Der Anspruch auf Nacherfüllung (§§ 437 Nr. 1, 439 BGB)

Im alten Recht konnte der Käufer sich bei Vorliegen eines Sachmangels sofort mittels der Wandelung vom Vertrag lösen. Die Wandelung war damit der eigentlich prägende Rechtsbehelf des auf rasche Abwicklung (vgl. die kurze Verjährung von sechs Monaten im alten Recht) und Rückabwicklung ausgerichteten Sachmängelgewährleistungsrechts des früheren Rechts. Diese Konzeption war für den Käufer, der zwischenzeitlich den Abschluss des Kaufvertrages bereute, von unschätzbarem Vorteil, da sie es ihm ermöglichte, sich sozusagen aus "Anlass" eines Sachmangels von dem Vertrag zu lösen (vgl. dazu den insgesamt lesenswerten Aufsatz von Lorenz, JZ 2001, 742, 743). Demgegenüber war diese Konzeption für denjenigen Käufer einer Sache nachteilig, der gegen Nachbesserung an dem Kaufvertrag festhalten wollte. Denn einen Anspruch auf Nachbesserung - im Sinne von Beseitigung des Mangels - kannte das ehemalige kaufrechtliche Gewährleistungsrecht im Gegensatz zum Werkvertragsrecht nicht. Einen solchen Anspruch konnte der Käufer daher lediglich dann haben, wenn er ihn vertraglich vereinbart hatte.

Mit dem neuen Gewährleistungsrecht hat der Gesetzgeber vor dem Hintergrund der soeben aufgezeigten Konzeption des alten Rechts einen Paradigmenwechsel vollzogen. Im Falle des Vorliegens eines Mangels steht nunmehr nicht mehr das rasche Loslösen vom Vertrag, sondern das Festhalten an demselben unter Herbeiführung eines vertragsgerechten Zustandes im Vordergrund. Dreh- und Angelpunkt dieser Neuausrichtung des Gewährleistungsrechts ist der Anspruch auf Nacherfüllung gemäß §§ 437 Nr. 1, 439 BGB, der die Wandlung als zentralen Rechtsbehelf des Gewährleistungsrechts abgelöst hat. Rechtstechnisch hat der Gesetzgeber dies dadurch bewerkstelligt, dass er sämtliche anderen gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfe des Käufers (Rücktritt, Minderung, Schadensersatz statt der Leistung) grundsätzlich davon abhängig gemacht hat, dass eine vom Käufer gesetzte Frist zur Nacherfüllung fruchtlos abgelaufen ist (vgl. §§ 281 Abs. 1, 323 Abs. 1, 441 Abs. 1 ("statt zurückzutreten", was soviel heißt wie "unter den Voraussetzungen des § 323 Abs. 1") BGB). In dieser Regelungstechnik kommt der das neue Gewährleistungsrecht prägende Grundsatz des "Vorrangs der Nacherfüllung", wonach die Rechtsbehelfe Rücktritt, Minderung und Schadensersatz statt der Leistung gegenüber dem primären Rechtsbehelf der Nacherfüllung sekundäre Rechtsbehelfe darstellen, klar zum Ausdruck (vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 504). Man kann diese Neukonzeption des Mängelgewährleistungsrechts auch mit dem Begriff des "zweistufigen Rechtsbehelfssystems" umschreiben (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kapitel 13, Rdnr. 9).

Der Rechtsfolge nach geht der Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB nach Wahl des Käufers entweder auf Beseitigung des Mangels oder auf Lieferung einer mangelfreien Sache. Ein echtes Wahlrecht in diesem Sinne hat der Käufer aber nur im Fall des Gattungskaufs. Beim Stückkauf ist nämlich infolge der von Anfang an vereinbarten Beschränkung der Leistungspflicht auf einen bestimmten Kaufgegenstand die Lieferung einer mangelfreien Sache objektiv unmöglich (Ausnahme: Lieferung eines Identitätsaliuds!), so dass der Verkäufer insoweit gemäß § 275 Abs. 1 BGB von seiner Nacherfüllungspflicht frei ist und von vorneherein nur Beseitigung des Mangels schuldet (vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 505; Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kaptitel 13, Rdnr. 20; a.A. z.B. Schubel, in: JuS 2002, 313, 316 m.w.N, für den Fall des "Stückkaufs über vertretbare Sachen", der allerdings - wie die nachfolgenden Ausführungen zeigen - den Begriff des Stückkaufs zu weit fasst; a.A. jetzt auch der Bundesgerichtshof BGH, Urteil vom 07.06.2006, VIII ZR 209/05). Dabei ist natürlich im Einzelfall durch Auslegung der Willenserklärungen der Parteien sorgfältig zu ermitteln, ob wirklich ein Stückkauf oder ein Gattungskauf vorliegt. Beim Kauf von Massenware hängt dies davon ab, ob eine der Parteien für die andere erkennbar Wert darauf legt, dass sich der Vertrag ausschließlich auf einen individualisierten Gegenstand als solchen bezieht. Um ein Beispiel von Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 506 aufzugreifen, ist das etwa dann zu bejahen, wenn der Verkäufer einen solchen Artikel wegen Geschäftsaufgabe oder Abstoß eines schwer verkäuflichen Restpostens verkauft. Dann kann man nämlich anders als beim üblichen Verkauf einer vertretbaren Sache im Kaufhaus nicht annehmen, der Verkäufer könne und wolle jederzeit einen anderen Gegenstand aus der Gattung nachliefern. Hat aber im Falle des Kaufs eines Massenartikels im Kaufhaus keine der beiden Parteien ein solches besonderes Interesse an der Beschränkung der Leistungspflicht auf einen bestimmten Gegenstand, so liegt kein "Stückkauf über eine vertretbare Sache" vor, sondern ein Gattungskauf, bei dem der Nacherfüllungsanspruch des Käufers gemäß § 439 Abs. 1 BGB nach dessen Wahl auf Nachbesserung oder Nachlieferung gerichtet ist.

