Macht und Herrschaft wurden im Mittelalter nach traditionellem Verständnis fast ausschließlich von Männern ausgeübt. Der Perspektivwechsel, der in den letzten Jahrzehnten unter dem Einfluss neuerer Forschungen und der Gender Studies stattfand, hat in der Mediävistik das Interesse an der Lebenswirklichkeit und der Rolle von Frauen geweckt und damit auch die Frage ermöglicht, wie insbesondere adelige Damen Macht und politischen Einfluss ausüben konnten. In den Quellen besonders gut zu fassen sind die Königinnen. Die Forschung nahm in den Blick, welche Beteiligung, Mitbestimmungsmöglichkeiten und Entscheidungsbefugnisse sie als Herrschergattinnen neben ihren regierenden Männern im politischen Alltag hatten. Welche rechtlichen Voraussetzungen und historischen Konstellationen erlaubten ihnen, die Herrschaft als Regentin oder sogar in eigenem Namen zu übernehmen? In der Vorlesung werden die unterschiedlichen Formen und Möglichkeiten weiblicher Teilhabe an Herrschaftsprozessen in den Blick genommen und anhand aussagekräftige Beispiele aus dem europäischen Kontext vom Früh- bis ins Hochmittelalter analysiert.

 

Einführende Literatur

A. Fößel: Die Königin im mittelalterlichen Reich. Herrschaftsausübung, Herrschaftsrechte, Handlungsspielräume, Stuttgart 2000; R. Schulte (Hg.): Der Körper der Königin. Geschlecht und Herrschaft in der höfischen Welt, Frankfurt a. M. 2002; M. Hartmann: Die Königin im frühen Mittelalter, Stuttgart 2009; T. Earenfight: Queenship in Medieval Europe, New York 2013; E. C. Woodacre (Hg.): Queenship in the Mediterranean: Negotiating the Role of the Queen in the Medieval and Early Modern Eras, New York 2013; C. Zey (Hg.): Mächtige Frauen? Königinnen und Fürstinnen im europäischen Mittelalter (11. - 14. Jahrhundert), Ostfildern 2015.