Geschäftsfähigkeitsmängel
Geschäftsfähigkeitsmängel
Begriff der Geschäftsfähigkeit
Die Geschäftsfähigkeit ist die Fähigkeit, Rechtsgeschäfte für sich wirksam vornehmen zu können. Die Rechtsetzungsmöglichkeit des einzelnen ist nur dann sinnvoll, wenn der Betreffende die Folgen seiner rechtsgeschäftlichen Erklärungen verstehen und einschätzen kann. Dazu bedarf es eines Mindestmaßes an Einsichtsfähigkeit und Urteilsvermögen. Der nicht voll Geschäftsfähige soll davor geschützt werden, sich aufgrund mangelnder Einsichtsfähigkeit beim Geschäftsabschluss selbst zu schädigen. Diese Schutzfunktion hat Vorrang vor dem Vertrauensschutz des Geschäftsverkehrs. Der gute Glaube an die Geschäftsfähigkeit des Geschäftsgegners wird vom Gesetz demnach nicht geschützt. Auch ein Rechtsgeschäft, das mit einem für den Handelnden nicht erkennbar Geisteskranken geschlossen wird, ist nichtig (RGZ 120, 170 (174)).
Die Geschäftsfähigkeit ist abzugrenzen von der
- Ehefähigkeit, die grundsätzlich mit der Volljährigkeit eintritt (§ 1303 Abs. 1 BGB),
- Testierfähigkeit, die mit Vollendung des sechzehnten Lebensjahres eintritt (§ 2229 Abs. 1 BGB),
- Deliktsfähigkeit als einer Fähigkeit, eine zum Schadensersatz verpflichtende unerlaubte Handlung zu begehen und dafür zur Verantwortung gezogen zu werden (§§ 827, 828 BGB),
- Rechtsfähigkeit als einer Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein (§ 1 BGB).
Anders als vielfach zu lesen ist, ist die Geschäftsfähigkeit keine Wirksamkeitsvoraussetzung eines Rechtsgeschäfts, vielmehr begründet ein Fehlen der Geschäftsfähigkeit eine rechtshindernde Einwendung, ein Gegenrecht, dessen Voraussetzungen derjenige zu beweisen hat, der sich gegen eine Inanspruchnahme aus dem Rechtsgeschäft wehrt.
Geschäftsunfähigkeit
Geschäftsunfähig ist, wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat oder wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist (§ 104 BGB). Einem Geschäftsunfähigen ist es versagt, selbst am Rechtsverkehr teilzunehmen. Handelt eine unter krankhafter Störung der Geistestätigkeit leidende Person in einem lichten Augenblick (lucidum intervallum), so ist die von ihm abgegebene Willenserklärung wirksam, da er in der Lage war, die Bedeutung der von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Anerkannt ist auch eine partielle Geschäftsunfähigkeit, wenn sich der Ausschluss der freien Willensbestimmung lediglich auf bestimmte Lebensbereiche, wie etwa die Führung eines bestimmten Prozesses ("Querulantenwahn"), bezieht. Für alle übrigen Geschäfte besteht dann weiter volle Geschäftsfähigkeit. Abzulehnen ist hingegen eine Geschäftsunfähigkeit nur für besonders schwierige Geschäfte (so genannte abgestufte – relative – Geschäftsunfähigkeit) (BayObLG NJW 1989, 1678).
Die Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen ist nichtig (§ 105 Abs. 1 BGB). Eine Willenserklärung, die einem Geschäftunfähigen gegenüber abgegeben wird, wird nicht wirksam, bevor sie nicht dem gesetzlichen Vertreter zugeht (§ 131 Abs. 1 BGB). Steht die Vertretung eines Kindes den Eltern gemeinsam zu, so genügt die Abgabe gegenüber einem Elternteil (§ 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Nichtig ist auch eine Willenserklärung, die im Zustand der Bewusstlosigkeit oder vorübergehender Störung der Geistestätigkeit (z.B. Volltrunkenheit) abgegeben wird (§ 105 Abs. 2 BGB). In diesem Zustand kann dem Bewusstlosen selbst jedoch eine Willenserklärung wirksam zugehen.
Nach § 104 Nr. 3 a.F. BGB war der wegen Geisteskrankheit Entmündigte geschäftsunfähig. Diese Vorschrift ist ebenso wie § 6 a.F. BGB, der die Entmündigung betraf, mit Wirkung vom 1.1.1992 durch das Betreuungsgesetz aufgehoben worden. Dieses Gesetz schaffte die Entmündigung wegen ihrer Auswirkung auf die Geschäftsfähigkeit ab, da ein so starrer Eingriff die Restfähigkeiten des Betroffenen nicht ausreichend berücksichtige. Die Bestellung eines Betreuers hat keinen Einfluss auf die Geschäftsfähigkeit des Betreuten. Dieser ist nur unter den Voraussetzungen des § 104 Nr.2 BGB geschäftsunfähig. Wenn allerdings ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet ist, dann ist der Betreute ähnlich einem Minderjährigen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt (vgl. § 1903 BGB).
