Sie wüssten gern etwas genauer Bescheid darüber, mit welcher Sorte von Fragen sich Philosophen und -innen im Bereich der sogenannten theoretischen Philosophie beschäftigen? Und was in den entsprechenden Teilen des Philosophiestudiums auf dem Programm stehen könnte?

Sie hätten auch gern Antworten oder wenigstens Versuche des Antwortens auf bestimmte inhaltliche Fragen, die Ihnen schon länger im Kopf herumgehen? Vielleicht sind es solche Fragen: Bin ich ab und zu frei in meinen Entscheidungen und Handlungen, oder ist das gesamte Weltgeschehen unter Einschluss der Menschen und ihrer Angelegenheiten der Notwendigkeit von Naturgesetzen unterworfen, vielleicht ein wenig abgemildert durch den Schuss Zufall, der, wie man hört, von mikrophysikalischen Wahrscheinlichkeitsphänomenen her kommen soll? Oder so etwas: Gibt es prinzipielle Erkenntnisgrenzen? Vielleicht ist im Gegenteil jede präzise genug formulierte Frage auch beantwortbar, wenn nur von den Spezialisten hinreichend viel Zeit und Mühe auf die Suche nach der Antwort verwendet wird? Oder etwas ganz anderes: Weshalb scheint es von manchen Kunstwerken mehrere gleichberechtigte Originale zu geben (so in der Künstler-Druckgrafik), von anderen nur ein einziges Original? Gibt es etwas, das als das Original einer Beethoven-Sonate anzusehen wäre, was könnte das sein? – Und so weiter, irgendwelche Fragen müssen Sie schließlich dazu gebracht haben, sich für Philosophie einzuschreiben.

Falls einiges von eben Gesagtem auf Sie zutrifft, dann gehen Sie in diese Vorlesung und stellen Sie Ihre Fragen! Das Programm wird eine Mischung sein: aus Themen, die Sie, hoffentlich, selbst mitbringen werden und auf die der Dozent spontan zu reagieren versuchen möchte; sowie aus anderem, das der Dozent Ihnen von sich aus unterbreiten möchte – der Systematik wegen, weil er es für paradigmatisch für die theoretische Philosophie hält und auch für wichtig im Hinblick auf Ihr weiteres Studium.

Zeit: Mittwoch 12-14 Uhr
Ort: Gebäude E2.5 - Hörsaal II (0.02) (Bitte beachten: Am 16.10. und am 30.10. in Hörsaal I)

Was ist Erkennntis? Wo liegen ihre Grenzen? Welche Arten der Erkenntnis gibt es? Können wir überhaupt etwas erkennen? Besitzt unsere Erkenntnis ein Fundament? Welche Rolle spielt die Wahrnehmung dabei? Ist Wissen dasselbe wie wahre, gerechtfertigte Meinung?

Das sind nur einige der wichtigsten Fragen, die im Rahmen der philosophischen Erkenntnistheorie diskutiert werden.

Die Vorlesung bietet eine Einführung in diesen grundlegenden Bereich der theoretischen Philosophie. Obwohl dabei der Schwerpunkt auf die systematischen Probleme und Fragen gelegt werden wird, sollen auch die wichtigsten historischen Positionen zur Sprache gebracht werden.

Zeit: Donnerstag 14-16 Uhr
Ort: Gebäude B3.2 - Hörsaal 0.03

Wissenschaftstheorie wird üblicherweise als eine Art Meta-Theorie betrieben, d. h. als ein theoretisches Projekt, das „danach” kommt: Zuerst sind die empirisch verfahrenden Wissenschaften und deren Theoriebildungen da, dann kommt die Reflexion über sie, besonders über die Naturwissenschaften. Gefragt wird nach der Abgrenzung wissenschaftlicher Bestrebungen gegenüber Pseudo-Wissenschaft und Nicht-Wissenschaft (was nicht das Gleiche ist!), nach charakteristischen Leistungen und Methoden, wie man sie in den gewöhnlich als wissenschaftlich klassifizierten Disziplinen vorfindet oder erwartet.

