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Schon seit jeher gilt Lügen als unmoralisch. So formulierte bereits der alttestamentliche Schöpfungsbericht als Achtes Gebot ein Verbot der Lüge. Zugleich ist Lügen menschlich und alltäglich. Die Thematik der Lüge findet daher nicht nur Einzug in die Religion, sondern spielt auch in der Philosophie, Psychologie und in der Rechtswissenschaft eine wichtige Rolle. Zudem trifft man bei der Beschäftigung mit dem Spektrum zwischen Lüge und Wahrheit unumstößlich auch auf jene berühmte platonische Aussage: „Dichter lügen”.

Das Seminar untersucht daher das komplexe Verhältnis zwischen Lüge und Literatur. So verheimlicht eine junge Frau im bürgerlichen Trauerspiel ihre Schwangerschaft; in der Komödie fällt der Richter Urteil über eine Tat, die er insgeheim selbst begangen hat; die Novelle handelt von einem (un)freiwilligen Hochstapler und die Erzählung von einer Protagonistin, die Opfer von ,Fake-News‘ und sprachlicher Gewalt wird. Aber Lügen und Täuschungen können eben nicht nur Gegenstand literarischer Texte, sondern auch Teil der Ambivalenz generierenden Erzählverfahren sein. Dabei werden Vergewaltigungen als verdeckte Handlungen inszeniert, Sexualität durch rhetorische Mittel sprachlich verhüllt, narrative Verrätselungen vorgenommen und Leerstellen gelassen: Die Vergewaltigung findet im bürgerlichen Trauerspiel in der Kammer und sexuelle Tätigkeiten im Dunklen statt während sexuelle Anspielungen durch Aposiopesen - den Abbruch des Satzes - verschleiert werden und in der Novelle gibt es zum einen neben unzähligen mystischen Elementen eine dreistufige Erzählstruktur mit Erzählern, die sich widersprechen und zum anderen die Verlagerung aller Handlungshöhepunkte ins Verborgene.

Im Seminar gilt es so nicht nur zu hinterfragen, inwiefern der Vorwurf der Lügenhaftigkeit auf die Literatur zutrifft – also mit Literatur gelogen wird - sondern auch, wie die Literatur intern mit der Lüge und ihren Facetten spielt – also in der Literatur gelogen wird – und welche Funktionen beiden Aspekten zukommen. Wir beschäftigen uns nicht nur mit einschlägigen literarischen Texten kanonisierter Autor:innen wie z.B. Heinrich Leopold Wagner, Heinrich von Kleist, Annette von Droste-Hülshoff, Theodor Storm, sondern auch mit verschiedensten Gattungen vom Bürgerlichen Trauerspiel über die Komödie bis hin zur Novelle in einer zeitlichen Bandbreite vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.

Seminarlektüre:                                                                

Folgende Texte sind vor Vorlesungsbeginn anzuschaffen und vorzubereiten:

Wagner: Die Kindermörderin (Reclam)

Kleist: Der zerbrochene Krug (Reclam)

Keller: Kleider machen Leute (Reclam)

Droste-Hülshoff: Die Judenbuche (Reclam)

Storm: Der Schimmelreiter (Reclam)

Böll: Die verlorene Ehre der Katharina Blum (dtv)

Weitere Texte, Fragmente und Materialien werden in Moodle bereitgestellt.

Selbsteinschreibung (TeilnehmerIn)
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