Beschränkte Geschäftsfähigkeit
Rechtlich vorteilhafte Erklärungen
Der Minderjährige, der gemäß § 106 BGB zwar das siebte, aber noch nicht das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist weder voll geschäftsfähig noch vollkommen geschäftsunfähig, sondern kann in beschränktem Umfang nach §§ 107 ff BGB selbständig wirksame Willenserklärungen abgeben. Er bedarf jedoch zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Zu beachten ist, dass der wirtschaftliche Vorteil in keiner Weise zu berücksichtigen ist. Verpflichtungsgeschäfte sind dann rechtlich vorteilhaft, wenn der beschränkt Geschäftsfähige keine rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen übernimmt. Gegenseitige Verträge sind aus diesem Grund niemals rechtlich vorteilhaft, auch wenn sie wirtschaftlich gesehen sehr günstig sind. Unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge, bei denen ein Vertragsteil stets verpflichtet ist, der andere nur unter bestimmten Voraussetzungen, sind ebenfalls nicht ausschließlich rechtlich vorteilhaft. Lediglich einseitig verpflichtende Verträge sind für den nicht verpflichteten Vertragsteil rechtlich vorteilhaft und können somit vom beschränkt Geschäftsfähigen ohne Einwilligung wirksam abgeschlossen werden.
Beispiel: Ein Großvater möchte seinem neun Jahre alten Enkel ein Grundstück schenken. Durch den Schenkungsvertrag wird lediglich der Großvater verpflichtet. Der Enkel kann somit selbst wirksam das Schenkungsangebot annehmen. Wir begegnen hier aber der Frage, ob die Übereignung des Grundstücks an einen Minderjährigen wegen der damit verbundenen Pflicht zur Tragung öffentlicher Lasten (z.B. Steuern, Erschließungsbeiträge) als rechtlich nachteilig angesehen werden muss. In Literatur und Rechtsprechung wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass der unentgeltliche Erwerb eines Grundstücks lediglich einen rechtlichen Vorteil bringe. Dies sei so, da die mit dem Grundstückserwerb verbundenen öffentlichrechtlichen Verpflichtungen polizeilicher und steuerlicher Art nicht Inhalt der Auflassung (Einigung zur Eigentumsübertragung) seien. Zudem könne man in den mit dem Grundstückseigentum verbundenen öffentlichrechtlichen Pflichten nur eine Eigentumsbindung, nicht aber eine besondere Verbindlichkeit erblicken (BGHZ 15, 168). Schließlich lägen die Belastungen regelmäßig unter dem Wert des Grundstücks (BGH, Beschluss vom 25. November 2004, V ZB 13/04).
Der Fall der Schenkung eines mit Grundpfandrechten belasteten Grundstücks soll nach verbreiteter Meinung nicht anders zu beurteilen sein als die Schenkung eines unbelasteten Grundstücks, da die Haftung in jedem Fall auf das geschenkte Grundstück beschränkt ist und sich nicht auf das sonstige Vermögen des Minderjährigen ausdehnt (BGHZ 78, 28 (33)). Ein über sieben Jahre altes Kind bedarf daher zum Abschluss eines solchen Vertrages nicht der Genehmigung seines gesetzlichen Vertreters. Anders verhält es sich hingegen mit der Reallast, weil diese eine persönliche Verbindlichkeit begründet (§ 1108 BGB). Probleme bereitet auch der Erwerb eines vermieteten Grundstücks, weil hier der Eigentümer nach § 566 BGB in die Pflichten des Mietvertrages eintritt. Die Auflassung ist wegen des mit dem Erwerb verbundenen Nachteils unwirksam (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2005, V ZB 44/04).
Verfügungsgeschäfte sind dann rechtlich vorteilhaft, wenn zugunsten des beschränkt Geschäftsfähigen ein Recht übertragen, aufgehoben, verändert oder belastet wird. Aufgrund des Abstraktionsprinzips ist unerheblich, ob der Verfügung ein wirksames Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt oder nicht.
Die Erfüllung eines Anspruchs, der dem beschränkt Geschäftsfähigen zusteht, ist durch Leistung an ihn nicht möglich, da durch die Erfüllung der Anspruch erlischt, was wiederum rechtlich nachteilig ist.
Rechtlich neutrale Geschäfte
Rechtlich neutrale Geschäfte sind solche, deren Rechtsfolgen nur andere Personen treffen. Geht man von dem Wortlaut des § 107 BGB aus, dann müssten rechtlich neutrale Geschäfte, die ein beschränkt Geschäftsfähiger vornimmt, zustimmungsbedürftig sein, da sie dem Minderjährigen keinen rechtlichen Vorteil bringen. Der Normzweck des § 107 BGB ist es aber, den Minderjährigen vor nachteiligen Folgen seines rechtsgeschäftlichen Handelns zu schützen. Bei rechtlich neutralem Handeln bedarf er aber keines Schutzes. Eine teleologische Auslegung (Auslegung nach dem Normzweck) des § 107 BGB ergibt somit, dass der Minderjährige auch rechtlich neutrale Geschäfte ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters tätigen darf. Eine Stütze findet diese Auslegung in der Regelung § 165 BGB, die es dem Minderjährigen erlaubt, Vertreter zu sein. Die Rechtsmacht des Vertreters ist ohnehin nur ein Zuwachs an Rechten des Minderjährigen. Die Wirkungen der Willenserklärungen des Vertreters treten nach § 164 Abs. 1 BGB nicht in dessen Person, sondern in der Person des Vertretenen ein. Für den Vertreter sind die Erklärungen rechtlich neutral und deshalb wirksam.
Fall: Der 15jährige A leiht seinem gleichaltrigen Freund B sein neues Fahrrad. B tauscht mit dem 14jährigen C das Fahrrad gegen einen Gameboy. Als A den C auf dem Fahrrad sieht, verlangt er es heraus. C hingegen weigert sich und erklärt, dass das Fahrrad jetzt ihm gehöre.
