Germanist(inn)en arbeiten wie selbstverständlich mit literarischen Texten - wie aber werden die Textausgaben, auf die sie sich ebenso selbstverständlich verlassen, eigentlich hergestellt? Geben die Texteditionen literarischer Werke immer denjenigen Text wieder, den die Autorin/der Autor vorgegeben hat, und wenn nicht, wie lassen sich die Eingriffe in die Vorlagen erklären? Welche Aufgaben übernimmt eine Herausgeberin bzw. ein Herausgeber, wenn er/sie eine neue Textausgabe erstellen möchte, und welche unterschiedlichen Möglichkeiten einer angemessenen Präsentation des Textes bieten sich ihm/ihr?

Das Seminar diskutiert verschiedene (auch digitale) Editionstypen und bietet dabei ein wissenschaftliches Instrumentarium zur Beschreibung professioneller Editionsmethoden. Behandelt werden u.a. Fragen der Überlieferung, der Bestimmung von Text'fehlern' und der Kommentierung von Texten. Durch Besuche des Literaturarchivs Saar-Lor-Lux-Elsass sowie der Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken wird außerdem an die Arbeit mit nicht-edierten Originaltexten vom Mittelalter bis zur Moderne herangeführt.

In dieser Vorlesung wird dargestellt, wie sich das Deutsche allmählich einen Platz auf dem Pergament eroberte. Im Zuge der 'Karolingischen Reform' gewann das (vor dieser Zeit vor allem mündlich überlieferte) Deutsche neben dem Lateinischen allmählich an Bedeutung: nicht nur als die Sprache, in der die wichtigsten Inhalte des christlichen Glaubens vermittelt wurden, sondern auch als Verwaltungssprache - und, zaghaft, als Literatursprache. Die althochdeutschen Textzeugnisse erlauben einen faszinierenden Einblick in die Kulturgeschichte des Deutschen. Die Vorlesung behandelt exemplarische Texte, ihre Überlieferung und ihre Kontextualisierung. 

Die Vorlesung findet digital über MS-Teams statt. Materialien zur Vor- und Nachbereitung werden auf Moodle zur Verfügung gestellt. 

Althochdeutsche Sätze haben ihre eigene Grammatik - aber wie einheitlich ist diese? Kann man bereits über die schreibsprachliche Einheitlichkeit "des" Althochdeutschen streiten, so zeigt sich erst recht bei der Betrachtung der Syntax karolingischer volkssprachiger Texte, wie groß die Bandbreite der syntaktischen Varianz ist. Vers- und Prosatexte scheinen teils unterschiedlichen Regeln zu folgen; ebenso weichen aus dem Lateinischen übersetzte Texte in ihrer Syntax deutlich ab von Werken, die ohne nachweisbare Vorlage entstanden sind. Die digitalen Corpora erlauben zumindest im Ansatz eine übergreifende und systematische Betrachtung einzelner Phänomene, so dass Grundzüge z.B. der Satzfelderlehre ermittelt werden können; aber das Seminar soll nicht zuletzt auch dem Ziel dienen, die Ausnahmen von den "Regeln" kennenzulernen. Erst dadurch wird das kreative Sprachpotenzial althochdeutscher Werke erkennbar.

Hat es eine Frau gegeben, die Papst gewesen ist? Seit dem Hochmittelalter erregt diese Frage die Gemüter - und zwar bis heute. Kaum ein religiöses Thema wurde jahrhundertelang derart intensiv verarbeitet, sowohl in wissenschaftlichen als auch in künstlerischen Zeugnissen.

Das Seminar bereitet für das Jahr 2021 eine Ausstellung zum Thema der Päpstin Johanna in der Bibliotheca Bipontina in Zweibrücken vor. Es bietet einerseits die Möglichkeit, anhand einer Handschrift der Bibliothek (17. Jahrhundert, von Nikolaus Langerhans), die auf Georg Scherers Schrift Ob es wahr sey, daß auff ein Zeit ein Bapst zu Rom schwanger gewesen, und ein Kind geboren habe? reagiert, Grundzüge der Editionswissenschaft für ein breiteres Publikum nachvollziehbar zu machen. Andererseits bietet das Seminar die Gelegenheit, verschiedene Rezeptionszeugnisse (z.B. literarische Bearbeitungen durch die Jahrhunderte, etwa von Boccaccio, Hans Sachs, Achim von Arnim oder Donna Cross, und Filme, z.B. der von Sönke Wortmann 2019 produzierte) zu analysieren und mit in die Ausstellung einzubeziehen. Es wird dadurch ein Panorama der verschiedenen Möglichkeiten des Umgangs mit einem Tabu der Kirche geboten.  

Die Intermedialität mittelalterlicher Kulturzeugnisse ist in den letzten Jahrzehnten in der germanistischen Mediävistik intensiv untersucht worden. Sowohl das Verhältnis von Mündlichkeit und Schriftlichkeit sowie Text und Bild bzw. Musik im Mittelalter als auch der Zusammenhang der verschiedenen Medien zur Performanz (und damit auch zum menschlichen Körper als Medium) wurden in Forschungsbeiträgen anhand verschiedener Beispiele thematisiert. Im Seminar werden solche Beispiele vergleichend thematisiert, um einerseits spezifische Formen von Medialität beschreiben und andererseits die theoretischen Grundlagen vertiefen zu können. Die Beispiele der Bibelillustration (z.B. anhand der Millstätter Handschrift der Genesis), der Sangspruchdichtung und des Faust-Stoffes sollen auf jeden Fall zur Sprache kommen; je nach den Wünschen und Vorkenntnissen der Seminarteilnehmer*innen können weitere Stoffe in die Überlegungen einbezogen werden. 

Das Seminar findet in Zusammenarbeit mit der Università degli Studi dell'Aquila in Italien und der Universität Luxemburg statt. Ein Teil der Sitzungen wird gemeinsam mit den Studierenden der Schwesteruniversitäten als Blockveranstaltung digital stattfinden, aller Voraussicht nach am 26. November und am 17. Dezember (welche regulären Sitzungen deswegen ausfallen, wird rechtzeitig bekanntgegeben). Abhängig von den Entwicklungen auf dem Gebiet der Corona-Pandemie wird während der vorlesungsfreien Zeit vom 27. Februar bis zum 6. März 2022 eine gemeinsame Präsenzsitzung angeboten.