Sachmängelgewährleistung im Kaufrecht (§§ 434, 437 ff. BGB)

Bis zur Schuldrechtsreform war in der Rechtslehre das dogmatische Verhältnis zwischen dem kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht und den zum allgemeinen Schuldrecht gehörenden Regeln über die Nichterfüllung der vertraglichen Leistungspflicht umstritten. Im Kern ging es dabei um die Frage: Haftet der Verkäufer, der eine mangelbehaftete Sache geleistet hat, beim Stückkauf, weil er den Vertrag nicht erfüllt hat oder handelt es sich beim Sachmängelgewährleistungsrecht um eine vom allgemeinen Schuldrecht unabhängige, dogmatisch selbständige Figur des Kaufrechts? Die Antwort auf diese Frage hing davon ab, ob man eine Verpflichtung des Verkäufers zur Lieferung einer mangelfreien Sache bejahte (so die Erfüllungstheorie) oder verneinte (so die Gewährleistungs- oder Gewährschaftstheorie).

Der Gesetzgeber hat sich mit der Schuldrechtsreform nunmehr ausdrücklich zur Erfüllungstheorie bekannt, indem er in § 433 Abs. 1 S. 2 BGB eine dem Gesetzestext bisher fremde Verpflichtung des Verkäufers zur Leistung einer sachmängelfreien Sache angeordnet hat. Leistet der Verkäufer also eine sachmangelbehaftete Sache, so erfüllt er den Kaufvertrag nicht, so dass der Käufer konsequenterweise von ihm Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB) verlangen kann.

Der Sachmangelbegriff des neuen Kaufrechts ist auf sieben verschiedene Tatbestände verteilt: den Sachmangel kraft Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB), kraft mangelnder Eignung zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB), kraft mangelnder Eignung zur gewöhnlichen Verwendung oder Abweichung von der üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S.3 BGB), kraft unsachgemäßer Montage (§ 434 Abs. 2 S. 1 BGB), kraft mangelhafter Montageanleitung (§ 434 Abs. 2 S. 2 BGB), kraft Lieferung eines aliuds (§ 434 Abs. 3 1. Alt. BGB) und kraft Lieferung einer zu geringen Menge (§ 434 Abs. 3 2. Alt. BGB) (analysiert man den Gesetzeswortlaut genau, sind es sogar acht Tatbestände, da § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB zwei verschiedene Alternativen aufweist). Da dies gegenüber der Konzeption des früheren BGB, die mit zwei haftungsbegründenden Tatbeständen für das Sachmängelgewährleistungsrecht auskam (Fehler und zugesicherte Eigenschaft), eine verwirrende Vielfalt darstellt, empfiehlt es sich aus didaktischen Gründen diese sieben Sachmängelarten ihren jeweiligen Grundgedanken nach zusammenzufassen und auf drei Fallgruppen haftungsbegründender Tatbestände zu reduzieren: den Beschaffenheitsmangel (§ 434 Abs. 1 BGB) (=für den Käufer ungünstige Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit), den Montage- bzw. Montageanleitungsmangel (§ 434 Abs. 2 BGB) und die Aliud- bzw. Mankolieferung (§ 434 Abs. 3 BGB). Diese drei Tatbestände wollen wir nun näher betrachten:

Der Beschaffenheitsmangel

Gemäß § 434 Abs. 1 BGB haftet der Verkäufer einer Sache, wenn ihre Ist-Beschaffenheit zur Zeit des Gefahrübergangs (§§ 446, 447 BGB) ungünstig von ihrer Soll-Beschaffenheit abweicht. Die Soll-Beschaffenheit ist nach § 434 Abs. 1 BGB anhand eines dreistufigen Prüfungsrasters wie folgt zu ermitteln: Haben die Parteien eine bestimmte Beschaffenheit der Kaufsache ausdrücklich oder konkludent vereinbart, so bestimmt sich die Soll-Beschaffenheit alleine nach dieser Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Falls es dagegen nicht zu einer derartigen Beschaffenheitsvereinbarung gekommen ist, bestimmt sich die Soll-Beschaffenheit nach der Eignung der Kaufsache für ihre vertraglich vorausgesetzte Verwendung (Verwendungszweckvereinbarung) (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Ist schließlich, wie häufig bei kleineren Bargeschäften des täglichen Lebens, auch eine solche Verwendungszweckvereinbarung nicht getroffen worden, bestimmt sich die Soll-Beschaffenheit nach der Eignung der Kaufsache für ihre gewöhnliche Verwendung und den Beschaffenheitsmerkmalen, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB).

Allerdings fällt unter den auf diese Weise charakterisierten Beschaffenheitsmangel nicht jede solche Abweichung der Ist- von der Soll-Beschaffenheit, da die Verfehlung der Soll-Beschaffenheit auch darauf beruhen kann, dass eine andere als die geschuldete Leistung (aliud) erbracht wurde. Bei einer solchen Falschlieferung griffen im früheren Recht nach allgemeiner Ansicht beim Stückkauf nicht die Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung, sondern die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen ein (BGH NJW 1979, 811), so dass im Hinblick auf die damit verbundenen unterschiedlichen Rechtsfolgen im Einzelfall eine saubere Abgrenzung zwischen Sachmangel und Falschlieferung erfolgen musste. Im neuen Recht ist man dieser Notwendigkeit regelmäßig deshalb enthoben, weil § 434 Abs. 3 BGB die Falschlieferung dem Sachmangel gleichstellt, so dass man künftig in der Fallbearbeitung, wenn feststeht, dass entweder ein Sachmangel oder eine Falschlieferung vorliegt, die Abgrenzung im Hinblick auf diese Gleichstellung dahingestellt sein lassen kann. Wir wollen uns zunächst dem Sachmangel auf Grund Nichteinhaltung der Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB) zuwenden:

Sachmangel kraft Abweichung von der Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB)

Haben die Parteien eine Beschaffenheitsvereinbarung geschlossen, so ist diese alleiniger Maßstab für die Soll-Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 1 BGB). Damit hat der Gesetzgeber den im früheren Recht herrschenden Streit, ob die Soll-Beschaffenheit subjektiv nach den Parteivereinbarungen (sogen. subjektiver Fehlerbegriff) oder objektiv nach den im Verkehr vorherrschenden Auffassungen über die Qualität bestimmter Sachen (sogen. objektiver Fehlerbegriff) zu bestimmen ist, zu Gunsten des Vorranges des auch schon im früheren Recht herrschenden subjektiven Fehlerbegriffs entschieden. Welche Merkmale dabei alle unter den vom Gesetz benutzten Begriff der "Beschaffenheit" fallen sollen, hat der Gesetzgeber nicht abschließend entscheiden wollen:

"Der Begriff der "Beschaffenheit" soll nicht definiert werden. Insbesondere soll nicht entschieden werden, ob er nur Eigenschaften erfasst, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften, oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die außerhalb der Sache selbst liegen" (BT-Drucks. 14/6040, S. 213).