Der Leihvertrag ist sowohl für A als auch für B mit rechtlichen Verpflichtungen verbunden (A ist zur unentgeltlichen Überlassung der Sache verpflichtet (§ 598 BGB), B hat die Kosten zur Erhaltung der Sache zu tragen (§ 601 BGB)) und demnach zustimmungsbedürftig gewesen. Ebenso verhält es sich mit dem Tauschvertrag zwischen B und C, durch den B zur Übereignung des Fahrrades und C zur Übereignung des Gameboy verpflichtet wurden. Mangels Zustimmung der gesetzlichen Vertreter sind beide Verträge unwirksam. Aufgrund des Abstraktions- und Trennungsprinzips ist jedoch zu prüfen, ob die Übereignung des Fahrrades von B an C wirksam war. Wäre B selbst Eigentümer des Fahrrades gewesen, so hätte er bei der Übereignung sein Eigentum verloren. Die Übereignungserklärung wäre rechtlich nachteilig gewesen und demzufolge ohne Zustimmung unwirksam. Jetzt hat B aber nicht sein eigenes Fahrrad, sondern das des A übereignet. Eine Übereignung ist in dieser Fallkonstellation über die §§ 929, 932 BGB auch möglich. Da demnach lediglich A sein Eigentum verliert, ist die Übereignungserklärung für B rechtlich neutral. Die Übereignung an C hat gerade deshalb Erfolg, weil B Nichtberechtigter war, C aber an die Eigentümerstellung des B glaubte. Die herrschende Meinung akzeptiert dieses Ergebnis mit der Erwägung, der Rechtsverkehr müsse soweit geschützt werden, wie dies mit dem gebotenen Schutz der Minderjährigen vereinbar sei. Der gute Glaube überwinde also auch in diesem Falle die Nichtberechtigung, wie dies die §§ 929, 932 BGB vorsehen. Andererseits wird die Meinung vertreten (Medicus), der Erwerber sei so zu stellen, wie er stünde, wenn seine Vorstellung richtig wäre. Nach Auffassung des C war B der Eigentümer. Die Übereignung wäre dann wegen des rechtlichen Nachteils fehlgeschlagen. C hätte dann also kein Eigentum erworben.
Zustimmungsbedürftige Willenserklärungen
Einwilligung
Willenserklärungen, durch die der Minderjährige nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt, bedürfen der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters (§ 107 BGB). Eine Einwilligung ist die vorherige Zustimmung. Sie kann bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden, wobei der Widerruf sowohl dem Minderjährigen als auch dem Vertragspartner gegenüber erklärt werden kann (§ 183 BGB). Der gesetzliche Vertreter kann die Einwilligung entweder für ein einzelnes Rechtsgeschäft oder für einen begrenzten Kreis von Rechtsgeschäften (beschränkter Generalkonsens) erteilen. Eine unbegrenzte Zustimmung zu Geschäften aller Art würde den Minderjährigenschutz des Gesetzbuches unterlaufen und ist deshalb nicht möglich.
Genehmigung
Die Wirksamkeit eines von einem Minderjährigen ohne Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters geschlossenen Vertrages hängt von dessen Genehmigung ab (§ 108 Abs. 1 BGB). Die Genehmigung ist die nachträgliche Zustimmung (§ 184 Abs. 1 BGB). Bis zur Genehmigung ist der Vertrag schwebend unwirksam. Der gesetzliche Vertreter kann die Genehmigung gegenüber dem Minderjährigen oder gegenüber dessen Vertragspartner erklären. Der Vertragspartner kann den Vertreter aber auch zur Erklärung über die Genehmigung auffordern. Dies hat zur Folge, dass die Genehmigung nur noch gegenüber dem Vertragspartner erklärt werden kann. Selbst zuvor gegenüber dem Minderjährigen erklärte Genehmigungen oder Verweigerungen werden wirkungslos. Die Genehmigung muss innerhalb von zwei Wochen erklärt werden, sonst ist der Vertrag unwirksam.
Wird ein beschränkt Geschäftsfähiger geschäftsfähig, während der Vertrag in der Schwebe ist, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der des gesetzlichen Vertreters (§ 108 Abs. 3 BGB). Solange der Vertrag in der Schwebe liegt, kann der Vertragspartner den Vertrag widerrufen, wenn er nichts von der beschränkten Geschäftsfähigkeit wusste oder wenn der Minderjährige der Wahrheit zuwider die Einwilligung des Vertreters behauptet hat und dem Vertragspartner das Fehlen der Einwilligung nicht bekannt war (§ 109 BGB).
"Taschengeldparagraph" - § 110 BGB
Schließt ein Minderjähriger ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters einen Vertrag, so ist dieser von Anfang an wirksam, wenn die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt wird, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind (§ 110 BGB). In der Überlassung der Mittel liegt eine konkludente Einwilligung. Das Geschäft wird erst durch Erfüllung wirksam. Ein vom Minderjährigen geschlossener Ratenkaufvertrag wird somit erst mit Zahlung der letzten Rate wirksam. Folgegeschäfte, die der Minderjährige mit Mitteln bewirkt, die er aus einem nach § 110 wirksamen Rechtsgeschäft erworben hat, sind nicht automatisch von der in § 110 BGB normierten Einwilligung erfasst. Ein Minderjähriger, der sich von seinem Taschengeld ein Rubbellos kauft, bei dem er 1000 € gewinnt, kann sich nicht ohne Zustimmung der gesetzlichen Vertreter von den 1000 € eine Stereoanlage kaufen. Vergleichbares gilt, wenn der Minderjährige sein Taschengeld spart und so zu einem Betrag kommt, den seine Eltern ihm nicht zur freien Verfügung überlassen würden. § 110 BGB deckt dann Geschäfte mit dem angesparten Taschengeld nicht mehr. Insoweit bleibt das Mitsprache- und Mitentscheidungsrecht der Eltern bestehen.