Eine typische Einzelfrage: Wie sind wissenschaftliche Erklärungen aufgebaut, wie sieht deren (logische) Struktur aus? Möglicherweise müssen immer allgemeine Gesetzeshypothesen vorkommen. Woraus sich die nächste Frage ergibt: Wie sehen gesetzesartige Aussagen aus, können das auch Wahrscheinlichkeitsaussagen sein?

Wahrscheinlichkeit in der ‚harten’ Wissenschaft? Ist denn das Operieren mit Wahrscheinlichkeitsaussagen nicht vor allem ein Symptom dafür, dass man sich in einem Zustand unvollständigen Wissens befindet, den man zu überwinden versuchen müsste? Oder gibt es Phänomenbereiche, in denen man aus prinzipiellen Gründen nicht über Wahrscheinlichkeitsaussagen hinauskommen kann? – Geht man derartigen Fragen nach, so landet man in der Wissenschaftsphilosophie schnell bei Themen wie der Vollständigkeit der Quantenmechanik, der Determinismus-Indeterminismus-Kontroverse, der Polarität von Notwendigkeit und Zufall. Auch auf solche Gegenstände soll in der Vorlesung eingegangen werden.

Zur Vorlesung wird ein Skript zur Verfügung gestellt.

Literatur:

  • Bartels, A., und Stöckler, M. (Hg.), Wissenschaftstheorie. Ein Studienbuch; Paderborn 2007.
  • Kuhn, Th., Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen; Frankfurt/M. 1969 (amerik. Original Chicago 1962).
  • Lauth, B., und Sareiter, J., Wissenschaftliche Erkenntnis. Eine ideengeschichtliche Einführung in die Wissenschaftstheorie; Paderborn 2002.
  • Nortmann, U., Unscharfe Welt? Was Philosophen über Quantenmechanik wissen möchten; Darmstadt 2008.

Zeit: Dienstag 14-16 Uhr
Ort: Gebäude E2.5 - Hörsaal II (0.02)

In dieser Vorlesung werden voraussichtlich die folgenden Denkrichtungen und Autoren zur Sprache kommen:

Phänomenologie (Husserl, Heidegger), Existenzphilosophie und französischer Existentialismus (Heidegger, Sartre, Camus), sprachanalytische Philosophie und logischer Positivismus (Frege, Wittgenstein, Carnap), Kritischer Rationalismus (Popper), Sozialphilosophie der Frankfurter und der Pariser Schule (Horkheimer, Adorno, Foucault).

Zum Glück hat man es hierbei nicht mit einem unzusammenhängenden Sammelsurium zu tun, sondern es bestehen vielfältige inhaltliche Verbindungen, z. B. durch Oppositionsstellung: Was beispielsweise führenden logischen Positivisten als Ausweis wissenschaftlicher Rationalität gilt, verdammen Horkheimer und Adorno als freiheitsgefährdende Auslieferung an Maß, Zahl und Berechenbarkeit; heute würden sie wahrscheinlich von einer drohenden Herrschaft der Algorithmen sprechen. Wo Heidegger für die daseinsanalytische Erschließung von Grundzügen der menschlichen Existenz, mit ihren aus dem Möglichkeitsbewusstsein herkommenden Besorgnissen, eine geeignete Sprache zu schaffen versucht, wirft Carnap ihm die Produktion sinnloser Sätze vor, spricht Adorno von der Verstrickung in einen "Jargon der Eigentlichkeit"; und auch Satiriker melden sich zu Wort, etwa im Stile einer Klosterfrau-Melissengeist-Werbung: "Greifen auch Sie zu! Werden Sie eigentlich! In schwerer Zeit nur Heideggers Seynstinktur" (H. Heckmann, 1972).

Überhaupt spielt sich die Philosophie in jener Zeit keineswegs ausschließlich in akademischen Isolierkammern ab, sondern man sieht z. B. Ausstrahlungen in Romane und Theaterstücke. Auch diesem Aspekt soll in der Vorlesung nachgegangen werden.

Zeit: Mittwoch 10-12 Uhr
Ort: Gebäude A4.2 - Seminarraum 311.1