Neben der Unterscheidung zwischen Gattungskauf und Stückkauf ist für den Inhalt des Nacherfüllungsanspruchs auch die Art des jeweiligen Mangels von erheblicher Bedeutung. Beim Montagemangel nach § 434 Abs. 2 Satz 1 BGB kommt beim Stückkauf - aus den oben genannten Gründen - nur Nachbesserung in Betracht, während beim Gattungskauf, vorbehaltlich des Eingreifens von § 439 Abs. 3 BGB, nach Wahl des Käufers Nachbesserung oder Ersatzlieferung nebst deren Montage in Betracht kommt, weil das Gesetz den Montagemangel einem echten Sachmangel gleichstellt. Besonders problematisch ist der Inhalt des Nacherfüllungsanspruchs im Fall des Montageanleitungsmangels nach § 434 Abs. 2 S. 2 BGB. Hier scheidet als möglicher Anspruchsinhalt die Ersatzlieferung nebst Montage durch den Verkäufer aus, da der Anspruch auf Nacherfüllung dogmatisch betrachtet nur ein modifizierter Erfüllungsanspruch ist und im Fall des § 434 Abs. 2 S. 2 BGB der Verkäufer die Montage gerade nicht als Erfüllung schuldet. In Betracht kommt hier also entweder nur die Lieferung einer fehlerfreien Montageanleitung (Nachbesserung) oder im Falle eines Gattungskaufs die Lieferung einer neuen Kaufsache nebst fehlerfreier Montageanleitung (Ersatzlieferung) (vgl. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, Kapitel 13, Rdnr. 21). Beim Aliudmangel nach § 434 Abs. 3 1. Alt. BGB kommt als Nacherfüllung beim Stückkauf nur Ersatzlieferung in Form der vertraglich geschuldeten Sache in Betracht. Auch beim Gattungskauf wird regelmäßig nur Ersatzlieferung in Form der Lieferung von Sachen mittlerer Art und Güte aus der geschuldeten Gattung in Betracht kommen und Nachbesserung als unmöglich gemäß § 275 Abs. 1 BGB ausscheiden: Wie sollte eine Nachbesserung auch aussehen, wenn statt der vertraglich vereinbarten 20 kg Tomaten die gleiche Menge Äpfel geliefert wird? Dennoch sind beim Gattungskauf Fälle denkbar, in denen die gelieferte Sache durch Nachbesserung vom aliud zur vertraglich geschuldeten Leistung wird. Die Gesetzesmaterialien nennen als Beispiel hierfür den Fall, dass eine gelieferte Maschine durch Einbau eines Aggregates zu einer Sache umgerüstet werden kann, die einer anderen Gattung angehört (BT - Drucks. 14/6040, S. 216). Bei der Mankolieferung nach § 434 Abs. 3 2. Alt. BGB schließlich kommt Nachbesserung durch Lieferung der fehlenden Menge und Ersatzlieferung durch Neulieferung der geschuldeten Menge in Betracht (Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 216 und Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 509).

Der Anspruch auf Nacherfüllung in Form von Nachbesserung oder Ersatzlieferung kann wie gezeigt nach § 275 Abs. 1 auf Grund von Unmöglichkeit ausgeschlossen sein. Ebenso kann der Verkäufer den Anspruch bei Vorliegen der jeweiligen Voraussetzungen auch durch Erhebung der Einrede aus § 275 Abs. 2 oder 3 zum Erlöschen bringen. Schließlich hat der Verkäufer ein Leistungsverweigerungsrecht gegenüber der gewählten Art der Nacherfüllung aus § 439 Abs. 3 BGB, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist. Bei der insoweit anzustellenden Verhältnismäßigkeitsprüfung sind neben anderen Abwägungsgesichtspunkten kraft § 439 Abs. 3 S. 2 BGB insbesondere der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand, die Bedeutung des Mangels und die Frage zu berücksichtigen, ob auf die andere Art der Nacherfüllung ohne erhebliche Nachteile für den Käufer zurückgegriffen werden könnte. Bei diesen Kriterien wird für die praktische Fallbearbeitung das Zusammenspiel des Werts der Sache zum Interesse des Käufers gerade an der konkret gewählten Art der Nacherfüllung eine große Rolle spielen. So wird man bei geringwertigen vertretbaren Konsumgütern die Nachbesserung regelmäßig als unverhältnismäßig qualifizieren können (Beispiel nach BT-Drucks. 14/6040, S. 232: Schraube mit Gewindefehler; weiteres Beispiel: die als Mineralwasser mit Kohlensäure gekaufte Wasserflasche enthält nur stilles Wasser). Umgekehrt wird bei hochwertigen Gütern mit leicht behebbaren Mängeln die Ersatzlieferung in der Regel unverhältnismäßig sein (Beispiel nach BT-Drucks. 14/6040, S. 232: Mangel einer Waschmaschine kann durch bloßes Austauschen einer Schraube behoben werden). Darüber hinaus ist jedoch umstritten, welche Rolle es für die Unverhältnismäßigkeit spielt, ob der Verkäufer eigene Reparaturmöglichkeiten hat bzw. zu welchen Bedingungen er sie sich beschaffen könnte. Dabei dürfte unstrittig sein, dass man die geringsten Anforderungen insoweit an den privaten, nicht gewerblichen Verkäufer stellen kann (vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 232). Aber auch bei ihm ist die Nachbesserung nicht per se unverhältnismäßig. Vielmehr kommt es für die Verhältnismäßigkeitsprüfung bei ihm darauf an, zu welchem Preis er die Nachbesserung am Markt "einkaufen" kann.