Erweiterte Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen (§§ 112, 113 BGB)
Manchmal besteht ein Bedürfnis dafür, den Minderjährigen eine größere Selbständigkeit einzuräumen. Dies ist der Fall, wenn der Minderjährige vom gesetzlichen Vertreter ermächtigt wurde, selbständig ein Erwerbsgeschäft zu führen oder ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis einzugehen. Gemäß der §§ 112, 113 BGB ist er für diese Bereiche dann unbeschränkt geschäftsfähig. Die Ermächtigung kann jedoch auch wieder zurückgenommen werden (§§ 112 Abs. 2, 113 Abs. 2 BGB).
Zum Schutz des Minderjährigen sind einige Entscheidungen der gesetzlichen Vertreter an eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gebunden. Soweit die erweiterte Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen reicht, ist der gesetzliche Vertreter seinerseits nicht mehr zur Vertretung des Minderjährigen befugt. Die Ermächtigung in den Fällen der §§ 112, 113 BGB hat auch zur Folge, dass der Minderjährige für den genannten Kreis von Geschäften prozessfähig wird. Die Prozessfähigkeit knüpft in § 52 ZPO an die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit an.
Einwilligungsbedürftige einseitige Rechtsgeschäfte § 111 BGB
Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das der beschränkt Geschäftsfähige ohne die erforderliche Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. Liegt die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vor, so ist das Rechtsgeschäft dann unwirksam, wenn es der Erklärungsempfänger unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern (vgl. § 121 Abs. 1 BGB), aus diesem Grund zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der gesetzliche Vertreter den Erklärungsempfänger von der Einwilligung in Kenntnis gesetzt hat. Bei einseitigen Rechtsgeschäften, die lediglich rechtlich vorteilhaft sind, ist nur § 107 BGB anwendbar, der insoweit dem § 111 BGB vorgeht. § 111 BGB greift ausnahmsweise nicht ein, wenn der Betroffene in Kenntnis der beschränkten Geschäftsfähigkeit des Handelnden damit einverstanden ist, dass die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts von der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters abhängig ist. Er hat dann die Rechtsunsicherheit bewusst in Kauf genommen, so dass er des besonderen Schutzes des § 111 BGB nicht bedarf. Die Wirksamkeit einseitiger Rechtsgeschäfte gegenüber Minderjährigen beurteilt sich nach § 131 BGB.
Bagatellgeschäfte des täglichen Lebens
Im Jahre 2002 hat der Gesetzgeber eine neue Vorschrift in das BGB eingefügt, die es volljährigen Geschäftsunfähigen ermöglichen soll, sog. Bagatellgeschäfte des täglichen Lebens wirksam abzuwickeln.
§ 105a BGB fingiert bei von einem volljährigen Geschäftsunfähigen getätigten Bagatellgeschäften des täglichen Lebens für den Fall der vollständigen Leistungsbewirkung die Wirksamkeit der vertraglichen Hauptleistungspflichten und schafft so zum Zwecke der Verhinderung der ansonsten eingreifenden Rückabwicklung für beide Vertragspartner einen gesetzlichen Rechtsgrund zum Behaltendürfen der empfangenen Leistung.
Ziele des Gesetzgebers
§ 105a BGB soll nach dem Willen des Gesetzgebers dem Ziel dienen, die rechtliche Stellung geistig behinderter Menschen im Privatrechtsverkehr zu verbessern, ohne dabei aus dem Auge zu verlieren, dass es einen bestimmten Grad geistiger Behinderung gibt, „den die Rechtsordnung in der Wirklichkeit vorfindet und der nicht durch Normen aus der Welt geschafft werden kann“. Letzterer Einsicht soll dadurch Rechnung getragen werden, dass § 105a BGB die Definition der natürlichen Geschäftsunfähigkeit ebenso unberührt lässt wie die Rechtsfolgenbestimmung der Nichtigkeit der Willenserklärung eines Minderjährigen in § 105 BGB (BT-Drs. 14/9266, S. 43). Dies wird dadurch erreicht, dass § 105a BGB anders als § 110 BGB keine Heilungsvorschrift für das gesamte schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäft beinhaltet, die auf dem Prinzip „Konvaleszenz durch Erfüllung“ aufbaut, sondern vielmehr im Zeitpunkt der Bewirkung von Leistung und Gegenleistung mit der Fiktion der Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages bezogen auf Leistung und Gegenleistung arbeitet. Das darin verwirklichte Modell des „Rückabwicklungsausschlusses kraft Erfüllung“ lehnt sich nach Auffassung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages „an die vor allem aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis bekannte Wirksamkeit von „necessaries“-Verträgen an (BT-Drs. 14/9266, S. 43). Diese dogmatische Konstruktion soll im Gegensatz zu dem Modell des § 110 BGB dazu führen, dass lediglich die Rückabwicklung von erbrachter Leistung und Gegenleistung ausgeschlossen wird, ohne dass darüber hinaus „gegenseitige Vertragspflichten, die dem Schutz des Geschäftsunfähigen zuwiderlaufen könnten, begründet werden“ (BT-Drs. 14/9266, S. 43). Dabei geht die die Einführung des § 105a BGB befürwortende Mehrheit des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages davon aus, dass die Vorschrift voraussetze, dass „eine Bewirkung von Leistung und Gegenleistung durch den Geschäftsunfähigen möglich sein muss, da nur dann die in Satz 1 angeordnete Fiktionswirkung eintreten kann. Daraus ergibt sich, dass für diese Zwecke die Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäfts bzw. der Erfüllungsgeschäfte, mit denen typischerweise die Bewirkung der Leistungen vollzogen wird, nicht daran scheitern darf, dass der Geschäftsunfähige keine wirksame Willenserklärung abgeben kann“ (BT-Drs. 14/9266, S. 43).