Die Entscheidung dieser Frage hat der Gesetzgeber demnach Rechtsprechung und Lehre überlassen. Als kleinster gemeinsamer Nenner hierzu hat sich inzwischen die Überzeugung herauskristallisiert, man müsse den Begriff der Beschaffenheit möglichst weit verstehen, um dem gesetzgeberischen Anliegen der weitestgehenden Beseitigung von Abgrenzungsproblemen zwischen Sachmängelgewährleistungsrecht und allgemeinem Leistungsstörungsrecht gerecht zu werden. Ob man bei diesem großzügigen Verständnis des Beschaffenheitsbegriffs wirklich so weit gehen soll, auf jeden Bezug des vereinbarten Merkmales zur Kaufsache zu verzichten (in diese Richtung gehen die Ausführungen von Malzer, in: Hoeren/Martinek, Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, § 434 Rdnrn. 14 ff.), ist zwar noch offen, im Ergebnis aber nicht zu befürworten, da dem der Gesetzeswortlaut "Sachmangel" entgegensteht und insoweit angesichts des Eingreifens des allgemeinen Leistungsstörungsrechts kein praktisches Bedürfnis für eine solch extreme Ausweitung des Beschaffenheitsbegriffs besteht (a.A. mit beachtlichen Erwägungen Berger, JZ 2004, 276). Es ist daher damit zu rechnen, dass sich ein etwas engeres Verständnis durchsetzen wird, wonach zur (Sach-)Beschaffenheit alle Eigenschaften, die der Sache anhaften und jeder tatsächliche, wirtschaftliche oder rechtliche Umstand, der in ihr wurzelt oder auf sie Bezug hat, gehören (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnrn. 10 und 14; Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 434 Rdnr. 9). Völlig außerhalb der Sache liegende Umstände, die etwa alleine in der Person des Käufers wurzeln, bleiben mithin auch weiterhin dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht vorbehalten (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 11).

Damit ein so verstandenes Beschaffenheitsmerkmal zum Inhalt der Soll-Beschaffenheit wird, müssen die Parteien es vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung muss nicht ausdrücklich geschlossen werden. Dies wird wohl auch in der Praxis eher selten vorkommen. Im Rechtsalltag wird daher die konkludent (stillschweigend) zustande gekommene Beschaffenheitsvereinbarung im Vordergrund stehen. Eine solche kann man etwa bejahen, wenn der Verkäufer die Eigenschaften der Ware beschreibt und der Käufer - für den Verkäufer erkennbar - auf der Grundlage dieser Beschreibung seine Kaufentscheidung trifft oder wenn der Käufer dem Verkäufer gegenüber zum Ausdruck bringt, welche Eigenschaften er erwartet und der Verkäufer ihm daraufhin, ohne auf diese Ausführungen des Käufers ausdrücklich einzugehen, eine Sache verkauft (vgl. Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 434 Rdnr. 8). Kein Raum für eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung ist lediglich dann, wenn der Kaufvertrag (z.B. nach § 311b Abs. 1 BGB) formbedürftig ist. In diesem Fall muss auch die Beschaffenheitsvereinbarung (z.B. die Beschreibung der Kaufsache) formgerecht zustande gekommen sein, beim Grundstückskaufvertrag also etwa mit beurkundet sein. Ist dies nicht der Fall, kommt aber meist noch eine Heilung des Formmangels durch Erfüllung in Betracht (beim Grundstückskauf etwa nach § 311b Abs. 1 S. 2 BGB), die sich dann auch auf die Beschaffenheitsvereinbarung erstreckt (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 18).

Die Beschaffenheitsvereinbarung kann sich auf beliebig viele Eigenschaften beziehen. Entscheidend ist nur, dass die jeweiligen Eigenschaften hinreichend bestimmt waren und auch von den Parteien verbindlich gemeint waren. Erkennbar scherzhaft gemeinte und übertriebene Anpreisungen (etwa nach der Art des "Hamburger Fischmarktes") scheiden demnach als Gegenstand der Beschaffenheitsvereinbarung ebenso aus wie bloße Wertungen ("Der Pullover ist topmodern"). Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass Beschaffenheitsvereinbarungen bei unklaren Formulierungen nach den allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB nach dem Horizont des jeweiligen Erklärungsempfängers nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte auszulegen sind (Malzer,: Martinek/Hoeren, Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, § 434 Rdnr. 20).

Beschaffenheitsvereinbarung und Umweltbeziehungen

Wie bereits erörtert wollte der Gesetzgeber den Begriff der Beschaffenheit in § 434 Abs. 1 S. 1 BGB nicht abschließend definieren. Dazu hat er ausgeführt:"Insbesondere soll nicht entschieden werden, ob er nur Eigenschaften erfasst, die der Kaufsache unmittelbar physisch anhaften, oder ob auch Umstände heranzuziehen sind, die außerhalb der Sache selbst liegen" (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 213). Damit hat der Gesetzgeber die Bestimmung der äußeren Grenzen des Beschaffenheitsbegriffes Rechtsprechung und Lehre überlassen. Bei der Lösung dieses Problems ist zu bedenken, dass der Käufer einer Kaufsache, die in bestimmten Aspekten hinter dem vertraglich vereinbarten Pflichtenprogramm zurückbleibt, auch dann nicht schutzlos gestellt ist, wenn man einigen dieser Aspekte die Eigenschaft, Beschaffenheitsmerkmal zu sein, abspricht. Im Gegenteil: Der Verkäufer haftet dann nämlich unmittelbar nach §§ 280 ff. BGB, also nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht, welches - etwa hinsichtlich der verkürzten Verjährungsfrist im kaufrechtlichen Sachmängelgewährleistungsrecht (vgl. § 438 BGB) - grundsätzlich käuferfreundlicher ist als das das allgemeine Leistungsstörungsrecht modifizierende Gewährleistungsrecht. Die mit diesen Modifizierungen verbundenen spezifisch kaufrechtlichen Wertungen gebieten es aber gerade, den Beschaffenheitsbegriff nicht einer konturenlosen Ausuferung preiszugeben: Sie machen nämlich nur dann Sinn, wenn die haftungsbegründende Pflichtverletzung ihren tieferen Grund in der Kaufsache selbst hat. Demnach ist es auch im neuen Recht erforderlich, den Begriff der Beschaffenheit der Kaufsache konturenscharf zu definieren (a.A. mit beachtlichen Erwägungen Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, Rdnrn. 306 ff.; Berger, JZ 2004, 276).

Zur Beschaffenheit der Kaufsache zählen in erster Linie und unproblematisch die körperlichen Merkmale der Sache. Unkörperliche Eigenschaften der Sache können - entsprechend der ständigen Rechtsprechung und herrschenden Meinung zum Fehlerbegriff des alten Rechts - nur dann Beschaffenheitsmerkmale sein, wenn es sich bei ihnen um Beziehungen der Sache zur Umwelt handelt, die wegen ihrer Art und Dauer die Brauchbarkeit oder den Wert der Sache beeinflussen. Dabei kann es sich um tatsächliche, wirtschaftliche, rechtliche oder soziale Umweltbeziehungen handeln (Weidenkaff, in: Palandt, § 434, Rdnrn. 11 und 14). Typische Beispiele für tatsächliche Umweltbeziehungen, die Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein können, sind etwa die Lage des verkauften Grundstückes oder die Herkunft der verkauften Sache. Dabei ist mit Herkunft sowohl die geographische Herkunft eines Agrarprodukts als auch die Herstellung eines Werkes durch einen bestimmten Künstler gemeint. Stammt etwa der gelieferte Wein aus einem anderen Anbaugebiet als vereinbart und führt dies nicht zur Annahme einer Falschlieferung gemäß § 434 Abs. 3 BGB, so weist der Wein nicht die vereinbarte Beschaffenheit auf. Ebenso entspricht ein Bild, das nicht von dem Künstler stammt, den beide Parteien gemeinsam als Maler vorausgesetzt haben, nicht der vereinbarten Beschaffenheit (OLG Frankfurt, NJW 1993, 1477).

