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2017 wurde in Deutschland die ‚Ehe für alle‘ eingeführt, wodurch nun gleichgeschlechtliche Partnerschaften den heterosexuellen in allen rechtlichen Belangen gleichgestellt sind. In Spanien, wo Homosexualität bis 1978 strafrechtlich verfolgt wurde, gibt es die Ehe für alle bereits seit 2005. Spanien war damit das dritte Land weltweit, das LGBTQ-Paaren Heirat und Adoption ermöglichte. Frankreich zog 2013 nach.
Die vermehrte Anerkennung der Rechte von LGBTQI+ und die Öffnung von gesellschaftlichen Möglichkeitsräumen für verschiedene Geschlechter, diverse Begehrensformen und plurale Identitäten seit Beginn des 20. Jahrhunderts sind nicht zuletzt dem Aktivismus von Schriftsteller*innen zu verdanken, die sich patriarchalen Konventionen und Zwängen mit ihrem Leben und Schreiben widersetzt haben. Geschichten haben viel damit zu tun, wie wir uns selbst entwerfen und miteinander zusammenleben.
Die Öffnung der staatlich institutionalisierten Zweierbeziehung wurde innerhalb der feministischen und queeren Debatten um das Feld von Liebe, Sexualität und Geschlecht jedoch nicht einhellig als Erfolg gewertet, bedeutet die Ehe ‚für alle‘, doch auch die Ausweitung einer konventionellen Einhegung des Zusammenseins an der „dünnen Grenze zwischen Geborgenheit und Gefangenschaft” (Vasallo). Als „scheinbar für immer feststehende Lebensform” (Schlaffer) bildet die (serielle) Monogamie den normativen Rahmen, in welchen sich Zugehörigkeit, Intimität und Sexualität meist fügen – in Fiktionen wie sozialer Wirklichkeit gleichermaßen. Doch die exklusive Liebes-Dyade und ihre fiktionalen Skripte sind auch immer wieder Gegenstand von Kritik gewesen, punktuell in radikalen Infragestellungen durch Sozial-Utopien und Experimente ‚freier Liebe‘, aktuell durch die Polyamorie-Bewegung, sowie durch Fiktionen, welche Alternativen der Liebe, des Zusammenlebens und der gegenseitigen Verantwortung imaginieren.
Ausgehend von insbesondere in Spanien derzeit virulenten Thesen von Polyamor- und Queer-Theoretiker*innen (Brigitte Vasallo, Paul B. Preciado) werden wir uns im Seminar zunächst mit den anthropologischen und strukturellen Eigenschaften des ‚Paars‘ als kleinstem Baustein des Sozialen befassen und uns einige der einschlägigen kulturwissenschaftlichen, gender- sowie affekttheoretischen Forschungen zu seinen historischen Funktionen und Problematiken ansehen (Lévi-Strauss, Foucault, Stoler). In einem nächsten Schritt werden wir kurz einige der zahllosen Fiktionen streifen, welche die „Misere der Ehe” (Neuschäfer) als Ort der ökonomischen, sozialen sowie rassialisierten Zwänge im europäischen 20. Jahrhundert thematisiert haben, um uns schließlich in solche Texte und Filme zu vertiefen, in denen Gegenentwürfe oder Alternativen zum konventionellen Modell der Paarbeziehung ausgemalt werden. Wir werden dabei auf die Schwierigkeiten und Dissonanzen solcher Alternativen stoßen, aber auch nach positiven, utopischen Geschichten fahnden, denn, wie die Science Fiction-Feministin Donna Haraway schreibt: „Um auf der Erde überleben zu können, brauchen wir andere Formen der Verwandtschaft.”

Selbsteinschreibung (TeilnehmerIn)
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