der Mangel überhaupt behebbar ist. So kann der Verkäufer z.B. beim Stückkauf nicht mit einer anderen fehlerfreien Sache nacherfüllen, da diese Sache nie geschuldet war (Müller-Chen, in: Schlechtriem, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, Art. 48 Rdnr. 5). Dieses Wahlrecht des Verkäufers unterscheidet das CISG wiederum vom BGB, das in § 439 BGB dem Käufer ein Wahlrecht hinsichtlich der verschiedenen Varianten der Nacherfüllung einräumt, das seinerseits der Verkäufer nur durch die Einrede aus § 439 Abs. 3 BGB beschränken kann. Bei "Unzumutbarkeit" ist das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers ausgeschlossen. Typische Beispiele für eine solche "Unzumutbarkeit" sind z.B. mehrfache bereits fehlgeschlagene Nachbesserungsversuche oder durch die Nacherfüllung herbeigeführte Betriebsstörungen und Produktionsunterbrechungen (Herber/Czerwenka, Internationales Kaufrecht, Art. 48 Rdnr. 3).

Zusammenfassender Vergleich des Leistungsstörungsrechts des UN-Kaufrechts mit dem Leistungsstörungsrecht des BGB-Kaufs

Die prägnanteste Gemeinsamkeit zwischen dem Leistungsstörungsrecht des CISG und dem BGB-Kaufrecht ist darin zu sehen, dass das Leistungsstörungsrecht des UN-Kaufrechts ebenso wie das Leistungsstörungsrecht des BGB-Kaufrechts auf jeweils einem einheitlichen Zentralbegriff aufbauen, die sich zwar begrifflich ein wenig voneinander unterscheiden, aber inhaltlich identisch sind (im CISG: "Nichterfüllung" bzw. synonym "Vertragsverletzung"; im BGB: "Pflichtverletzung"). Diese gemeinsame Regelungstechnik kann auch nicht verwundern, wenn man bedenkt, dass das CISG ein wesentliches Vorbild für den Gesetzgeber der Schuldrechtsreform war. Allerdings hat das BGB-Leistungsstörungsrecht ausgehend von diesem Zentralbegriff mehrere Unterkategorien der "Pflichtverletzung" geschaffen (anfängliche(s) und nachträgliche(s) Unmöglichkeit (Unvermögen): §§ 275, 283, 311a, 326 Abs. 5 BGB; Leistungsverzögerung/Verzug: 280 Abs 2, 286, 281, 323; Verletzung von Nebenpflichten: nichtleistungsbezogen (vertraglich/vorvertraglich): 280 Abs. 1 (ggf. i.V.m. § 311 Abs. 2), Abs. 3 i.V.m. 282, 324 BGB; leistungsbezogen: §§ 280 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. 281, 323 BGB; Schlechtleistung ("Nichtvertragsgemäßheit der Leistung"): §§ 281, 323 BGB (ggf. i.V.m. 437 Nr. 2, 3 BGB), 439, 441 BGB)). Diese Regelungstechnik führt zwar zu einer recht hohen Zahl verschiedener Anspruchsgrundlagen, erleichtert im Ergebnis jedoch durch eine Absenkung des Abstraktionsgrades die Rechtsanwendung, zumal der Gesetzgeber das Auffinden der einschlägigen über das BGB verstreuten Anspruchsgrundlagen (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. 286, Abs. 3 i.V.m. 281 bzw. 282 bzw. 283, 311 a Abs. 2, 346 i.V.m. § 323 bzw. 324 bzw. 326 Abs. 5 (alles ggf. i.V.m. § 437, 440), 439 BGB) durch Verweisungsvorschriften erleichtert hat (vgl. §§ 275 Abs. 4, 280 Abs. 2 und 3, 437, 634 BGB, die weitgehend nur "Merkzettelfunktion" haben). Demgegenüber verzichtet das CISG zwar auch nicht auf Unterkategorien zum Zentralbegriff der "Nichterfüllung" bzw. "Vertragsverletzung", beschränkt sich aber auf eine weniger weit gehende Differenzierung als das BGB, die ganz ohne die Kategorie der Unmöglichkeit auskommt, ("Nichtvertragsgemäßheit der Ware": Art. 46 Abs. 2 und 3, Art. 50 CISG; "Nichtlieferung" bzw. "verspätete Lieferung": Art. 49 Abs. 1 b, Abs. 2 CISG)) und fängt dies dadurch auf, dass es auf einer höheren Abstraktionsebene als das Leistungsstörungsrecht des BGB das Eingreifen bestimmter Rechtsbehelfe davon abhängig macht, ob die Vertragsverletzung "wesentlich" ist oder nicht (vgl. Coester-Waltjen, Jura 1997, 637). Trotz der höheren Zahl von Anspruchsgrundlagen hat das Leistungsstörungsrecht des BGB-Kaufs gegenüber dem Leistungsstörungsrecht des UN-Kaufrechts den Vorzug, dass es wegen des geringeren Abstraktionsgrades "benutzerfreundlicher" ist. Dies wird ferner durch die §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2, 440 BGB deutlich, die klar regeln, in welchen Fällen das Prinzip des Vorranges der Nacherfüllung durchbrochen wird, während sich dies im Anwendungsbereich des CISG nur teils durch systematische Auslegung (im Verhältnis von Art. 45 Abs. 1 b zu Art. 48 und 49 CISG), teils aus der richtigen Anwendung des Merkmales "wesentliche Vertragsverletzung" erschließt. Allerdings bewahrt auch das BGB nicht vor der Notwendigkeit, zwischen erheblichen und unerheblichen Pflichtverletzungen zu unterscheiden, weil es bei unerheblichen Pflichtverletzungen beim Vorrang der Nacherfüllung bleibt (§ 281 Abs. 1 Satz 3, § 325 Abs. 5 Satz 2 BGB).

Ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der "Benutzerfreundlichkeit" fällt zugunsten des BGB ins Gewicht, dass es seit der Schuldrechtsreform auf schwierige Abgrenzungen verzichtet, die die Anwendung des BGB erschweren. Neben der bereits angesprochenen kasuistisch vorzunehmenden Abgrenzung von "wesentlicher" und "unwesentlicher Vertragsverletzung" ist hier die schwierige Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmangel zu nennen, die im BGB wegen §§ 434, 435 BGB entbehrlich ist, im CISG indes bei der Anwendung des Art. 46 CISG insofern eine große Rolle spielt, als Art. 46 Abs. 2 und 3 CISG nur beim Sachmangel nicht aber beim Rechtsmangel zur Anwendung kommen.

Eine weitere Gemeinsamkeit von CISG und BGB ist, dass sie beide vom Vorrang der Vertragserhaltung ausgehen. Dabei geht das CISG insoweit weiter als das BGB, als es den Käufer mit einer Untersuchungs- und Rügeobliegenheit belastet, die das deutsche Zivilrecht nur für den Handelskauf vorsieht (§ 377 HGB). Demgegenüber geht das BGB-Kaufrecht wegen der regelmäßig geringeren Bedeutung der Transportkosten beim Inlandskauf in der Umsetzung des Prinzips des Vorranges der Nacherfüllung insoweit einen Schritt weiter als das CISG, als es auch den Anspruch auf Nachlieferung als primären Rechtsbehelf ausgestaltet, den der Käufer wahlweise neben dem Anspruch auf Nachbesserung geltend machen kann, während der Anspruch auf Nachlieferung in Art. 46 Abs. 2 CISG an eine "wesentliche Vertragsverletzung" gebunden und mithin nicht nur als sekundärer Rechtsbehelf, sondern als "ultima ratio" ausgestaltet ist.

Außer dem Anspruch auf Nachlieferung ist auch der Rechtsbehelf der Vertragsaufhebung im CISG (Art. 49 Abs. 1 CISG) als "ultima ratio" konzipiert. Demgegenüber ist das BGB-Kaufrecht ein wenig rücktrittsfreundlicher (§§ 437 Nr. 2, 440, 323 bzw. 326 Abs. 5 BGB). Es macht zwar auch im Regelfall des Rücktritts wegen eines behebbaren Mangels gemäß §§ 437 Nr. 2,440, 323 BGB das Rücktrittsrecht vom fruchtlosen Ablauf einer dem Verkäufer gesetzten angemessenen Frist zur Nacherfüllung abhängig und schließt den Rücktritt nach § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB bei unerheblichen Pflichtverletzungen aus, stellt damit aber immer noch geringere Hürden für den Rücktritt auf als das CISG. Dieses fordert für die Vertragsaufhebung nämlich nicht nur einen Mangel der Kaufsache, sondern darüber hinaus, dass dieser Mangel als "wesentliche Vertragsverletzung" gewertet werden kann, was nur der Fall ist, wenn er objektiv so schwerwiegend ist, dass dies die Vertragsaufhebung rechtfertigt. Dies wird nur bejaht, wenn dem Käufer eine anderweitige Verwertung der Kaufsache im gewöhnlichen Geschäftsverkehr, wenn auch mit einem Preisabschlag, ohne unverhältnismäßigen Aufwand nicht zugemutet werden kann. Hinzu kommt, dass das Rücktrittsrecht des CISG - wie alle Rechtsbehelfe im CISG - die Beachtung der dem BGB-Kaufrecht unbekannten Rügeobliegenheit gemäß Art. 39 CISG erfordert.

Ähnlich sind hingegen die Rechtsbehelfe Schadensersatzanspruch (Art. 45 Abs. 1 b CISG; §§ 437 Nr. 3, 440, 280 ff. bzw. 311 a Abs. 2 BGB) und Minderung (Art. 50 CISG; §§ 437 Nr. 2, 441 BGB) konzipiert. Sowohl im CISG (vgl. Art. 48 CISG, Art. 50 S. 2 CISG) als auch im BGB stehen die Minderung und der kleine Schadensersatz grundsätzlich unter dem Vorbehalt des Vorranges der Nacherfüllung. Lediglich die Geltendmachung des großen Schadensersatzes ist im CISG wegen der ultima-ratio-Funktion der Vertragsaufhebung (siehe oben) gegenüber der Regelung im BGB geringfügig erschwert, da das BGB nach Ablauf einer angemessenen Nacherfüllungsfrist grundsätzlich bei jedem Sachmangel großen Schadensersatz ("statt der Leistung") gewährt und den Schadensersatzanspruch nur bei unerheblicher Pflichtverletzung ausschließt (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB), während das CISG einen Mangel verlangt, der objektiv so schwerwiegend ist, dass er eine Vertragsaufhebung rechtfertigt ("wesentliche Vertragsverletzung").

Alles in allem kann man abschließend festhalten, dass das Leistungsstörungsrecht im CISG und BGB-Kaufrecht einer ähnlichen Regelungstechnik unterworfen sind und vergleichbaren Wertungen ("Vorrang der Vertragserfüllung") folgen und sich lediglich in der Ausgestaltung im Detail voneinander unterscheiden. Die markantesten Unterschiede liegen in der höheren Abstraktion und der geringeren Regelungsdichte des CISG sowie in seiner Konzeption der Vertragsaufhebung als "ultima ratio".

Zuletzt geändert: Freitag, 3. Juni 2011, 16:33