Bei den einen Sachmangel begründenden rechtlichen Beziehungen der Sache zur Umwelt stellt sich das bereits angesprochene Problem der Abgrenzung zwischen Sach- und Rechtsmangel. Dabei gestaltet sich die Abgrenzung insbesondere bei öffentlich - rechtlichen Nutzungsbeschränkungen besonders schwierig. Allerdings ist die Abgrenzung im Hinblick auf die in der Schuldrechtsreform vorgenommene Angleichung der Rechtsfolgen der Haftung für Sach- und Rechtsmängel nicht mehr von praktischer Relevanz. Wenn man bei Fallbearbeitungen nach neuem Recht die Frage, ob ein bestimmter vertragswidriger Umstand einen Sachmangel oder einen Rechtsmangel bildet, nicht offen lassen möchte (obwohl dies im Hinblick auf die Rechtsfolgenparallelität der Sach- und Rechtsmangelhaftung ohne Weiteres möglich wäre), bietet es sich an, an die zum alten Recht zur Abgrenzung entwickelten Lösungen anzuknüpfen.

Hier hatte sich in der Lehre überwiegend der Ansatz durchgesetzt, der eine rechtliche Beziehung der Sache zur Umwelt dann zur Beschaffenheit rechnete, wenn sie ihrerseits mit der Beschaffenheit der Sache oder deren Lage zusammenhing, also letztlich in der Sache wurzelte. Unter dieser Voraussetzung hielt man nämlich zu Recht die spezifisch kaufrechtlichen Wertungen des Sachmängelrechts (und insbesondere die kurze Verjährung nach § 477 BGB a.F.) für einschlägig.

Nach dieser aufs neue Recht ohne Weiteres übertragbaren Lösung ist z.B. bei bauplanungsrechtlich begründeten Baubeschränkungen von einem Sachmangel auszugehen, da die bauplanungsrechtliche Bebaubarkeit eines Grundstücks an die Lage des Grundstücks anknüpft (Saenger, in: Handkommentar zum BGB, § 434 Rdnr. 9; vgl. auch die Rechtsprechung zum alten Recht: RGZ 131, 343, 348 f.; BGH NJW 1969, 837; BGHZ 117, 159, 162 f.; vgl. auch Johlen, NJW 1979, 1531 m.w.N.). Das Gleiche muss auch für behördliche Eingriffe und Beschränkungen in Bezug auf ein Grundstück gelten, das mit Altlasten verseucht ist, da auch hier die Eingriffsbefugnis der Behörden ihren Grund in der physischen Beschaffenheit des Bodens in Form von Verunreinigungen hat (Knoche, NJW 1995, 1985, 1986). Ferner vertrat der BGH auch zum alten Recht die aufs neue Recht übertragbare Ansicht, dass solche Mängel, die die Befugnis einer Behörde zur Beschlagnahme der verkauften Sache begründen, einen Rechtsmangel darstellen, da sie dadurch gekennzeichnet seien, dass der Verkäufer dem Käufer nur Eigentum ohne rechtlichen Bestand verschaffen könne (BGHZ 113, 106, 112; BGH NJW 1983, 275).

Ein Beispiel für eine einen Beschaffenheitsmangel begründende soziale Beziehung einer Sache zur Umwelt ist der schlechte Ruf, der dem Kaufgegenstand (z.B. einem Gewerbebetrieb) als Makel anhaftet. So hat das Reichsgericht etwa einen Beschaffenheitsmangel bejaht, wenn sich nach dem Kauf herausstellt, dass ein als "Pension" verkaufter Geschäftsbetrieb "in Wirklichkeit ein der Unzucht dienendes Absteigequartier" ist (RGZ 67, 86, 90).

Die Frage, ob unrichtige Angaben über die vor der Veräußerung erzielten Umsätze eines Unternehmens als von der Sollbeschaffenheit ungünstig abweichende wirtschaftliche Beziehungen einer Sache zur Umwelt einen Beschaffenheitsmangel begründen, war im alten Recht umstritten. Dieser Streit wird wohl auch im neuen Recht mit den gleichen Argumenten ausgetragen werden. Im alten Recht war der Meinungsstand wie folgt: Der BGH sah in der Angabe über den vergangenen Umsatz oder Ertrag eines Unternehmens keine Beschaffenheitsvereinbarung, da der Umsatz auch stark von der Marktlage und vom Unternehmer selbst abhängig sei und daher nicht definitionsgemäß in der Sache wurzele (BGH NJW 1970, 653, 654 m. kritischer Anmerkung von Putzo). Dem ist in der Literatur entgegengehalten worden, dass aussagekräftiges Zahlenmaterial durchaus Aufschluss über die Funktionstauglichkeit des Unternehmens geben könne, so dass insoweit für den Käufer ungünstige Abweichungen von der Wirklichkeit der Risikosphäre des Verkäufers zugerechnet werden müsse. Die durch Vorlage von Bilanzen gemachten Angaben über vergangenen Umsatz und Ertrag waren dieser Ansicht nach Inhalt einer Beschaffenheitsvereinbarung, wenn sie erkennbar den Vertragszweck des Käufers bestimmen (MüKo/H.P. Westermann, § 459 Rdnr. 54).

Verdacht eines Beschaffenheitsmangels

In einigen Fällen taucht die schwierige Frage auf, ob bereits der Verdacht, dass eine Sache mit einem Beschaffenheitsmangel behaftet ist, zur Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes führt. Der BGH hat sich mit dieser Frage grundlegend in BGHZ 52, 51 ff. auseinander gesetzt. Dieser Entscheidung lag folgender, leicht abgewandelter Sachverhalt zugrunde (vgl. dazu auch die - allerdings auf altem Recht basierende - Klausur von Rüßmann/Lange, in: JuS 2001, 980 ff.):

V ist eine Handelsgesellschaft, die vor allem auf den Import von Wild spezialisiert ist. K, der ein Selbstbedienungslager betreibt, erwirbt von V einen Posten gespickter Hasenkeulen und Hasenrücken, ohne dass beim Abschluss des Kaufvertrages über das Ursprungsland der Ware gesprochen wird. Am Tag der Auslieferung der Ware berichtet die Bild-Zeitung unter Schlagzeilen, dass etwa 50.000 mit Salmonellen verseuchte tiefgefrorene Hasen aus Argentinien nach Deutschland eingeführt worden seien. Daraufhin fragt K bei V nach, ob die von V gelieferten Hasen auch aus Argentinien stammten, was V bejaht. Auf diese Bestätigung hin verlangt K die Rücknahme der Ware und Lieferung eines entsprechenden Postens gespickter Hasenkeulen und Hasenrücken aus einem anderen Herkunftsland, da der gelieferte Posten nicht verkäuflich sei und das Ordnungsamt ihr bis auf weiteres den Verkauf der Hasen untersagt habe. Da V nicht auf das Verlangen des K eingeht und Zahlung des Kaufpreises verlangt, verdirbt das eingelagerte Hasenfleisch schließlich infolge überlanger Lagerung und wird vernichtet. V nimmt K auf Zahlung des Kaufpreises in Anspruch. Mit Recht?

