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Wie sollten wir Wohlergehensverluste von unterschiedlichen Personen moralisch aufrechnen? Nehmen wir an, wir können entweder eine Person vor dem Tod bewahren oder viele Personen davor, ein Bein zu verlieren. Es scheint intuitiv plausibel, dass wir die Vielen vor dem Verlust ihrer Beine retten sollten als nur eine Person vor dem Tod – jedenfalls dann, wenn es hinreichend viele Personen sind. Dieser Fall legt nahe, dass wir die Verluste der unterschiedlichen Personen addieren sollten: In der Summe wiegt der Verlust der Beine für viele moralisch schwerer als der Verlust des Lebens nur einer Person. Betrachten wir einen weiteren Fall: Wir können entweder eine Person vor Folter und Tod bewahren, oder sehr vielen Personen die Freuden eines Lutschers ermöglichen. Intuitiv, so scheint es, sollten wir eine Person vor Folter und Tod bewahren – und das unabhängig davon, wie vielen Personen wir die Freuden eines Lutschers ermöglichen könnten. Dieser Fall deutet in die andere Richtung. Die Verluste unterschiedlicher Personen sollten nicht einfach addiert werden: egal wie vielen Personen wir einen Lutscher schenken könnten, ihre Vorteile können den Verlust des Lebens für eine Person moralisch nicht aufwiegen.

Um beiden Intuition gerechnet zu werden, wurde vorgeschlagen, Wohlergehensverluste (oder die damit korrespondierenden Ansprüche) nur teilweise, partiell, oder begrenzt zu aggregieren; in der englischen Fachsprache: partial oder limited aggregation. In diesem Seminar werden wir uns mit den wichtigsten Beiträgen der aktuellen Debatte kritisch auseinandersetzen. Dabei lernen wir zunächst die Beiträge und Theorieaufwürfe von Autor*innen wie F. M. Kamm (1993) und Thomas Scanlon (1998) kennen, nach denen – angewendet auf die obigen Beispiele – die Verluste für diejenigen, die keinen Lutscher erhielten, irrelevant wären im Vergleich zum Verlust des Lebens für eine Person, die Verluste von Beinen hingegen relevant. Wir diskutieren ihre Ideen unter Berücksichtigung der Einwände von Derek Parfit (2003) und Alastair Norcross (1998). Im Verlauf des Seminars wenden wir uns zunehmend der Debatte der letzten zehn Jahre zu, die insbesondere angestoßen wurde von Alex Voorhoeves (2014) Vorschlag, relevante Ansprüche additiv zu aggregieren. Wir werden mögliche Einwände, Repliken und Variationen dieser Idee kennenlernen, analysieren und einer kritischen Prüfung unterziehen.

Die Literatur ist ausschließlich in englischer Sprache vorhanden. Die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Literatur wird deshalb vorausgesetzt. Das Seminar kann mit einer Hausarbeit als Prüfungsleistung abgeschlossen werden.

Mittwoch:
Zeit: 10-12Uhr
Ort:C4 3 / Seminarraum I (-1.01)

Selbsteinschreibung (TeilnehmerIn)
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