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Das Seminar wird über die Plattform Teams in digitaler Form angeboten. Allerdings sind zwei Präsenztermine am Anfang und am Ende des Seminars vorgesehen: am 06.11.20 und 22.1.21 jeweils von 16 bis 18 Uhr in Geb. E1 2 (R.0.13.1).
Die Anmeldung erfolgt über LSF. 
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Annie Ernaux hat insbesondere mit ihrem Werk Les Années (2008) die neue Gattung der ‚Soziographie‘ begründet. Eine Anti-Autobiographie, bei der zwar das eigene Leben als Stoff dient, aber nur als Material verwendet wird, um eine kollektive Erfahrung lebendig zu erhalten, die andere Aspekte festhält, als es die Geschichtsschreibung vermag. Die Lebenszeit einer ganzen Epoche wird festgehalten. Dabei geht die Autorin wie eine Ethnologin vor, die eine fremde Kultur beobachtet, sie macht sich zur Ethnologin ihrer selbst. Wie Proust in seinem großen Roman Auf der Suche nach der verlorenen Zeit läßt sie eine vergangene Epoche auferstehen – allerdings nicht die Epoche der eleganten Salons, sondern die Epoche der einfachen Menschen in der tiefsten Provinz eines kleinen Städtchens in der Normandie, einem Milieu aus dem sie stammt. Es geht ihr darum zu zeigen, daß dieses Milieu – und in dieser Hinsicht war der Soziologe Pierre Bourdieu für sie von großer Bedeutung – ein Recht auf eine literarische Darstellung hat. Sie will Interesse für diese Schicht und ihre Probleme zu wecken, für die sie eine eigene Sprache findet. Auch die Autoren Didier Eribon und Edouard Louis stehen in der Tradition des Soziologen Bourdieu. Eribon beruft sich in dem Vorwort seines autobiographischen Essays Retour à Reims (2009) ausdrücklich auf Annie Ernaux. Auch er lenkt den Blick auf sein Herkunftsmilieu. Der erst 26-jährige Edouard Louis hat mit seinem Erstlings­werk Pour en finir avec Eddy Belleguelle (2014) einen Welt­bestseller geschrieben, der in über dreißig Sprachen übersetzt wurde. Er schilderte darin seine unglückliche Jugend als Homosexueller in der französischen Provinz. 2014 erschien sein sprachmächtiger autobiogaphischer Roman Histoire de la violence. Es ist ein erstaunliches Phänomen deutsch-französischen Kulturtransfers, dass nach der Übersetzung der Romane ins Deutsche sehr schnell Bühnenfassungen erschienen. Thomas Ostermeier hat 2017 an der Berliner Schaubühne mit dem Autor eine Bühnenfassung von Rückkehr nach Reims entwickelt (2017), die in drei Sprachen in Deutschland, Frankreich und England gezeigt wurde. Aber auch der autobiographische Roman von Edouard Louis Im Herzen der Gewalt wurde 2018 in Paris und Berlin auf die Bühne gebracht. Das Seminar wird der neuen Gattung der Soziographie am Beispiel der Werke Ernaux‘, Eribons und Louis‘ nachgehen und das deutsch-französische Rezeptionsphänomen unter Bezugnahme auf die Übersetzungen der Romane und ihre aktuellen Bühnenfassungen in den Blick nehmen.

Selbsteinschreibung (TeilnehmerIn)
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