Besonders umstritten ist demgegenüber die Situation des "Händlers ohne Reparaturwerkstatt". Bei diesem per se ebenfalls niedrigere Maßstäbe anzulegen (in diese Richtung: BT-Drucks. 14/6040, S. 232), scheint verfehlt, da er sich auf die Verkäuferpflichten aus §§ 433 Abs. 1 S. 2, 437 Nr. 2, 439 Abs. 1 BGB einstellen kann und muss. Das bedeutet konkret, dass er für den Fall des Nacherfüllungsbegehrens Vorsorge treffen kann, indem er etwa bei langfristigen Lieferverträgen mit großen Unternehmen vertragliche Vereinbarungen mit denselben über einen Nachbesserungsservice seitens des Unternehmens trifft oder einen günstigen Dauervertrag mit auf die Reparatur der Kaufsache spezialisierten Werkunternehmern abschließt, auf den er ihm Nacherfüllungsfall zurückgreifen kann. Tut er dies nicht, so kann er sich bei Inanspruchnahme auf Nachbesserung aus § 439 Abs. 1 BGB im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 439 Abs. 3 BGB nicht auf den marktüblichen Reparaturpreis berufen, sondern muss sich den bei entsprechender Vorsorge erzielbaren günstigeren Werklohn entgegenhalten lassen (vgl. Schubel, in: JuS 2002, 313, 316; Bitter/Meidt, in: ZIP 2001, 2114, 2122).

Der Vorrang der Nacherfüllung entfällt, wenn beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind, vom Verkäufer gemäß § 439 Abs. 3 BGB verweigert werden oder wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen oder ihm unzumutbar ist (§ 440 BGB). Dabei gilt eine Nachbesserung nach der gesetzlichen Vermutung des § 440 S. 2 BGB nach dem erfolglosen zweiten Versuch der Nacherfüllung als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Bei der Prüfung des Merkmales der "Unzumutbarkeit" soll nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere auf die Art der Sache und den vom Käufer mit ihr verfolgten Zweck abgestellt werden (BT-Drucks. 14/6040, S. 233 f.). Hierbei wird insbesondere auch die Frage eine Rolle spielen, ob es dem Käufer nach dem von ihm mit der Kaufsache verfolgten Zweck auf eine rasche Verfügbarkeit der Kaufsache ankam und wie viel Zeit die ihm zustehende Art der Nacherfüllung voraussichtlich in Anspruch nehmen wird (vgl. Weidenkaff, in: Palandt, § 440 Rdnr. 8).

Wenn der Verkäufer zum Zwecke der Nacherfüllung eine mangelfreie Sache liefert, so stellt sich die Frage, was mit der mangelhaften Sache werden soll. Die Antwort gibt § 439 Abs. 4 BGB. Der Verkäufer kann vom Käufer Rückgewähr der mangelhaften Sache nach Maßgabe der §§ 346 BGB bis § 348 BGB verlangen. Damit schuldet der Käufer auch Nutzungsersatz für die Zeit der Nutzung der mangelhaften Sache. Es war umstritten, ob diese Regelung für den Verbrauchsgüterkauf mit der europäischen Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf vereinbar ist, die dem Käufer die Geltendmachung der Mängelrechte ohne Kosten einräumt. Der Bundesgerichtshof hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt (BGH, Beschluss vom 16. August 2006, VIII ZR 200/05, NJW 2006, 3200). Siehe dazu die Dokumentation bei Lorenz in München. Der Europäische Gerichtshof hat die Regelung für unvereinbar mit der Richtlinie zum Verbrauchsgüterkauf gehalten. Der deutsche Gesetzgeber hat daraufhin für den Verbrauchsgüterkauf den Nutzungsersatz ausgeschlossen (§ 474 Abs. 2 BGB).

Von großer praktischer Bedeutung kann der Erfüllungsort für die Pflicht zur Nacherfüllung sein. Dazu hat der Bundesgerichtshof erst kürzlich in einer Grundsatzentscheidung festgestellt, dass der Erfüllungsort sich nach dem Ort bestimme, an dem die ursprüngliche Erfüllungspflicht zu erfüllen war. Der Käufer darf sich deshalb regelmäßig nicht damit begnügen, den Verkäufer aufzufordern, die mangelhafte Sache bei ihm abzuholen; er muss sie selbst zum Verkäufer bringen, damit dieser seiner Pflicht zur Nacherfüllung genügen kann (BGH, Urteil vom 13.04.2011, VIII ZR 220/10).

In das gesamte Recht der Nacherfüllung ist mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 21.12.2011, VIII ZR 70/08) erhebliche Bewegung gekommen. Mit dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof versucht, das Recht der Nacherfüllung den europarechtlichen Vorgaben anzupassen, nachdem der Europäische Gerichtshof Teile der deutschen Regelung für europarechtswidrig erklärt hatte. Als europarechtswidrig hatten sich erwiesen:

  • der Ausschluss der Kosten des Ausbaus der mangelhaften und der Kosten des Einbaus der neuen Sache, wenn die mangelhafte Sache (Fliesen, Parkettstäbe) schon verbaut waren,
  • der Ausschluss beider Arten der Nacherfüllung wegen Unverhältnismäßigkeit in § 439 Abs. 3 BGB (absolute statt relative Unverhältnismäßigkeit).

Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sieht das Recht der Nacherfüllung (bis zur Neuregelung durch den Gesetzgeber) wie folgt aus:

  • Die Nachlieferung umfasst bei schon verbauten Kaufgegenständen den Ausbau der mangelhaften Sache und den Einbau der neuen Sache durch den Verkäufer (auch wenn ursprünglich kein Einbau geschuldet war).
  • Der Verkäufer kann die Nachlieferung nur bei relativer Unverhältnismäßigkeit (Vergleich der Nachlieferung mit der Nachbesserung) verweigern.
  • Bei absoluter Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung (Vergleich der Kosten der Nachlieferung mit dem Wert des Kaufgegenstandes ...) darf der Verkäufer den Käufer auf einen Geldanspruch verweisen, der sich am Wert des Kaufgegenstandes orientiert (im konkreten Fall waren es 600 Euro bei einem Kaufpreis von 1100 Euro).