Es ist zu prüfen, ob K dem aus § 433 Abs. 2 BGB begründeten Anspruch des V auf Zahlung des Kaufpreises die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 BGB entgegenhalten kann. Dies setzt hier voraus, dass V seine Pflicht zur sachmängelfreien Leistung gemäß § 433 Abs. 1 S. 2 BGB nicht erfüllt hat, weil das gelieferte Fleisch mit einem Beschaffenheitsmangel im Sinne des § 434 Abs. 1 BGB behaftet war. Wenn nachgewiesen wäre, dass die Hasen salmonellenverseucht waren, dann könnte man einen Beschaffenheitsmangel gemäß § 434 Abs. 1 S. 1 BGB unproblematisch bejahen, da die Parteien stillschweigend vereinbart hatten, dass das Hasenfleisch jedenfalls auf Grund seiner Beschaffenheit zum gesundheitlich unbedenklichen Verzehr und damit auch zum Verkauf als Lebensmittel geeignet sein sollte (vgl. BGHZ 52, 51, 53). Der Salmonellenbefall des Fleisches steht aber gerade nicht fest und kann wegen der zwischenzeitlich erfolgten Vernichtung des Fleisches auch nicht mehr festgestellt werden. Daher stellt sich nun die Frage, ob auch der Verdacht des Salmonellenbefalls einen Beschaffenheitsmangel darstellt. Der BGH ist der Auffassung, dass auch der auf konkrete Tatsachen gestützte, nahe liegende Verdacht gesundheitsschädlicher Beschaffenheit, den der Käufer nicht durch zumutbare Maßnahmen ausräumen kann, als Beschaffenheitsmangel gewertet werden kann, da er den Vertragszweck "Weiterveräußerung der Ware" vereitelt (BGHZ 52, 51, 53 f.; BGH NJW 1989, 218, 219 f.). Bei dem auf der Herkunft der Ware beruhenden, praktisch nicht ausräumbaren Verdacht handelt es sich dann um eine den Beschaffenheitsmangel begründende soziale Beziehung des Kaufgegenstandes zur Umwelt. Allerdings musste der BGH im konkreten Fall noch prüfen, ob der Käufer den Verdacht nicht durch zumutbare Maßnahmen ausräumen konnte. Hierfür war nach seiner Auffassung die Untersuchung der gesamten Lieferung durch einen Sachverständigen erforderlich. Da diese Untersuchung den K mehr gekostet hätte als die Ware selbst, hielt der BGH sie für unzumutbar (BGHZ 52, 51, 54). Somit war das Hasenfleisch nach der Auffassung des BGH mangelhaft und K konnte die Zahlung des Kaufpreises gestützt auf § 320 Abs. 1 BGB verweigern.

Zusammenfassend kann man zu dem Problem, ob der Verdacht eines Fehlers einem Fehler gleichgestellt werden kann, sagen, dass der BGH hierfür einen auf konkrete Tatsachen gestützten, nahe liegenden Verdacht verlangt, den der Käufer nicht durch zumutbare Maßnahmen ausräumen kann. Dies gilt aber nur, wenn der Verdacht später (d.h. vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung) nicht ausgeräumt wird. Stellt sich dagegen später heraus, dass der Verdacht unbegründet war, so will der BGH einen Beschaffenheitsmangel verneinen, da die Ware nie mangelhaft war (BGH NJW 1972, 1462, 1463; NJW 1989, 218, 220). Das wird man aber so verstehen müssen, dass die Verneinung eines Beschaffenheitsmangels bei nachträglicher Widerlegung des Verdachts nur gilt, wenn die Ware danach wieder unbedenklich verzehrt und/oder verkauft werden kann. Ist sie zwischenzeitlich aber, wie in dem Fall der argentinischen Hasen, ungenießbar geworden, so war sie bis zuletzt auf Grund des Verdachts unverkäuflich und damit für den K unbrauchbar. Nach § 434 Abs. 1 BGB muss die Sache jedoch bei Gefahrübergang, d.h. grundsätzlich bei Übergabe der Sache (§ 446 BGB), die vereinbarte Beschaffenheit nicht aufweisen und dies könnte oft zur Verneinung eines Beschaffenheitsmangels führen, da der Verdacht als mangelbegründende Umweltbeziehung meist erst nach Gefahrübergang auftauchen wird. Um die Rechtsposition des Käufers zu stärken, bejaht der BGH das Tatbestandsmerkmal "bei Gefahrübergang" daher bereits dann, wenn der Verdacht erst nach Gefahrübergang entsteht, aber auf Tatsachen beruht, die vor Gefahrübergang bereits gegeben, jedoch noch nicht erkannt waren (BGH NJW 1972, 1462, 1463; 1989, 218, 220). Dies ist auch dogmatisch vertretbar, da der den Mangel begründende Verdacht (genauer gesagt: die verdachtauslösenden Tatsachen) bereits bei Gefahrübergang in der Sache angelegt war (vgl. Rüßmann/Lange, in: JuS 2001, 980, 983).

Ist die Frage, ob auch der nicht ausräumbare Verdacht eines Fehlers einen Fehler darstellt, in der Rechtsprechung zunächst bei Lebensmitteln, die in dem Verdacht der Gesundheitsschädlichkeit standen und zum Wiederverkauf bestimmt waren, aufgetaucht, so dürften in Zukunft Fälle von Grundstücken mit Altlastenverdacht zunehmend relevant werden. Hier wird vorgeschlagen einen mangelbegründenden Verdacht bei Grundstücken anzunehmen, bei deren früherer industrieller Nutzung mit Stoffen gearbeitet wurde, deren Vorhandensein im Boden unstreitig eine behandlungsbedürftige Altlast darstellen würden. Ist das nicht der Fall, so soll ein entsprechender Verdacht nach Teilbeprobungen zu bejahen sein, die auf eine sanierungsbedürftige Altlast hindeuten (Knoche, NJW 1995, 1985, 1988). Besonders dringend wird sich hier die Frage stellen, bis zu welcher Summe dem Käufer Untersuchungskosten zur Ausräumung des Verdachts zugemutet werden können. Dabei wird im Hinblick auf die hohen Immobilienpreise vorgeschlagen, nicht wie in der BGH - Entscheidung zum argentinischen Hasenfleisch darauf abzustellen, ob die Untersuchungskosten dem Kaufpreis entsprechen, sondern eine Obergrenze festzulegen (vgl. Knoche, NJW 1995, 1985, 1988, der damals 20.000 bis 30.000 DM für zumutbar hielt).