Regelungsprinzipien
Wenn man wie der Gesetzgeber einerseits an der strikten Unterscheidung zwischen Geschäftsunfähigkeit und beschränkter Geschäftsfähigkeit festhalten will und andererseits volljährigen Geschäftsunfähigen einen kleinen Freiraum zur rechtsgeschäftlichen Betätigung bei geringfügigen Alltagsgeschäften einräumen will, so ist es zunächst einmal folgerichtig, dass man nicht einfach § 110 BGB kopiert und damit einen „Taschengeldparagraphen“ für volljährige Geschäftsunfähige schafft. Denn § 110 BGB geht in Anerkennung der beschränkten Geschäftsfähigkeit des Minderjährigen sehr weit, wenn er mit der Erfüllung eines rechtlich nachteiligen, schwebend unwirksamen Vertrages durch den Minderjährigen dessen vollständiges Wirksamwerden verbindet. Zwar ist dann immer noch dadurch eine Rückanbindung an den Willen des gesetzlichen Vertreters gewahrt, dass dieser zum Verfügungsgeschäft seine Zustimmung erteilt haben muss. Auch wird der Verpflichtungsschutz dadurch gewährt, dass der Minderjährige keine wirksamen Verpflichtungen über seinen Barbestand hinaus begründen kann. Aber dennoch ist es denkbar, dass der Minderjährige infolge der mit der Erfüllung verbundenen Heilung des Verpflichtungsgeschäfts weitergehenden vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere zur Leistung von Schadensersatz wegen Pflichtverletzung (z.B. aus § 280 Abs. 1 BGB,, § 241 Abs. 2 BGB, ausgesetzt wird. Eine solch weitgehende Regelung für den volljährigen Geschäftsunfähigen wäre ohne Einebnung der Unterschiede zwischen Geschäftsunfähigkeit und beschränkter Geschäftsfähigkeit nicht möglich und überdies auch rechtspolitisch verfehlt gewesen.
Aus diesem Grunde hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, mit der Erfüllung die Fiktion der Vertragswirksamkeit zu verbinden und die Reichweite der Fiktion auf die jeweiligen Hauptleistungspflichten zu beschränken. Damit wird zum einen dem § 110 BGB zu Grunde liegendem Prinzip der Heilung des gesamten vertraglichen Schuldverhältnisses durch Erfüllung eine Absage erteilt, zum anderen aber auch zur Betonung der Unterschiede zwischen Geschäftsunfähigkeit und beschränkter Geschäftsfähigkeit an die Stelle der Heilung die Fiktion gesetzt. Hierdurch wird im Ergebnis ein gesetzlicher Rechtsgrund zum Behaltendürfen geschaffen, der eine Rückabwicklung der erbrachten Leistungen aus § 812 Abs. 1 S. 1 Fall 1 BGB verhindert.
Soweit der Gesetzgeber zur Betonung der Unterschiedlichkeit von Geschäftsunfähigkeit und beschränkter Geschäftsfähigkeit auf das Mittel der Fiktion an Stelle des Heilungsprinzips zurückgreift, ist das bei rechtspolitischer Betrachtung nur konsequent. Soweit er allerdings die Reichweite der Fiktion ausnahmslos auf die Hauptleistungspflichten beschränkt, ist er über das Ziel des vermeintlichen Schutzes des Geschäftsunfähigen hinaus geschossen. Diese beschränkte Reichweite kann sich nämlich jederzeit zu Lasten des Geschäftsunfähigen auswirken, wenn er bei Wirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung einen ihm rechtlich vorteilhaften Anspruch gegen seinen Vertragspartner (z.B. aus § 280 Abs. 1 BGB, § 241 Abs. 2 BGB) hätte. An Vorbildern, dem Geschäftsunfähigen, die rechtlichen Vorteile aus dem Vertragsverhältnis zu sichern, ihn aber vor den rechtlichen Nachteilen zu schützen, hätte es nicht gefehlt. Insofern hätte sich eine Parallele zu den Grundsätzen über die Haftung nicht voll Geschäftsfähiger aus vorvertraglichen Schuldverhältnissen angeboten, wonach der nicht voll Geschäftsfähige analog § 104 BGB, § 105 BGB nicht aus vorvertraglichem Schuldverhältnis (§ 311 Abs. 2 BGB, § 241 Abs. 2 BGB) haftet, wohl aber aus einem solchen Schuldverhältnis berechtigt werden kann (grundlegend: Canaris, Geschäfts- und Verschuldensfähigkeit bei Haftung aus „culpa in contrahendo“, Gefährdung und Aufopferung, NJW 1964, 1987, 1989). Dieses flexible Modell hätte es ermöglicht, nicht nur beiden Parteien zur Verhinderung einer unerwünschten Rückabwicklung die empfangenen Leistungen zu erhalten, sondern darüber hinaus dem Geschäftsunfähigen die wohlerworbenen vertraglichen Ansprüche zu sichern. Es wäre daher der Regelung des § 105a BGB de lege ferenda vorzuziehen.