Mit der in Punkt 1 getroffenen Regelung dürfte die Entscheidung über den Erfüllungsort hinfällig werden. Punkt 1 wurde ursprünglich auch nicht auf den Verbrauchsgüterkauf beschränkt, während die Punkte 2 und 3 von Beginn an nur für den Verbrauchsgüterkauf galten. Später hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass auch Punkt 1 nur für den Verbrauchsgüterkauf gilt (BGH Urteil vom 17.10.2012, VIII ZR 226/11, bestätigt in Urteil vom 2.4.2014, VII ZR 46/13).

Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323 bzw. 326 Abs. 5 BGB

Das Rücktrittsrecht ist einer der gegenüber dem Anspruch auf Nacherfüllung subsidiären Rechtsbehelfe des Mangelgewährleistungsrechts. Infolge der mit der Schuldrechtsreform vollzogenen Einbettung des Gewährleistungsrechts ist es bis auf wenige Modifikationen nach den §§ 438 ff. BGB sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen mit den gesetzlichen Rücktrittsrechten des allgemeinen Schuldrechts identisch. Damit hat das Gewährleistungsrecht gegenüber der alten Rechtslage, die mit der Wandlung nach § 462 BGB a.F. einen eigenständigen auf Rückabwicklung gerichteten gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelf kannte, eine Kehrtwende vollzogen. Alle mit der speziellen Ausgestaltung dieses spezifisch kaufrechtlichen Rechtsbehelfs verbundenen Probleme des alten Rechts, die daraus resultierten, dass dieser Rechtsbehelf nicht wie das Rücktrittsrecht als Gestaltungsrecht, sondern als gegen den Verkäufer gerichteter Anspruch auf Begründung eines Rückabwicklungsschuldverhältnisses ausgestaltet war (Stichwort: Wandelungstheorien), sind dadurch erledigt. Zugleich führt die Tatsache, dass das Rücktrittsrecht ein Gestaltungsrecht ist, dazu, dass die Rechtsfolgen unmittelbar durch die (wirksame) Rücktrittserklärung ausgelöst werden mit der Folge, dass der Käufer vom (wirksam) erklärten Rücktritt nicht mehr einseitig auf den Anspruch auf Nacherfüllung oder auf die Minderung übergehen kann (vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 522).

Wie beim Rücktritt wegen Pflichtverletzung nach allgemeinem Schuldrecht muss man auch beim Rücktritt wegen Mangels der Kaufsache zwischen den beiden Rechtsgrundlagen § 323 BGB einerseits und § 326 Abs. 5 BGB andererseits unterscheiden. Dabei erfolgt die Abgrenzung zwischen diesen beiden Vorschriften bezogen auf den Nacherfüllungsanspruch aus § 439 BGB: Ist der Anspruch auf Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 BGB erloschen, kann der Käufer unter den Voraussetzungen des § 326 Abs. 5 zurücktreten. Im Übrigen ist bei einem Mangel der Rücktritt gemäß §§ 440, 323 BGB eröffnet. Nachfolgend sollen die Voraussetzungen dieser Rücktrittsrechte kurz dargestellt werden.

Beim Rücktrittsrecht aus §§ 437 Nr. 2, 440, 323 BGB sind folgende Merkmale zu prüfen:

* Rücktrittserklärung (§ 349 BGB):

Der Käufer muss sein Rücktrittsrecht durch Abgabe der Rücktrittserklärung, einer empfangsbedürftigen Willenserklärung, ausgeübt haben und diese muss dem Verkäufer zugegangen sein.

* Fälliger durchsetzbarer Anspruch des Käufers auf Leistung eines mangelfreien Kaufgegenstandes aus Kaufvertrag (§ 433 Abs. 1 BGB):

Zwischen den Parteien muss selbstverständlich ein Kaufvertrag bestehen, aus dem dem Käufer ein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf Leistung eines mangelfreien Kaufgegenstandes gegen den Verkäufer erwächst. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Anspruch nach § 275 Abs. 1 - 3 BGB ausgeschlossen ist, weil die geschuldete Leistung einschließlich Nacherfüllung anfänglich oder nachträglich unmöglich ist oder der Verkäufer mit Recht die Einreden aus § 275 Abs. 2 bzw. 3 BGB erhoben hat. Es ist aber auch ferner nicht der Fall, wenn der Anspruch nach den vertraglichen Abreden noch nicht fällig ist (vgl. § 271 BGB) oder fällig, aber nicht durchsetzbar ist, weil der Verkäufer ein Leistungsverweigerungsrecht ausgeübt hat oder der Käufer - sofern keine Vorleistungspflicht vereinbart worden ist - die eigene Gegenleistung noch nicht angeboten hat, so dass dem Verkäufer die Einrede aus § 320 BGB zusteht (vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 191).

* Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes gemäß § 434 bzw. 435 BGB:

§ 323 Abs. 1 BGB setzt weiter voraus, dass die vom Verkäufer erbrachte Leistung "nicht vertragsgemäß" ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie einen Sach- oder Rechtsmangel im Sinne des § 434 bzw. § 435 BGB aufweist.

