Die fortschreitende Technisierung unserer Welt schneidet tief in die Art und Weise, wie wir Menschen leben, ein. Nicht nur ermöglichen uns immer bessere medizinische Technologien ein längeres Leben, sondern Maschinen insgesamt nehmen uns gefährliche und harte Arbeit ab, sodass wir insgesamt ein besseres Leben als noch vor wenigen Jahren führen können. Die Welt ist fortschreitend vernetzt und rückt dadurch enger zusammen: Wo früher Kontakt unmöglich war, führen heute wenige Klicks zu einem Gespräch. Die Liste der Veränderungen ist riesig. Doch wo viele Menschen bisher einen Segen sehen, entstehen auch Probleme, vor denen wir nicht länger die Augen verschließen können.
Ein Beispiel, das uns schon heutzutage betrifft, sind undurchsichtige Algorithmen, die durch maschinelles Lernen generiert worden sind. Solche Algorithmen, die bessere Ergebnisse versprechen als herkömmliche Programme, werden in immer mehr Situationen, die moralisch mindestens problematisch sind, verwendet: Wer soll den Job bekommen? Oder: Wie soll das Strafmaß eines Verurteilten aussehen? Und noch extremer: Wird dieser Komapatient nicht mehr aufwachen, sodass wir seine lebenserhaltenden Gerätschaften abschalten können? All diese Fragestellungen und noch viele weitere können (und werden) heutzutage von Algorithmen beantwortet, deren Funktionsweise selbst ihre Programmierer teilweise nicht mehr verstehen. Sollte dies so sein? Wer trägt hier noch die Verantwortung? Auch nicht zu verachten ist es, dass alles, was uns im Internet begegnet, aufgrund von Algorithmen ausgewählt wird. Die Designer dieser Algorithmen haben jedoch nicht unser bestes im Sinn, sondern wollen eher bloß „Klicks generieren“. Durch solche Vorgehensweisen geraten wir Menschen immer tiefer in Filterblasen und Echokammern; Wahlen können manipuliert werden und politische Meinungen radikalisieren sich.
Viel interessanter sind jedoch nicht solche Fragestellungen, die sich bezüglich aktueller Entwicklungen stellen, sondern solche, die die technologische Entwicklung konsequent weiterdenken. Wird es einst Roboter mit einem Bewusstsein geben? Wie wird der moralische Status solcher Wesen sein? Wie werden Menschen und Roboter zusammenleben? Auch wenn einem solche Szenarien zu sehr wie aus einem Sci-Fi Film entnommen klingen, so sind sich ein Großteil der Forscher im Bereich der künstlichen Intelligenz sicher, dass es bis zum Ende des Jahrhunderts künstliche Intelligenzen geben wird, die den Fähigkeiten eines Menschen in nichts nachstehen. Werden wir es hinbekommen, diese Intelligenzen zu zähmen und fruchtbar für die Menschheit zu machen? Oder wird es eine feindlich gesinnte Superintelligenz geben?
In diesem Seminar werden wir uns mit Fragestellungen wie den oben angedeuteten beschäftigen. Sie sollen uns dabei helfen, altbekannte Fragen der Philosophie neu zu denken und neu anzuwenden. Im Fokus werden Fragestellungen aus der Philosophie des Geistes (u.a. das „other minds“-Problem, die Qualia-Debatte, etc.) und der praktischen Philosophie stehen.
Literatur (vorläufige Liste):
- Kling, Marc-Uwe: Qualityland. Ullstein, 2017.
- Nida-Rümelin, Julian und Weidenfeld, Nathalie: Digitaler Humanismus. Piper, 2018.
- Tegmark, Max: Leben 3.0: Mensch sein im Zeitalter Künstlicher Intelligenz. Ullstein 2017.
- Bostrom, Nick: Superintelligenz: Szenarien einer kommenden Revolution. Suhrkamp, 2016.
- O'Neil, Cathy: Angriff der Algorithmen: Wie sie Wahlen manipulieren, Berufschancen zerstören und unsere Gesundheit gefährden. Hanser, 2017.
Zeit: Donnerstag 12-14 Uhr
Ort: Geb. B3 1, Raum 1.30