Sachmangel kraft Nichteignung zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB)

Nur wenn die Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung im soeben umschriebenen Sinne getroffen haben, bestimmt sich die Soll-Beschaffenheit danach, ob sich die Kaufsache zur vertraglich vorausgesetzten Verwendung eignet (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB). Dabei hat der Gesetzgeber die praktisch bedeutsame Fallgestaltung im Auge, dass die Parteien sich über bestimmte Eigenschaften der Kaufsache keine Gedanken gemacht haben, weil ihre Aufmerksamkeit statt dessen auf einen bestimmten mit der Kaufsache bezweckten Erfolg (=Verwendungszweck) gerichtet war, der allerdings seinerseits nur beim Vorliegen gewisser Eigenschaften eintreten kann (BT-Drucks. 14/6040, S. 213). So liegt es etwa, wenn ein Buchautor sich einen Laptop zulegen will und dem Verkäufer gegenüber beim Verkaufsgespräch deutlich macht, dass der Laptop ausschließlich dazu dienen soll, dem Autor bei der Schaffung eines großen Romanwerks als "moderne Schreibmaschine" zur Verfügung zu stehen. Kommt es vor dem Hintergrund dieses konkreten Verwendungszwecks schließlich zum Abschluss eines Kaufvertrages, so haben die Parteien keine unmittelbare Vereinbarung über die Beschaffenheit des Laptops getroffen. Dennoch sind bestimmte, konkrete Beschaffenheitsmerkmale geschuldet. Welche das sind, ergibt sich allerdings nicht aus einer primär auf bestimmte Beschaffenheitsmerkmale bezogenen Vereinbarung, sondern aus dem vereinbarten Verwendungszweck, der seinerseits das Vorliegen bestimmter Merkmale als "selbstverständlich" voraussetzt. Ein Laptop, der als "moderne Schreibmaschine" bei der Erstellung eines großen Romanwerkes genutzt werden soll, muss z.B. über eine große Speicherkapazität verfügen und zur Verwendung gängiger, auch anspruchsvoller, Textverarbeitungsprogramme geeignet sein. Er muss statt über filigrane technische Finessen zu verfügen, wenig reparaturanfällig und benutzerfreundlich sein, um dem Autor während seiner Schaffensphase möglichst ununterbrochen zur Verfügung zu stehen.

Nach dem Wortlaut des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 BGB muss der Verwendungszweck "nach dem Vertrag vorausgesetzt" sein. Mit dieser Formulierung wollte der Gesetzgeber die Frage, ob "es sich dabei um eine vertragliche Vereinbarung handelt oder ob es um Vorstellungen der Parteien im Vorfeld des Vertrags geht", gar nicht entscheiden (BT-Drucks. 14/6040, S. 213). Man wird jedoch bereits bloße Vorstellungen, auf die sich der Kaufentschluss des Käufers gründet und die dem Vertragsschluss als selbstverständlich zugrunde lagen, ausreichen lassen müssen. Denn wenn der Verkäufer in Kenntnis einer vom Käufer geäußerten Verwendungsabsicht eine Sache verkauft, kann er, wenn sich die Sache dann nicht zu diesem Zweck eignet, nicht nur deswegen der Haftung entrinnen, weil die Parteien die Eignung der Kaufsache für einen bestimmten Zweck für so selbstverständlich hielten, dass sie gar nicht daran dachten, diese Eignung zum Inhalt ihrer vertraglichen Vereinbarung zu machen. Entscheidend ist allerdings, dass der vorgesehene Verwendungszweck nicht in dem Sinne "einseitig" geblieben ist, dass er dem Verkäufer gar nicht bekannt wurde und auch für diesen nicht erkennbar war. Denn solche nicht geäußerten und auch nicht erkennbaren Verwendungszwecke sind schon begrifflich nicht "nach dem Vertrag vorausgesetzt". Sie sind ferner im Sinne einer gerechten Risikoverteilung alleine dem Käufer anzulasten, da es diesem ja offen stand, seine Vertragserwartungen dem Verkäufer gegenüber zum Ausdruck zu bringen.

Sachmangel kraft Nichteignung zur gewöhnlichen Verwendung oder Abweichung von der üblichen Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, S. 3 BGB)

Haben die Parteien weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch eine bestimmte Verwendung der Kaufsache vorausgesetzt, kommen als Maßstab für die Soll-Beschaffenheit alleine noch die Eignung der Kaufsache zur gewöhnlichen Verwendung und die übliche Beschaffenheit der Kaufsache in Betracht (§ 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB). Nur wenn beides, Eignung zur gewöhnlichen Beschaffenheit und übliche Beschaffenheit, bejaht werden kann, ist die Kaufsache mangelfrei. Deshalb handelt es sich bei der Nichteignung zur gewöhnlichen Verwendung und der Abweichung von der üblichen Beschaffenheit auch um zwei selbständige Mangeltatbestände. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB ist auf Grund des Anwendungsvorranges der §§ 434 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1 BGB als klassischer Auffangtatbestand konzipiert, der sich an den zum früheren Recht gelegentlich vertretenen objektiven Fehlerbegriff anlehnt.

Die gewöhnliche Verwendung des Kaufgegenstandes ist objektiv anhand der Art der Sache und dem Verkehrskreis, dem der Käufer angehört, zu bestimmen. Dabei soll es insbesondere eine Rolle spielen, ob der Käufer die Sache erkennbar als Verbraucher (§ 13 BGB) oder als Unternehmer (§ 14 BGB) kauft (Beispiel: Kleidung für private oder berufliche Zwecke) (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 27).

Bei der üblichen Beschaffenheit ist sowohl nach dem Gesetzeswortlaut als auch nach dem Willen des Gesetzgebers auf "Sachen gleicher Art" als Vergleichsmaßstab abzustellen. Dabei gilt es, genau zu sein: Eine Sache "gleicher Art" muss in den für die jeweils in Rede stehende Beschaffenheit relevanten Merkmalen mit der Kaufsache übereinstimmen, d.h. etwa bezüglich des Herstellungsmaterials, wenn über die Karosseriebeschaffenheit eines Pkw gestritten wird oder im Baujahr, wenn es um die Üblichkeit bestimmter Verschleißerscheinungen geht (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 29). Das bedeutet, dass man etwa bei gebrauchten Sachen nicht die übliche Beschaffenheit eines neuwertigen Gegenstandes zugrunde legen darf, sondern diejenige Beschaffenheit, die eine gepflegte gebrauchte Sache gleicher Art aufweisen müsste. Bei einem Gebrauchtwagen wird man daher zur Ermittlung der üblichen Beschaffenheit als Vergleichsfahrzeug ein durchschnittliches Fahrzeug gleichen Alters und gleicher Laufleistung heranziehen müssen (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 214). Wenn das Gesetz zusätzlich für die "Üblichkeit der Beschaffenheit" Sachen gleicher Art auf die berechtigten Erwartungen des Käufers abstellt, ist damit keine Versubjektivierung der Soll-Beschaffenheit beabsichtigt. Es kommt nämlich nicht auf die Sicht des konkreten Käufers, sondern auf den objektiven "Erwartungshorizont" eines vernünftigen Durchschnittskäufers an (BT-Drucks. 14/6040, S. 214). Da es auf Grund der Produktvielfalt und unterschiedlichen Kundenkreise "den" Durchschnittskäufer nicht gibt, ist Durchschnittskäufer ein repräsentativer Vertreter des am jeweiligen Geschäftstyp (Handelskauf, Verbrauchsgüterkauf, grenzüberschreitender gewerblicher Kauf) üblicherweise beteiligten Personenkreises (Malzer, in: Martinek/Hoeren, Systematischer Kommentar zum Kaufrecht, § 434 Rdnr. 56). Ist demnach beispielsweise bei einem auf die Belieferung von Kantinen spezialisierten Unternehmen der durchschnittliche Kantinenbetreiber "Durchschnittskäufer", so ist bei einem auf die Belieferung von exquisiten Gourmetlokalen spezialisierten Feinkosthändler der durchschnittliche Gourmetlokalinhaber "Durchschnittskäufer", nach dessen vernünftigen Erwartungen sich die Beschaffenheit der Ware bestimmt, wenn die Parteien vor der Lieferung weder über die Beschaffenheit der Ware noch über den konkreten Verwendungszweck gesprochen haben.