* Fruchtloser Ablauf einer angemessenen Nachfrist zur Nacherfüllung:

Wegen des Vorranges der Nacherfüllung kann der Käufer regelmäßig nicht sofort nach Erhalt einer mangelhaften Leistung vom Vertrag zurücktreten, sondern muss zunächst eine angemessene Frist zur Nacherfüllung setzen. Diese Fristsetzung muss keine Ablehnungsandrohung mit konkreter Inaussichtstellung der mit dem fruchtlosen Ablauf der Frist eintretenden Rechtsfolgen enthalten. Einzig erforderlich ist, dass der Verkäufer der Fristsetzung entnehmen kann, dass der Käufer das Nacherfüllungsbegehren ernst meint. Dem werden etwa Formulierungen wie "höfliche Bitte, die Leistung in den nächsten Wochen zu erbringen" etc. nicht gerecht (vgl. hierzu: Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 196; Grüneberg, in: Palandt, § 323 Rdnr. 13). Schließlich muss die Aufforderung zur Nacherfüllung entweder die begehrte Leistung in der Weise hinreichend klar bestimmen, dass der Verkäufer über den Inhalt des Begehrens nicht im Zweifel sein kann, oder aber so allgemein gehalten sein, dass der Verkäufer der Aufforderung entnehmen kann, dass der Käufer konkludent auf die Ausübung seines Wahlrechts verzichtet und ihm die Wahl zwischen den verschiedenen Varianten der Nacherfüllung überlässt (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kapitel, Rdnr. 66). Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Fristsetzung ist zu berücksichtigen, dass der Verkäufer trotz Fälligkeit nicht vertragsgemäß geleistet hat. Daher ist die Angemessenheit nicht danach auszurichten, wie viel Zeit der Verkäufer unter normalen Umständen zur vollständigen Erbringung der Leistung benötigen würde, sondern danach, wie lange der Verkäufer dafür benötigt, eine bereits begonnene und im wesentlichen bereits abgeschlossene Leistung zu Ende zu bringen. Insbesondere bei sogenannten "Alltagsgeschäften" kann dies, wenn sie nicht ohnehin schon unter § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB fallen, zu sehr kurzen Fristen führen (BT - Drucks. 14/6040, S. 234). Ist die Fristsetzung auch an diesen Maßstäben gemessen unangemessen, so ist sie gleichwohl nicht unwirksam. An ihre Stelle tritt dann lediglich eine vom Gericht für angemessen gehaltene Frist (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kapitel, Rdnr. 198).

Allerdings kann das Erfordernis der Setzung einer angemessenen Frist zur Nacherfüllung auch gemäß § 323 Abs. 2 bzw. § 440 S. 1 BGB entfallen. Gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist die Fristsetzung zur Nacherfüllung entbehrlich, wenn der Verkäufer die Leistung endgültig und ernsthaft verweigert. An das Vorliegen dieses Merkmales sind allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Sie lassen sich auf die griffige Kurzformel bringen, dass die Weigerung des Schuldners als sein letztes Wort aufzufassen sein muss (Grüneberg, in: Palandt, § 323 Rdnr. 18). Nach § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die Fristsetzung entbehrlich, wenn im Vertrag ein bestimmter Termin oder eine bestimmte Frist zur Leistungserbringung bestimmt war und der Käufer den Fortbestand seines Leistungsinteresses an die Rechtzeitigkeit der Leistung gebunden hat. Damit wird für den Fall des relativen Fixgeschäftes ein sofortiges Rücktrittsrecht begründet. Das in § 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB geregelte relative Fixgeschäft ist von dem bereits besprochenen absoluten Fixgeschäft zu unterscheiden, bei dem die die Leistungszeit derart in den Inhalt der vertraglich geschuldeten Leistung einbezogen ist, dass die Überschreitung der Leistungszeit bereits zur Unmöglichkeit der Leistung führt, so dass das Rücktrittsrecht aus § 326 Abs. 5 BGB folgt. Die vertragliche Vereinbarung eines solchen relativen Fixgeschäftes kann nur bejaht werden, die Einhaltung der Leistungszeit für den Verkäufer erkennbar für den Käufer so wesentlich ist, dass mit der zeitgerechten Leistung das Geschäft "stehen und fallen soll". Typische Beispiele für einen solchen Willen zum Ausdruck bringende Formulierungen in Vertragstexten sind Formulierungen wie "fix", "genau", "präzise", "prompt" oder "Lieferung zum Verkauf für Weihnachten/Ostern" etc. (vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 323 Rdnr. 20).

Ferner ist die Fristsetzung gemäß § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen". Durch diesen bewusst weit gefassten Tatbestand werden insbesondere die Fälle erfasst, in denen die Erfüllung des Vertrages infolge des Verzugs des Verkäufers kein Interesse mehr hat. Ein typisches Beispiel hierfür ist, dass der Verkäufer mangelhafte Saisonware liefert und die Nacherfüllung in einen Zeitraum fallen würde, in der der Käufer infolge Ablaufes der Saison kein Interesse mehr an der Ware hätte. Das Abstellen auf die beiderseitigen Parteiinteressen in § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB ist so zu verstehen, dass das Interesse des Käufers an sofortigem Rücktritt jedenfalls in den Fällen, in denen sein Interesse an Erfüllung vollkommen wegfallen ist, das Interesse des Verkäufers an dem Festhalten am Vertrag überwiegt (Huber/Faust, 13. Kapitel, Rdnr. 31).

Ferner hält der Gesetzgeber so genannte "Alltagsgeschäfte", bei denen der Käufer meist ein Interesse an sofortiger Nutzung der Sache hat, für einen typischen Anwendungsbereich des § 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB (Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 234).

