Die üblichen Strukturbeschreibungen von (Typen von) wissenschaftlichen Erklärungen wie das Hempel-Oppenheim-Modell sind zwar verdienstvoll, setzen aber auf einer zu allgemeinen Ebene an, als dass sie Aufschluss darüber geben könnten, was eine erklärende Argumentation eventuell im Vergleich zu einer anderen zu einer erhellenden, befriedigenderen, besonders informativen ... macht.

Außerdem lassen sich mit dem Erklärungsbegriff erfahrungsgemäß Intuitionen verbinden, die in einander entgegengesetzte Richtungen zu weisen scheinen. Wo sich der eine (typischerweise: ein Anhänger des covering law-Modells wissenschaftlicher Erklärungen) explanatorisch befriedigt fühlt, weil er durch eine bestimmte Argumentation vor Augen geführt bekommen habe, dass ein festgestelltes Ereignis unter gegebenen Antezedensbedingungen aufgrund von Gesetzeshypothesen zu erwarten war, da sagt ein anderer: Nein, Erklärungen sollen ja aufschlussreiche Antworten auf Warum-Fragen geben, und nach dem Warum frage ich gerade dann (und nur dann?), wenn etwas passiert ist, ein Störfall etwa, das im Widerspruch zu dem auf der Grundlage akzeptierter Gesetzeshypothesen Erwarteten steht; Erklärungen wären demnach eher Maßnahmen zur Aufklärung des Unerwarteten?

Der Leipziger Wissenschaftstheoretiker Thomas Bartelborth unternimmt es in seinem unten angegebenen Überblicksbuch, das Dickicht der verschiedenen denkbaren Anforderungen und Möglichkeiten zu durchdringen und dabei eine eigene Position zu entwickeln. Er endet mit der Kurzformel: „Erklären ist auf Logik und Metaphysik angewiesen.” Aha, wie das wohl gemeint ist?

In diesem Seminar soll Bartelborths Buch möglichst komplett gelesen und auf der Grundlage studentischer Referate über einzelne Abschnitte diskutiert werden. Eine vorhergehende, erfolgreiche Teilnahme an der Vorlesung „Einführung in die Wissenschaftstheorie” ist erwünscht.

Seminartext: Bartelborth, Th., Erklären; Berlin 2007.

Zeit: Dienstag 14-16 Uhr
Ort: Geb. A2 3, Raum 0.09