§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB erweitert im Falle des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB (also wenn weder eine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen noch eine bestimmte Verwendung vertraglich vorausgesetzt wurde) die Soll-Beschaffenheit um Eigenschaften, die zwar nicht zur üblichen Beschaffenheit gehören, deren Vorliegen der Käufer aber gleichwohl auf Grund öffentlicher Äußerungen des Verkäufers, Herstellers oder seines Gehilfen, insbesondere in der Werbung, erwarten kann. Hintergrund dieser - in Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie erfolgten - Regelung ist Folgendes: Der Käufer, dem der Verkäufer bestimmte Eigenschaften einer Kaufsache im Rahmen des Verkaufsgesprächs zusagt, wird durch § 434 Abs. 1 S. 1 BGB geschützt. Häufig aber kommt es erst gar nicht mehr zu einem solchen Verkaufsgespräch, weil der Käufer bereits auf Grund von Werbeaussagen des Verkäufers oder des Herstellers vom Vorliegen bestimmter Eigenschaften wie selbstverständlich ausgeht. In diesem Fall soll er durch § 434 Abs. 1 S. 3 BGB in seinem Vertrauen auf die Richtigkeit der Werbeaussage geschützt werden. Dieser Regelungszweck ist zwar in erster Linie durch den Verbraucherschutz motiviert. Dennoch hat der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen, den Schutz nur auf den Verbrauchsgüterkauf zu beschränken. Denn auch bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern sind ohne weiteres Fälle denkbar, in denen die Kaufentscheidung durch eine Werbeaussage beeinflusst worden ist, so dass der Käufer, auch wenn er kein Verbraucher ist, in gleichem Maße schutzbedürftig ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 214). Eine entscheidende Eingrenzung erfährt der Tatbestand des § 434 Abs. 1 S. 3 BGB durch das Merkmal der "Öffentlichkeit" der Äußerung. Öffentlich ist eine Äußerung, wenn sie potentiell für eine unbestimmte Vielzahl von Personen wahrnehmbar ist (ähnlich: Weidenkaff, in: Palandt, 61. Aufl., § 434 Rdnr. 34). Das ist insbesondere bei Anzeigen und Werbespots in Druckschriften (Zeitungsannoncen, Warenkataloge etc.), Radio- und Fernsehsendungen oder dem Internet der Fall. Eine weitere Eingrenzung folgt daraus, dass nur Werbeaussagen über konkrete Eigenschaften zu einer Haftung des Verkäufers führen und nicht etwa auch "reißerische Anpreisungen allgemeiner Art ohne Bezugnahme auf nachprüfbare Aussagen über die Beschaffenheit der Kaufsache" (BT-Drucks. 14/6040, S. 214). Schließlich greift die Erweiterung der Soll-Beschaffenheit über § 434 Abs. 1 S. 3 BGB dann nicht ein, wenn der Verkäufer die fragliche Werbeaussage nicht kannte und auch nicht kennen musste (§ 122 Abs. 2, 276 Abs. 2 BGB: auch leichte Fahrlässigkeit schadet!), sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war (z.B. durch eine breit angelegte Rückrufaktion des Herstellers) oder wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte (§ 434 Abs. 1 S. 3 BGB a.E.). Für das Eingreifen eines dieser Ausnahmetatbestände trägt nach allgemeinen Grundsätzen der Verkäufer die Beweislast. Diese im Gesetzeswortlaut durch die negative Formulierung angelegte Beweislastverteilung ("..es sei denn...") beruht auf der Vorgabe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (BT-Drucks. 14/6040, S. 214 f.).

Der Montage- und Montageanleitungsmangel (§ 434 Abs. 2 BGB)

Der mit der Schuldrechtsreform in Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie neu eingeführte § 434 Abs. 2 BGB dehnt das Sachmangelgewährleistungsrecht auch auf vom Verkäufer oder seinem Erfüllungsgehilfen unsachgemäß ausgeführte Montagen (Montagemangel, § 434 Abs. 2 S. 1 BGB) und mangelhafte Montageanleitungen (Montageanleitungsmangel, § 434 Abs. 2 S. 2 BGB) aus. Dabei hat man unter Montage alle zum vertraglich vorausgesetzten Gebrauch der Kaufsache notwendigen Handlungen, insbesondere den Zusammenbau von Einzelteilen, den Einbau am vereinbarten Einsatzort etc., zu verstehen (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 40).

§ 434 Abs. 2 S. 1 BGB stellt den Montagemangel dem Sachmangel für den Fall gleich, dass die Montage vertraglich vereinbart ist. Dabei darf die Montageverpflichtung allerdings nicht den Schwerpunkt der vertraglich geschuldeten Leistung bilden, da der Vertrag sonst nicht als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung, sondern als Werkvertrag zu qualifizieren ist (BT-Drucks. 14/6040, S. 215). Ein Beispiel für einen solchen Vertrag, der auf Grund des Schwerpunktes des werkvertraglichen Elementes als Werkvertrag zu qualifizieren ist, wäre etwa ein Vertrag, in dem sich der Schuldner zur Herstellung und zum Einbau einer Treppe in ein Gebäude verpflichtet (Sprau, in: Palandt, § 651 Rdnr. 4). Die unsachgemäße Montage muss sich, um einen Mangel zu begründen, in einer für den Käufer ungünstigen Weise auf die Kaufsache ausgewirkt haben. Dies ist zum einen dann der Fall, wenn eine zunächst sachmangelfreie Sache geliefert wird, die dann infolge unsachgemäßen Einbaus beschädigt wird (Beispiel: Beschädigung einer Waschmaschine auf Grund unsachgemäßen Wasseranschlusses, so dass Wasser in Teile der Maschine eindringt, die trocken bleiben müssen). Zum anderen ist das der Fall, wenn lediglich die Montage selbst fehlerhaft ist, ohne dass sich dies auf die Beschaffenheit der Sache negativ auswirkt (Beispiel: Der Verkäufer bringt die Schränke einer Einbauküche schief an der Wand an, ohne dass dies zu Qualitätseinbußen bei den Schränken (Risse, Kratzer etc.) führt) (Beispiele nach BT-Drucks. 14/6040, S. 215).