Gemäß § 440 S. 1 1. Alt. BGB ist die Nachfristsetzung speziell im Kaufrecht dann entbehrlich, wenn der Verkäufer beide Arten der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 BGB verweigert. Dem ist im Wege des Analogieschlusses der Fall gleichzusetzen, dass die eine Art der Nacherfüllung gemäß § 275 Abs. 1 - 3 BGB ausgeschlossen ist und der Verkäufer die andere Art der Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 3 BGB verweigert (Weidenkaff, in: Palandt, § 440 Rdnr. 5). Ferner ist die Fristsetzung gemäß § 440 S. 1 2. Alt. BGB entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Art der Nacherfüllung fehlgeschlagen ist. Ein solches Fehlschlagen kommt in Betracht bei Unzulänglichkeit, unberechtigter Verweigerung, ungebührlicher Verzögerung und misslungener Versuche der Nachbesserung bzw. Ersatzlieferung (Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 233). Gerade für letzteren Fall enthält § 440 S. 2 BGB eine gesetzliche Vermutung: Danach gilt die Nachbesserung nach dem zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht aus der Art der Sache oder des Mangels oder aus den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt. Schließlich ist die Fristsetzung gemäß § 440 S. 1 3. Alt. BGB entbehrlich, wenn die dem Käufer zustehende Ersatzlieferung ihm unzumutbar ist. Dies kann nur auf Grund einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalles bejaht werden. Danach kann sich die Unzumutbarkeit etwa daraus ergeben, dass die allein in Frage kommende Nachbesserung zu einer übermäßigen Lärm- oder Schmutzbelästigung des Käufers führt oder aber mit erheblichem Zeitaufwand verbunden wäre, der dem Käufer nicht durch einen entsprechenden Verzögerungsschaden ausgeglichen wird (vgl. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kapitel, Rdnr. 71).

* Kein Ausschluss des Rücktrittsrechts gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 bzw. Abs. 6 BGB (Beweislast: Verkäufer !):

Nach § 323 Abs. 5 S. 2 BGB ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist. Dieses Merkmal ist eng auszulegen und soll nur Bagatellfälle erfassen, bei denen die Ausübung des Rücktrittsrechts rechtsmissbräuchlich erschiene (Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kapitel, Rdnr. 75). Ferner ist der Rücktritt gemäß § 323 Abs. 6 BGB ausgeschlossen, wenn der Käufer für den Mangel allein oder weit überwiegend verantwortlich ist, oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Mangel zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Käufer sich im Annahmeverzug befindet. Damit § 323 Abs. 6 1. Alt. BGB im Hinblick auf das Verschulden des Käufers eingreifen kann, muss dieses so sehr überwiegen, dass die "Anspruchskürzung" gemäß § 254 BGB im Falle eines Schadensersatzverlangens des Käufers den Schadenersatzanspruch ganz ausschließen würde (BT-Drucks. 14/6040, S. 187). Dafür ist eine Mitverschuldensquote des Käufers von mindestens 90% erforderlich (vgl. Grüneberg, in: Palandt, § 323 Rdnr. 29, der unter Umständen sogar eine Mitverschuldensquote von 80% ausreichen lassen möchte).

Bei dem Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 326 Abs. 5 BGB ist die Prüfung wie folgt modifiziert:

* Rücktrittserklärung des Käufers (§ 349 BGB)

* Kaufvertrag, den der Verkäufer nicht erfüllt, weil er eine gemäß §§ 434 bzw. 435 BGB mangelhafte Sache geliefert hat und bei dem der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung gemäß § 275 Abs. 1 - 3 BGB ausgeschlossen ist

* Kein Ausschluss des Rücktrittsrechts gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB bzw. § 323 Abs. 6 BGB

Eine Darstellung der Rechtsfolgen des erklärten Rücktritts ist an dieser Stelle entbehrlich, da wir diese bereits an anderer Stelle ausführlich behandelt haben.

Minderung

Gemäß § 441 Abs. 1 BGB kann der Käufer, "statt zurückzutreten", den Kaufpreis durch Erklärung gegenüber dem Verkäufer mindern. Durch die Bezugnahme auf den Rücktritt wird deutlich, dass die Voraussetzungen des Rücktrittsrechts wegen Mängeln des Kaufgegenstandes und des Minderungsrechts identisch sind. Alle dort angesprochenen Merkmale sind also auch bei der Minderung zu prüfen, die nach alledem auch als gegenüber dem Anspruch auf Nacherfüllung sekundärer Rechtsbehelf zu qualifizieren ist. Die einzige Ausnahme hiervon ist in § 441 Abs. 1 S. 2 BGB geregelt, wonach der Ausschlussgrund des § 323 Abs. 5 S. 2 BGB bei der Minderung keine Anwendung findet. Daher berechtigen auch als unerheblich zu wertende Mängel, bei denen sowohl der Rücktritt gemäß § 323 Abs. 5 S. 2 BGB als auch der Anspruch auf Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß § 281 Abs. 1 S. 3 BGB ausgeschlossen sind, zur Minderung.

Bei der Minderung bleibt der Kaufvertrag - anders als beim Rücktritt - erhalten. Es wird allerdings der Preis herabgesetzt. Die Berechnungsformel für den geminderten Preis ergibt sich aus § 441 Abs. 3 S. 1 BGB wie folgt:

Minderung

Diese zunächst etwas umständlich anmutende Berechnung wurzelt in dem Gedanken, dass das ursprünglich von den Parteien vereinbarte Verhältnis von Wert und Preis sich auch nach der Minderung noch fortsetzen soll. Insbesondere soll dem Käufer ein eventueller Vorteil, günstig gekauft zu haben, verhältnismäßig erhalten bleiben.

Beispiel: Gesetzt den Fall, in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen, der ohne Mangel 10.000 wert gewesen wäre, wurde ein Preis von 8.000 vereinbart. Der Wagen hat jedoch einen Mangel, mit welchem der Wert auf 8.000 sinkt. Nun kann der Verkäufer nicht etwa die Minderung mit der Begründung verweigern, der Wagen sei trotz des Mangels die vom Käufer gezahlten 8.000 wert. Der Preis ist vielmehr in dem Verhältnis herabzusetzen, in dem der Wert der mangelfreien Sache zum Wert der mangelhaften Sache gestanden haben würde. Der geminderte Preis berechnet sich also wie folgt:

8.000 x 8.000 : 10.000 = 6.400 .

Damit bleibt dem Käufer der ursprüngliche Vorteil, den Wagen zu 4/5 seines Wertes gekauft zu haben, erhalten, da er auch nach der Wandelung nur 4/5 des tatsächlichen Wertes (mit Mangel) zahlt.

