Die „Islamdebatte” schlägt in der französischen und deutschen Medienlandschaft hohe Wellen und füllt als brisantes und aktuelles Thema auch die politische Agenda. Dabei sind der Islam und in dem Zusammenhang auch Islamfeindlichkeit bereits seit dem Mittelalter eine feste Größe im orientalistischen Diskurs. Die „Projektionsfläche Orient” (Dietze, 2009) wird je nach historischem Kontext unterschiedlich funktionell-semantisch aufgeladen, meist als Gegenbild des Okzidents. Auf diese Weise kann über das Fremdbild die eigene Identität ausgehandelt und bestätigt, sowie auf kollektiver Ebene Gruppenzugehörigkeiten konstruiert werden. In unserem Zeitalter der Globalisierung schaffen Migration und Multikulturalität neue Modi der Nähe und des Kontakts. Der Identitätsdiskurs des „Okzidents” verlagert sich von einer Abgrenzung „nach Außen” zu einer Eingrenzung „nach Innen”. Machtdiskurse werden in der Gestaltung moderner, multikultureller Gesellschaften über das Vorhandensein eines „gemeinsamen Wertekanons” geführt. „Dem” Islam werden in diesem Zusammenhang kulturalisierte Konturen verliehen, sodass kulturelle Differenz zu einem identitätsbildenden Moment überhöht wird. Im Seminar sollen aktuelle Islambilder aus postkolonialem und okzidentalismuskritischem Standpunkt dekonstruiert werden. In diachroner Perspektive wird auf (Dis-) Kontinuitäten, Transformationen und Konjunkturen gegenwärtig vorhandener Grundannahmen im islamophoben Diskurs in Frankreich und Deutschland aufmerksam gemacht. Es soll Aufschluss gegeben werden, wie Kulturrassismus die kollektive Wahrnehmung beeinflusst, sowie der Zusammenhang zwischen Macht und Kultur anhand der Islamdebatte nachgezeichnet werden. Wir beschäftigen uns unter anderem damit, wie Figuren wie die „Kopftuchfrau” und der „islamistische Terrorist” entstehen und im Diskurs (identitätsstiftend) fungieren. Das Seminar ist interdisziplinär angelegt und behandelt unterschiedliche Medien. Studierende des Masterstudiengangs "Religion in Europa" können die Veranstaltung als Übung (WP) "Religion und Medien" belegen. Die Studierenden müssen in der Lage sein, französischsprachige Sekundärliteratur zu lesen.
- DozentIn: Nicole Fischer