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Lange Zeit wurde von der Forschung angenommen, das Kind im modernen Sinne – als unschuldiges, schutzbedürftiges und geliebtes Wesen – sei eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Davor, so die These, hätte man Kinder als Miniaturerwachsene wahrgenommen: kleine Personen, die vielleicht, wenn sie die von einer hohen Sterblichkeit überschattete Periode der Kindheit überlebten, einmal zu nützlichen Untertanen des Königs heranreifen könnten. Das vermehrte Auftreten von Kinder-Figuren in Kunst und Literatur seit dem 17. Jahrhundert zeigt jedoch eindeutig, dass dem Kind schon lange vor dem 19. Jahrhundert ein großes, gestalterisches Interesse zuteilwird.

Anhand von kurzen Erzählungen und Textausschnitten aus dem 17. Und 18. Jahrhundert soll die Darstellung und die Rolle des Kindes in der französischen Literatur und Gesellschaft vor der Revolution untersucht werden. Die Textanalysen sollen zusätzlich mit Darstellungen aus der Malerei verglichen werden. Anschließend an die Skizzierung einer Kindheits-Definition, die den philosophischen, moralischen und sozialen Diskursen der Epoche gerecht wird, werden wir betrachten, inwiefern die Darstellung des Kindes einen entscheidenden Beitrag zur Literatur- und Ideengeschichte leistet. Themen wie Bildung, Individualität, Geschlechterverständnis, Pubertät oder Sexualität sollen vor dem Hintergrund verschiedener theoretischer Ansätze (Gender Studies, Strukturalismus, Wissenssoziologie) diskutiert werden. Dabei wird gleichzeitig ein sowohl umfassender wie innovativer Blick auf die literarische Landschaft des 17. und 18. Jahrhunderts ermöglicht. Neben Klassikern wie Rousseau oder Beaumarchais stehen auch unbekanntere AutorInnen wie der zu seiner Zeit von der Zensur verfolgte Romanautor Charles Sorel oder die seit dem 19. Jahrhundert vermehrt in Vergessenheit geratene Madame d’Aulnoy auf dem Programm.

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