Bei einem für den Käufer ungünstigen Kauf bleibt das für ihn ungünstige und für den Verkäufer günstige Verhältnis ebenfalls erhalten, nur wird in einem derartigen Fall der Käufer zumeist den Mangel nach fruchtlosem Ablauf der Nacherfüllungsfrist bzw. bei Entbehrlichkeit der Fristsetzung sofort zum Rücktritt ausnutzen und sich so von dem ungünstigen Geschäft lösen. Stimmten der vereinbarte Kaufpreis und der Wert der mangelfreien Sache überein, so ist der geminderte Kaufpreis gleich dem Wert der mangelhaften Sache.

Bei der Berechnung ist zu beachten, dass § 441 Abs. 3 S. 1 BGB ausdrücklich auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellt. Hierdurch sollen Wertänderungen der Sache, die nach dem Vertragsschluss ohne Rücksicht auf den Mangel eintreten, neutralisiert werden. Dies ist insbesondere für nachträgliche Preissteigerungen von Bedeutung, die dem Verkäufer nicht schaden sollen, sowie für Einbußen durch Gebrauch und Beschädigung der Sache, die ebenso wenig wie ein Weiterverkauf das Minderungsrecht beeinträchtigen.

Probleme kann in der Praxis die Bestimmung des Wertes der mangelhaften Sache bereiten, da es für mangelbehaftete Sachen selten einen Marktpreis gibt, an dem man sich orientieren könnte. Hier hilft sich die Praxis zumeist, indem sie den Minderwert aus den Kosten errechnet, die für die Reparatur des Mangels notwendig sind.

Auch die Minderung tritt - ebenso wie der Rücktritt - nicht automatisch ein, sondern bedarf als Gestaltungsrecht der Abgabe einer die Rechtslage umgestaltenden Minderungserklärung, die als empfangsbedürftige Willenserklärung dem Verkäufer zugehen muss, um wirksam zu werden. Damit ist ebenso wie beim Rücktritt wegen Mängeln des Kaufgegenstandes die Rechtsnatur des Minderungsrechts, das im alten Recht als Anspruch des Käufers auf Herabsetzung des Kaufpreisanspruchs gegen den Verkäufer ausgestaltet war, durch die Schuldrechtsreform umgestaltet worden.

Hat der Käufer den Kaufpreis noch nicht entrichtet, so muss er nach Erklärung der Minderung nur noch den geminderten Preis zahlen. Hat er hingegen den Kaufpreis schon gezahlt, so kann er die Differenz zwischen geminderten und ursprünglich vereinbarten Preis vom Verkäufer zurückverlangen gemäß §§ 441 Abs. 4, 346 Abs. 1 (ggf. verzinst gemäß §§ 441 Abs. 4, 347 Abs. 1 BGB). Auch wenn die gewährleistungsrechtlichen Rechtsbehelfe bereits verjährt sind, kann der Käufer die Minderung gegenüber dem Kaufpreisbegehren des Verkäufers noch gemäß § 438 Abs. 5, Abs. 4 S. 2 BGB einredeweise geltend machen.

Schadensersatz- bzw. Aufwendungsersatzansprüche des Käufers wegen Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes (§§ 437 Nr. 3, 440, 280, 281, 283, 284, 311a BGB)

Durch die Schuldrechtsreform wurde die schadensersatzrechtlichen Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts sämtlich in das allgemeine Leistungsstörungsrecht integriert, so dass es keine genuin kaufrechtlichen Schadensersatzansprüche mehr gibt. Allerdings werden die bei Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes einschlägigen Schadensersatz- und Aufwendungsersatzansprüche des allgemeinen Schuldrechts (§§ 280, 281, 283, 284 und 311 a BGB) ebenso wie die Rücktrittsrechte durch das Gewährleistungsrecht modifiziert (vgl. insbesondere §§ 438, 440 BGB).

Um die einschlägige Anspruchsgrundlage aufzufinden, muss man zwischen den beiden Schadensarten "einfacher Schadensersatz" und "Schadensersatz statt der Leistung" unterscheiden. Man muss die einschlägige Anspruchsgrundlage also von der Rechtsfolge her bestimmen. Der "Schadensersatz statt der Leistung" (= Schadensersatz wegen Nichterfüllung) umfasst alle dem Käufer infolge der Schlechtleistung entgangenen Vermögensvorteile, also insbesondere den entgangenen Gewinn, das Interesse am Erhalt eines mangelfreien Kaufgegenstandes und den Nutzungsausfallschaden. Der "einfache Schadensersatz" dagegen erfasst den Schaden, der infolge der Mangelhaftigkeit des Kaufgegenstandes an anderen Rechten, Rechtsgütern und Interessen des Käufers gemäß § 241 Abs. 2 BGB eingetreten ist, also insbesondere die so genannten "Mangelfolgeschäden" (Bsp.: mangelhaftes Pferdefutter führt zum Tod eines Pferdes) und die vergeblichen Vermögensaufwendungen, die der Käufer im Vertrauen auf die Mangelfreiheit der Kaufsache getätigt hat (Bsp: Kosten für den Einbau einer mangelhaften Telefonanlage) (vgl. zur Abgrenzung der beiden Schadensarten: Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 13. Kapitel, Rdnr. 105 f.; gegen diese von der ganz h.M. vertretene Abgrenzung: Recker, in: NJW 2002, 1247 f., der dafür plädiert den Mangelfolgeschaden unter den "Schadensersatz statt der Leistung" zu subsumieren und § 280 Abs. 1 BGB auf die Fälle der Verletzung nicht leistungsbezogener Nebenpflichten zu begrenzen). Soll der geltend gemachte Schaden ein "Schadensersatz statt der Leistung" sein, so sind die § 437 Nr. 3, 440 i.V.m. §§ 280 Abs. 1 und Abs. 3, 281 bzw. 283 BGB bzw. §§ 437 Nr. 3, 311 a Abs. 2 BGB einschlägig. Begehrt der Käufer dagegen wegen eines Mangels einfachen Schadensersatz, so sind §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 BGB die richtige Anspruchsgrundlage.