Die Norm ist insgesamt nicht besonders geschickt formuliert: Wenn § 105a BGB keine Regelung über die Wirksamkeit des von einem Geschäftsunfähigen vorgenommenen Erfüllungsgeschäftes enthält, sondern eine solche allenfalls voraussetzt, es aber zugleich bei den allgemeinen Regeln verbleibt, wonach eben jedwede Willenserklärung eines Geschäftsunfähigen nichtig ist, dreht sich der Rechtsanwender im Kreis: Die auf das Verpflichtungsgeschäft bezogenen Rechtsfolgen greifen nur bei Wirksamkeit des Erfüllungsgeschäftes ein, das aber seinerseits niemals wirksam sein kann. Diesen „Teufelskreis“ kann man nur auflösen, wenn man § 105a BGB den Sinn beilegt, dass er neben der Fiktion der Wirksamkeit des Verpflichtungsvertrages in Ansehung von Leistung und Gegenleistung zugleich auch die Fiktion der Wirksamkeit der der Erbringung von Leistung und Gegenleistung zu Grunde liegenden Erfüllungsgeschäfte beinhaltet.
Anwendungsvoraussetzungen
Der Kreis der von § 105a BGB erfassten Geschäfte betrifft sowohl entgeltliche als auch unentgeltliche Verträge. Auf existenznotwendige Geschäfte im engeren Sinne wird dabei nicht abgestellt. Das Tatbestandsmerkmal „täglich“ verlangt nicht, dass das in Betracht kommende Geschäft notwendigerweise jeden Tag vorgenommen werden müsste. Entscheidend ist vielmehr, ob die Verkehrsauffassung das Geschäft zu den alltäglichen zählt. In Betracht kommen etwa:
- Erwerb von Gegenständen des täglichen Bedarfs „wie einfache, zum alsbaldigen Verbrauch bestimmte Nahrungs- bzw. Genussmittel, die nach Menge und Wert das übliche Maß nicht übersteigen (z.B. Lebensmittel), kosmetische Artikel (z.B. Zahnpasta), einfache medizinische Produkte (z.B. Halsschmerztabletten), Presseerzeugnisse (z.B. Illustrierte), Textilien“
- einfache Dienstleistungen wie „z.B. Friseur, Versendung von Briefen, Museumsbesuch, Fahrten mit dem Personennahverkehr“.
Die Leistung muss mit geringen Mitteln, typischerweise also im Wege der Barzahlung, bewirkt werden können. Das Merkmal „geringwertig“ lässt bei grammatikalischer Auslegung sowohl eine Orientierung an den individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen des Geschäftsunfähigen als auch eine personenunabhängige Orientierung am durchschnittlichen Preis- und Einkommensniveau zu. Gerade der Blick nach Österreich, wo das ähnliche Merkmal „geringfügig“ in ABGB § 273a Abs. 2 teils objektiv nach den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen (Pichler in: Peter Rummel (Hrsg.), Kommentar zum Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, 1990, § 151 Rn. 11) teils individuell nach den individuellen wirtschaftlichen Verhältnissen des Geschäftsunfähigen (Schwimann in: Michael Schwimann (Hrsg.), Praxiskommentar zum ABGB samt Nebengesetzen, 1997, § 273a Rn. 5) ausgelegt wird, zeigt, dass die Auslegung des Merkmals in sprachlicher Hinsicht nicht zwingend vorgezeichnet ist. Dennoch lässt sich für § 105a BGB ein eindeutiges Auslegungsergebnis mit Hilfe der weiteren Auslegungsmethoden gewinnen. So spricht bereits der eindeutige Wille des Gesetzgebers, der für eine objektive Orientierung am durchschnittlichen Preis- und Einkommensniveau plädiert hat (BT-Drs. 14/9266, S. 43), gegen eine Orientierung an den individuellen Verhältnissen des Geschäftsunfähigen. Hinzu kommt das vom Gesetzgeber zu Recht für seine Auffassung angeführte teleologische Argument, dass nur ein überindividueller Maßstab die Sicherheit des Rechtsverkehrs gewährleisten und verhindern kann, dass § 105a BGB im Rechtsalltag auf Grund der mit ihm verbundenen Unsicherheiten zahlreiche gerichtliche Verfahren auslöst (BT-Drs. 14/9266, S. 43). Schließlich spricht auch das objektiv-teleologische Argument des Schutzes des Geschäftsunfähigen für einen objektiven Maßstab. Denn ein individueller Maßstab würde zwangsläufig dazu führen, dass etwa bei einem geschäftsunfähigen Multimillionär eine relativ hohe Obergrenze für die Geringwertigkeit zu ziehen wäre. Dies ist aber mit dem Ziel des Schutzes des Geschäftsunfähigen nicht zu vereinbaren, da dessen Schutzwürdigkeit nicht mit der Höhe seines Vermögens abnimmt. Mithin ist im Einklang mit dem Willen des Gesetzgebers § 105a BGB so zu verstehen, dass es eine objektiv zu bestimmende Geringwertigkeitsgrenze gibt, die sich am durchschnittlichen Preis- und Einkommensniveau orientiert.