Wird bei einer montagebedürftigen Kaufsache anstatt der Vereinbarung des Einbaus durch den Verkäufer oder einen seiner Erfüllungsgehilfen eine Montageanleitung mitgesandt, so greift § 434 Abs. 2 S. 2 BGB (sogen. "IKEA-Klausel"). Montagebedürftig ("zur Montage bestimmt") ist eine Kaufsache, wenn für ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch der Zusammenbau ihrer Einzelteile, ihre Aufstellung, ihr Einbau oder ihr Anschluss erforderlich ist (Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 47). Mangelhaft ist eine solche Montageanleitung, wenn sie bei der Verwendung durch einen durchschnittlich begabten Käufer des vom Kauf regelmäßig betroffenen Personenkreises nicht zu einer sachgemäßen Montage führen kann, wenn sie also zwangsläufig dazu führt, dass die Montage nicht oder nicht fehlerfrei durchgeführt werden kann oder dass die Kaufsache bei der Montage beschädigt oder zerstört wird. Typische Beispiele hierfür sind unvollständige Anleitungen, Anleitungen in einer fremden Sprache, Anleitungen, die nur einem Fachmann verständlich sind oder Anleitungen, die sich auf ein anderes Produkt beziehen. Kommt es trotz der Mangelhaftigkeit der Montageanleitung im Ergebnis zu einer fehlerfreien Montage, so greift § 434 Abs. 2 S. 2 BGB nicht ein. Das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestandes hat der Verkäufer zu beweisen (vgl. die negative Formulierung des Gesetzeswortlautes: "es sei denn"). Das Entfallen eines Sachmangels bei fehlerfreier Montage ist rechtspolitisch umstritten. So empfinden es z.B. Olzen/Wank, Schuldrechtsreform, Rdnr. 359 als unbefriedigend, dass der Mangel ausgeschlossen sein soll, wenn die Montage etwa nach dem Einsatz von Handwerkern oder dem Kauf besonderer Materialien im Ergebnis vom Käufer erfolgreich herbeigeführt wird, ohne dass er für diese durch die mangelhafte Montageanleitung verursachten Aufwendungen einen Ersatzanspruch erhält.

Die Aliud- und Mankolieferung (§ 434 Abs. 3 BGB)

§ 434 Abs. 3 unterstellt auch die Aliud- und die Mankolieferung, also die Lieferung einer anderen als der gekauften Sache und die Lieferung einer geringeren als der vereinbarten Menge, dem Sachmängelgewährleistungsrecht.

§ 434 Abs. 3 BGB stellt ein aliud dem Sachmangel gleich. Auch die Lieferung einer anderen Sache bewirkt also den Übergang des Erfüllungsanspruches zum Nacherfüllungsanspruch – eine für den Verkäufer durchaus günstige Veränderung der Rechtslage, denn in diesem Moment beginnt die kürzere und vor allem objektive Verjährungsfrist von § 438 BGB zu laufen und dem Verkäufer kommt die gegenüber § 275 Abs. 2 BGB wesentlich günstigere Einrede des § 439 Abs. 3 S. 3 zugute. Der Gesetzgeber wollte mit der Gleichstellung die Probleme beheben, die sich beim Gattungskauf aus der überaus schwierigen Frage ergaben, ob eine Sache nun mangelhaft war (peius) oder ob sie schon einer anderen Gattung angehörte (aliud). Werden zum Beispiel statt der bestellten Kacheln mit einer Größe von 30 cm2 Kacheln mit 35 cm2 geliefert, so fragt sich, ob dies nun einfach andere oder zu große Kacheln sind. Aus dieser Zielsetzung ergibt sich jedoch nicht zwingend, warum ein aliud auch beim Stückkauf (Identitätsaliud) dem Sachmangel gleich stehen soll. Haben sich die Parteien auf eine bestimmte Sache geeinigt und wird eine andere geliefert, so ist dies eindeutig ein aliud und kein Sachmangel. Man kann sich also fragen, ob es sich bei der weiten Fassung von § 434 Abs. 3 BGB um ein Redaktionsversehen handelt. Die Gesetzesmaterialien geben in dieser Hinsicht wenig Aufschluss. Dort heißt es: „Wird beim Stückkauf ein Identitätsaliud geliefert, so kommt neben dem Erfüllungsanspruch auf Lieferung ein davon verschiedener Nacherfüllungsanspruch nicht in Betracht “ (BT-Drucks. 14/6040, S. 216). Hieraus kann man nun entweder lesen, dass das Identitätsaliud nicht einbezogen werden sollte oder dass der Nacherfüllungsanspruch den gleichen Inhalt hat wie der ursprüngliche Erfüllungsanspruch (siehe zur ersten Interpretation: Oechsler, Vertragsrecht, Rn. 114 und zur zweiten: Lorenz, JuS 2003, 38). Entscheidend dürfte jedoch Folgendes sein. Beim Gattungskauf rechtfertigt das Bedürfnis nach Rechtssicherheit die Gleichstellung von aliud und peius. Die Situation beim Stückkauf ist hingegen völlig anders. Verdeutlichen lässt sich dies an folgendem Beispiel. V verkauft K ein Bild, von dem es zwei Versionen gibt, und liefert eine der Versionen. Anschließend streiten die Parteien darum, ob V nun die richtige Version geliefert hat. Dieser Streit kann zwei Gründe haben. Zum einen ist es möglich, dass aus dem Vertrag nicht klar hervorgeht, welche Version gemeint war. Zum anderen könnte es sein, dass die zwei Versionen derartig schwer zu unterscheiden sind, dass eine Verwechslung stattgefunden hat. Eine Rechtsunsicherheit besteht in solchen Fällen nicht. Wir haben es vielmehr mit Beweisschwierigkeiten entweder hinsichtlich des Inhaltes des Vertrages oder der Identität der Sache selbst (wobei letzteres sehr schwer vorstellbar ist) zu tun. Es kann hier keine Unsicherheit im Recht geben, die es rechtfertigen würde, den Käufer auf den für ihn ungünstigeren Nacherfüllungsanspruch zu verweisen. Demzufolge ist eine teleologische Reduktion von § 434 Abs. 3 BGB dahingehend vorzunehmen, dass dieser auf die Stückschuld keine Anwendung findet, sondern nur auf die Gattungsschuld.

Doch auch wenn man § 434 Abs. 3 BGB nur auf die Gattungsschuld anwendet, so verwundert doch die sehr weite Fassung dieser Norm. Sind etwa Legosteine, die anstatt der bestellten Kacheln geliefert werden, mangelhafte Kacheln? So überspitzt diese Frage scheinen mag, beim ersten Lesen des Gesetzestextes ist man versucht, sie zu bejahen. Dies erscheint jedoch schon deshalb bedenklich, weil der Verkäufer mit der Lieferung einer beliebigen Sache die Anwendung der für ihn günstigen kaufvertraglichen Gewährleistungsregeln auslösen könnte. Der Übergang vom Erfüllungs- zum Nacherfüllungsanspruch ist jedoch nur dann sinnvoll, wenn der Verkäufer einen Erfüllungsversuch vorgenommen hat. Ob ein solcher Erfüllungsversuch vorliegt, richtet sich nach der Erfüllungs- bzw. Tilgungsbestimmung. Diese ist als rechtsgeschäftsähnliche Handlung nach den §§ 133, 157 BGB auszulegen. Von einem Erfüllungsversuch kann somit nur dort ausgegangen werden, wo das Handeln des Verkäufers aus der Sicht des objektiven Empfängers auch als solcher zu verstehen ist (Oechsler, Vertragsrecht, Rn. 107). Liefert der Verkäufer Legosteine statt Kacheln, wird ein objektiver Empfänger hierin entweder einen Scherz oder ein Versehen erblicken, keinesfalls aber einen ernsthaften Erfüllungsversuch. Der Erfüllungsanspruch bleibt in einem solchen Fall bestehen.