Um innerhalb der für den Schadensersatz statt der Leistung einschlägigen Anspruchsgrundlagen die für den jeweiligen Mangelfall richtige Anspruchsgrundlage zu finden, muss man weitergehend danach unterscheiden, ob der Anspruch auf Nacherfüllung gemäß § 275 Abs. 1 bis 3 BGB ausgeschlossen ist und wann das den Anspruch ausschließende Leistungshindernis eingetreten ist:

* Bei einem schon im Zeitpunkt des Vertragsschlusses nicht durch Nacherfüllung behebbaren Mangel, ist § 311a Abs. 2 BGB die richtige Anspruchsgrundlage für Schadensersatz statt der Leistung. Beispiele hierfür sind der Stückkauf, bei dessen Abschluss der Kaufgegenstand bereits mit einem nicht behebbaren Mangel behaftet war (Bsp.: Ein Gebrauchtwagen hat schon bei Vertragsschluss einen nicht reparablen Getriebeschaden) oder der Gattungskauf, bei dem die gesamte Gattung mit einem nicht behebbaren Mangel behaftet ist (Bsp.: Ein Modell einer Automarke hat - technisch unbehebbar - einen erheblich höheren Benzinverbrauch als vertraglich vereinbart).

* Bei einem nach Vertragsschluss und vor Erfüllung eingetretenen nicht behebbaren Mangel ist §§ 280 Abs. 1 und 3, 283 BGB die richtige Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz statt der Leistung. Beispiele hierfür sind bei einem Stückkauf etwa der Unfall des verkauften Pkw vor Übereignung an den Käufer und beim Gattungskauf etwa der Pilzbefall des gesamten Obstbestandes eines Landwirtes, der schon vor der Ernte eine bestimmte Menge seines Obstes (beschränkte Gattungsschuld oder Vorratsschuld !) an einen Lebensmittelhändler verkauft hatte.

* Bei einem durch Nacherfüllung behebbaren Mangel ist §§ 440, 280 Abs. 1 und 3, 281 die richtige Anspruchsgrundlage. Hier gilt also - mit Ausnahme der Durchbrechungen dieses Prinzips in § 281 Abs. 2 und § 440 S. 1 BGB - der Grundsatz des Vorranges der Nacherfüllung, so dass der Schadensersatzanspruch regelmäßig erst entsteht, wenn eine vom Käufer gesetzte angemessene Frist zur Nacherfüllung fruchtlos verstrichen ist.

Begehrt der Käufer schließlich Ersatz einer Aufwendung, die er im Vertrauen auf den Erhalt der Sache gemacht hat, so kann er diese gemäß § 284 BGB "anstelle des Schadensersatzes" ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Rentabilität, die diese Aufwendung bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung für den Käufer mit sich gebracht hätte, ersetzt verlangen, wenn er die Aufwendungen "billigerweise machen durfte". Gegenüber diesen Anspruchsvoraussetzungen kann der Verkäufer anspruchshindernd einwenden, dass der vom Käufer mit den Aufwendungen verfolgte, nicht notwendig wirtschaftliche, Zweck auch ohne die Pflichtverletzung nicht erreicht worden wäre.

Hinsichtlich des Inhaltes des Schadensersatzanspruches statt der Leistung ist noch aus spezifisch kaufrechtlicher Sicht Folgendes zu bemerken:

Der Käufer kann als Schadensersatz statt der Leistung entweder "großen" oder "kleinen" Schadensersatz anstreben. Großer Schadensersatz bedeutet, dass der Käufer den mangelhaften Kaufgegenstand zurückgewährt und an seiner Stelle den gesamten Wert der Sache (nebst Vermögensfolgeschäden wie entgangenem Gewinn) ersetzt bekommt. Kleiner Schadensersatz bedeutet demgegenüber, dass der Käufer den mangelhaften Kaufgegenstand behält und nur Schadensersatz in Höhe der Wertdifferenz zwischen dem Wert des Kaufgegenstandes im mangelfreien Zustand und seinem tatsächlichen Wert (nebst etwaigen Vermögensfolgeschäden) bekommt. Die Geltendmachung des großen Schadensersatzes (das Gesetz spricht von "Schadensersatz statt der ganzen Leistung") kann der Verkäufer durch die anspruchshindernde Einwendung bekämpfen, dass die Pflichtverletzung unerheblich ist (§ 281 Abs. 1 S. 3 BGB: vgl. die Parallele zu § 323 Abs. 5 S. 2 BGB!). Ist für den Käufer abzusehen, dass die Pflichtverletzung unerheblich ist und dass dem Verkäufer der Beweis der dieser Wertung zugrunde liegenden Tatsachen im Prozess voraussichtlich gelingen wird, wird er sich von vorneherein auf die Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes beschränken. Dabei muss er allerdings Folgendes beachten: Grundsätzlich lässt § 325 BGB - im Unterschied zum alten Recht - die Geltendmachung von Schadensersatz statt der Leistung trotz gleichzeitigen Rücktritts zu. Das Schadensersatzbegehren darf also mit den Rücktrittsfolgen kumuliert werden. Allerdings gilt dies nur für den großen Schadensersatz. Demgegenüber kann der kleine Schadensersatz bei gleichzeitigem Rücktritt nicht mehr begehrt werden, da durch den Rücktritt der Vertrag in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis umgewandelt wird und damit der Rechtsgrund zum Behaltendürfen des Kaufgegenstandes aus Käufersicht entfällt. Im Falle des Eingreifens des § 281 Abs. 1 S. 3 BGB ist der Käufer, der Schadensersatz begehrt, also gut beraten, nicht zugleich den Rücktritt zu erklären (vgl. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, Rdnr. 541).

Last modified: Tuesday, 19 May 2015, 11:47 AM