Die Festlegung, wo genau nun diese Obergrenze verläuft, ist wie jede Grenzziehung notwendig willkürlich. Dennoch ist sie im Interesse der Rechtssicherheit notwendig. Im Hinblick auf die derzeitigen Preis- und Einkommensverhältnisse erscheint bei § 105a BGB eine Geringwertigkeitsgrenze von 25 € als angemessen, da bei darüber liegenden Beträgen nach der Verkehrsanschauung derzeit von auch nicht abstrakt gefährlichen Bagatellgeschäften nicht mehr die Rede sein kann.
Der Wert soll sich nach den Worten des Gesetzgebers „jeweils auf den Vertragsschluss insgesamt“ beziehen, so dass, wenn beispielsweise mehrere Dinge mit ein und demselben Kauf erworben würden, es „zum Schutze des Geschäftsunfähigen vor Verschwendung“ auf den Gesamtkaufpreis ankomme (BT-Drs. 14/9266, S. 43). Entscheidend darf für die Anwendung des § 105a BGB nicht sein, ob es sich bei dem Erwerb mehrerer Dinge materiellrechtlich um einen oder mehrere Kaufverträge handelt, sondern dass es sich bei einer vereinbarten Austauschbeziehung mit derselben Personen bei einer an der Verkehrsanschauung ausgerichteten natürlichen Betrachtungsweise um ein und denselben Lebenssachverhalt handelt. Daher spielt es für die Anwendung des § 105a BGB etwa in dem Fall, dass ein volljähriger Geschäftsunfähiger für eine Nacht ein Hotelzimmer mietet und sogleich bezahlt und anschließend im Hotel-Restaurant ein sofort beglichenes opulentes Abendessen einnimmt und zum Abschluss in der Hotelbar einige Schnäpse konsumiert, nicht auf die Frage an, ob es in dem Fall zum Abschluss nur eines oder mehrerer Verträge gekommen ist, sondern alleine darauf, dass es sich bei diesem Geschehen um einen einheitlichen zusammenhängenden Lebenssachverhalt handelt, so dass der Zimmerpreis, der Preis des Abendessens und der Preis der in der Bar konsumierten Alkoholika zusammenzurechnen sind.
Satz 2 ordnet an, dass die Fiktionswirkung dann nicht eingreift, wenn eine erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen besteht. Dabei muss sich die mit ihm abzuwendende Gefahr aus der Fiktionswirkung oder genauer gesagt aus der durch sie geschaffenen Rückabwicklungssperre ergeben. Dabei kann sich die Gefahr zum einen aus der vom Geschäftsunfähigen abgeflossenen Leistung ergeben. Die Gefahr für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen muss dann daraus resultieren, dass ihm der weggegebene Vermögensgegenstand nicht mehr zur Verfügung steht. Da dieser Vermögensgegenstand zugleich „geringwertig“ sein muss, lassen sich kaum Fälle vorstellen, in denen aus der Weggabe eines solchen Vermögensgegenstandes eine erhebliche Gefahr für die Person oder das Vermögen des Geschäftsunfähigen resultiert. Theoretisch denkbar wäre insoweit etwa der Fall, dass der Geschäftsunfähige derart mittellos ist, dass er buchstäblich auf jeden Cent angewiesen ist, so dass im Hinblick darauf jeder Vermögensabfluss sein Vermögen erheblich gefährdet. Ferner wäre vorstellbar, dass er zu dem fortgegebenen Vermögensgegenstand eine derartige psychische Bindung entwickelt hat, dass ihm beim Bewusstwerden des „Verlustes“ des Gegenstandes ernsthafte psychische Folgewirkungen drohen. Realistischer sind insoweit Gefahren, die dem Geschäftsunfähigen aus dem Behaltendürfen der empfangenen Leistung drohen. Hier kann man etwa an den Erwerb von Lebens- oder sonstigen Genussmitteln denken, deren Verzehr zu einer schweren Gesundheitsschädigung beim Geschäftsunfähigen führen könnten, wie etwa beim Erwerb von Alkohol durch einen „trockenen“ geschäftsunfähigen Alkoholiker. Ferner können sich beispielsweise erhebliche Gefahren für das Vermögen des Geschäftsunfähigen aus dem Erwerb von Gegenständen ergeben, bei deren sich abzeichnender unsachgemäßer Verwendung durch den Geschäftsunfähigen sich für diesen unabsehbare Haftungsrisiken abzeichnen, wie etwa beim Erwerb eines Küchenmessers durch einen unkontrolliert aggressiven Geschäftsunfähigen. In diesen Fällen sind umso geringere Anforderungen an das die Gefahrenlage begründende Wahrscheinlichkeitsurteil zu stellen, je höher das Maß des zu erwartenden Schadens ist. Dieses muss allerdings - wie in den vorstehenden Beispielen ersichtlich - massiv - sein, da nur dann das Merkmal der „Erheblichkeit“ erfüllt ist.Zustimmungserfordernisse
Verlangt das Gesetz, dass eine Willenserklärung der Zustimmung eines Dritten bedarf, so werden damit unterschiedliche Zwecke verfolgt.
- Bedarf die Willenserklärung der Zustimmung des gesetzlichen Vertreters oder einer Behörde, so dient dies dem Schutz des Erklärenden vor rechtlich nachteiligen Folgen seiner Erklärung. Der Schutz Minderjähriger im Rechtsverkehr ist auf diese Art und Weise gewährleistet (vgl. § 107 BGB; §§ 1643, 1822 BGB).