Anwendung findet § 434 Abs. 3 BGB also nur, wenn der Verkäufer eine andere Gattungssache liefert und diese Lieferung für den Käufer auch als Erfüllungsversuch erkennbar ist. Auf ein aliud finden in diesem Fall die Regeln der §§ 437 ff. BGB Anwendung. Der Käufer kann also den Nacherfüllungsanspruch geltend machen und, wenn der Verkäufer die Nacherfüllungsfrist verstreichen lässt, die übrigen Rechtsbehelfe.

Was aber geschieht, wenn der Verkäufer eine wertvollere Sache liefert? Man stelle sich vor, Käufer K habe Kacheln à 30 cm2 bestellt. V verwechselt die Bestellung des K mit der des B und liefert ihm Kacheln à 35 cm2. K bemerkt dies zunächst nicht. Als er den Fehler sieht, ist er hoch zufrieden, denn die gelieferten Kacheln sind ein wenig teurer. V hat den Fehler inzwischen auch bemerkt und verlangt die Kacheln von K heraus. Das Problem dieses Beispielsfalles wird unter dem Schlagwort besseres aliud diskutiert. Das in den §§ 437 ff. BGB normierte Sachmängelgewährleistungsrecht gibt nur dem Käufer Rechte nicht aber dem Verkäufer. Zwar wird manchmal von einem Recht des Verkäufers zur zweiten Andienung gesprochen, dies ist indes terminologisch nicht korrekt. Es ist der Käufer der zunächst Nacherfüllung verlangen muss, bevor er andere Gewährleistungsrechte geltend machen kann. Folglich handelt es sich bei der Nacherfüllung nicht um ein Recht des Verkäufers im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr um eine Begrenzung der Käuferrechte, die dem Verkäufer zu Gute kommt. Solange der Käufer die Nacherfüllung nicht verlangt, kann sie ihm vom Verkäufer nicht aufgedrängt werden. Das Gewährleistungsrecht kommt dem Verkäufer daher nicht zur Hilfe.

Aber gibt der Kaufvertrag dem Käufer tatsächlich auch das Recht, die bessere Sache zu behalten, oder ist die Lieferung einer anderen Sache vielmehr ein indebitum, das der Verkäufer gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt BGB herausfordern kann? Das aliud war jedenfalls zunächst nicht die Sache, die geschuldet wurde. Hieraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass es ohne Rechtsgrund erlangt wurde. Eine mangelhafte Sache darf der Käufer grundsätzlich behalten, denn es steht in seinem Belieben, ob er den Nacherfüllungsanspruch geltend macht oder nicht. Auch die Leistung einer mangelhaften Sache erfolgt daher nicht ohne Rechtsgrund, das Gewährleistungsrecht vermittelt in diesem Fall den Rechtsgrund (Musielak, NJW 2003, 90; anders Lorenz, JuS 2003, 38). Aufgrund der Gleichstellung von aliud und Sachmangel durch § 434 Abs. 3 BGB muss dies auch für die Lieferung einer anderen Sache gelten. Auch die Leistung eines aliud ist demzufolge zunächst nicht rechtsgrundlos. Es scheint, als wäre dem Verkäufer auch der Weg über die condictio indebiti versperrt. Hat also der Gesetzgeber eine Vorschrift geschaffen, die in ihrer strikten Anwendung zu einem völlig untragbaren Ergebnis führt (so Musielak, NJW 2003, 92)?

Man kann die Problematik des besseren aliud jedoch nicht rein abstrakt, losgelöst von der Situation, in der sie auftritt, betrachten. Tatsächlich wird die Lieferung einer anderen besseren Sache immer auf einen Irrtum des Verkäufers zurückzuführen sein. Entweder wird er wie in unserem Beispiel zwei Kunden verwechselt haben oder er hat die zu liefernde Sache selbst mit einer anderen verwechselt. Dieser Irrtum haftet dann der Tilgungsbestimmung an. Als rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist die Tilgungsbestimmung den allgemeinen Regeln unterworfen und demzufolge auch analog §§ 119 Abs. 2, 142 BGB anfechtbar. Die Anwendung von § 119 Abs. 2 BGB auf einen Irrtum des Verkäufers wird durch das Gewährleistungsrecht schon deshalb nicht ausgeschlossen, weil dieses keine Rechte des Verkäufers, sondern nur Rechte des Käufers regelt. Die Lieferung eines aliud berechtigt den Verkäufer daher regelmäßig zur Anfechtung der Tilgungsbestimmung. Durch die Anfechtung entfällt der Rechtsgrund seiner Leistung ex tunc und der Weg für die condictio indebiti ist frei. Das bessere aliud stellt den Rechtsanwender also keineswegs vor ein unlösbares Problem.

Bei § 434 Abs. 3 2. Alt BGB ist zu beachten, dass diese Vorschrift trotz ihres umfassenden Wortlauts nur den Fall erfasst, dass der Verkäufer nach dem Empfängerhorizont des Käufers die zu geringe Menge zum Zwecke der Erfüllung seiner ganzen Verbindlichkeit liefert und dabei ausdrücklich oder konkludent zum Ausdruck bringt, dass die Lieferung in der Absicht erfolgt, die Verbindlichkeit vollständig zu erfüllen. Demgegenüber erfasst sie nicht auch den Fall der bewusst als solcher erbrachten Teilleistung, die der Käufer regelmäßig nach § 266 BGB zurückweisen darf und bei der er gemäß § 323 BGB vom ganzen Vertrag zurücktreten oder gemäß §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 BGB Schadensersatz statt der Leistung oder gem. gemäß § 280 Abs. 1 und Abs. 2, 286 BGB Verzugsschaden geltend machen kann. Mit anderen Worten: § 434 Abs. 3 2. Alt. BGB erfasst nur den Fall der verdeckten oder unbewussten Mankolieferung und nicht auch den Fall der offenen oder bewussten Mankolieferung (BT-Drucks. 14/6040, S.216; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 496).

Im Gegensatz zur Zuweniglieferung (Mankolieferung) wird die Zuviellieferung nicht von § 434 Abs. 3 2. Alt. BGB erfasst. Im Fall der Lieferung einer zu großen Menge kann der Verkäufer das zuviel Geleistete im Wege der Leistungskondiktion § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB, 818 Abs. 1 BGB herausverlangen. Ist die Herausgabe nicht möglich, so hat er einen Anspruch auf Wertersatz § 818 Abs. 2 BGB. Ein vertraglicher Anspruch auf Kaufpreiszahlung für das zuviel Geleistete wird dagegen, auch beim bewussten Schweigen des Käufers auf die Zuvielleistung, nicht begründet (Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 496; Weidenkaff, in: Palandt, § 434 Rdnr. 53).

Zuletzt geändert: Freitag, 13. Mai 2011, 13:54