- In anderen Fällen bedarf ein Geschäft der Zustimmung eines Dritten, weil es zugleich in dessen Rechtskreis eingreift. Dem Dritten wird dadurch die Möglichkeit gegeben, seine eigenen Interessen wahrzunehmen (z.B. §§ 415, 1183 BGB). Bei der Vornahme von Geschäften, welche die gemeinsame Lebensführung von Ehegatten berühren, bedarf ein Ehegatte der Zustimmung des anderen (z.B. §§ 1365, 1369 BGB).
- Soll die Willenserklärung von einer Person einer anderen zugerechnet werden, so bedarf sie der Zustimmung des Betroffenen. Die Zustimmung dient hier also dem Schutz der Interessen dessen, dem das Rechtsgeschäft zugerechnet wird, ohne dass er es selbst vorgenommen hat. Typische Fälle sind die Stellvertretung (§§ 164 ff BGB) und die Verfügung des Nichtberechtigten (§ 185 BGB).
Arten der Zustimmung
Man unterscheidet die vorherige Zustimmung, auch Einwilligung genannt, von der nachträglichen, auch Genehmigung genannt. Die behördlichen Zustimmungen werden grundsätzlich Genehmigungen genannt. Einwilligung und Genehmigung sind in den §§ 182 bis 185 BGB geregelt.
Einwilligung und Genehmigung
Liegt die erforderliche Zustimmung bereits bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts vor, so ist dieses vorbehaltlich sonstiger Gültigkeitsmängel gültig. Mangelt es dagegen an der Zustimmung zum Zeitpunkt der Vornahme, so ist das Geschäft bis zur Entscheidung über die Erteilung oder Nichterteilung der Genehmigung schwebend unwirksam.
Die Einwilligung kann bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts widerrufen werden, wobei der Widerruf sowohl dem einen als auch dem anderen Teil gegenüber erklärt werden kann (§ 183 BGB). Sie ist ausnahmsweise unwiderruflich, wenn das Gesetz die Widerruflichkeit ausschließt (z.B. § 876 S. 3 BGB). Die Genehmigung wirkt, sofern nicht ein anderes bestimmt ist, auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück (§ 184 Abs. 1 BGB). Das Reichsgericht hatte in RGZ 65, 245 zu entscheiden, ob sich die Rückwirkung der Genehmigung auch auf den Beginn der Verjährungsfrist erstreckt. Die Verjährung eines Anspruchs erfordert, dass der Anspruch entstanden ist, also geltend gemacht werden konnte, während dieser Frist aber nicht geltend gemacht worden ist. Vor Erteilung der Genehmigung konnte der Anspruch keineswegs geltend gemacht werden, da er aktuell noch nicht entstanden war. Die rechtliche Fiktion der Rückwirkung erstreckt sich also nicht auf den Lauf der Verjährung.
Handelt es sich bei dem zustimmungsbedürftigen Geschäft um ein einseitiges Rechtsgeschäft, so ergibt sich aus den §§ 111, 180 Satz 1, 1831 BGB der allgemeine Grundsatz, dass die Zustimmung nur durch Einwilligung erfolgen kann. Nimmt der Dritte mit einer Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem anderen gegenüber vor, so ist das Rechtsgeschäft gleichwohl unwirksam, wenn der Dritte die Einwilligung nicht in schriftlicher Form vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist allerdings ausgeschlossen, wenn der Einwilligende den Geschäftsgegner von der Einwilligung in Kenntnis gesetzt hatte (§§ 182 Abs. 3, 111 Satz 2, 3 BGB).
Einwilligung, Genehmigung und Verweigerung der Genehmigung sind für sich alleine betrachtet einseitig gestaltende Rechtsgeschäfte und unterliegen als solchen den Vorschriften über die Willenserklärung.
Die Zustimmungserklärung bedarf grundsätzlich nicht der für das zustimmungsbedürftige Geschäft vorgeschriebenen Form. Eine Ausnahme kann sich jedoch aus dem Zweck der Formvorschrift ergeben. Bezweckt die Vorschrift vornehmlich denjenigen, für den das Geschäft wirksam werden soll, vor Übereilung und Unbedachtsamkeit zu schützen, dann wird dieser Zweck verfehlt, wenn das von einem anderen für ihn zwar formgerecht abgeschlossene, aber mangels Genehmigung schwebend unwirksame Geschäft durch formlose Erklärung wirksam wird. Diese Auffassung ist nicht unumstritten. Der Schutzgedanke, der dahinter steht, kommt in gesetzlichen Vorschriften zur Geltung, in denen für die Zustimmungserklärung ausdrücklich eine bestimmte Form vorgeschrieben wird (z.B. § 1516 Abs. 2 Satz 3 BGB).
Verfügungsermächtigung
Eine Verfügung, die ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist dann wirksam, wenn sie mit Einwilligung des Berechtigten erfolgt (§ 185 Abs. 1 BGB) oder der Berechtigte sie genehmigt (§ 185 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 BGB). Der Genehmigung stehen die Fälle der Konvaleszenz gleich. Eine Konvaleszenz liegt vor, wenn der Verfügende den Gegenstand der Verfügung nachträglich erwirbt (§ 185 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 BGB) oder der Berechtigte den Verfügenden beerbt und für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet (§ 185 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 BGB). Als Nichtberechtigter ist jeder anzusehen, der nicht zur Verfügung über das Recht berechtigt ist, unter Umständen also auch der Eigentümer, wenn ihm die Verfügungsmacht entzogen ist.