Seminargegenstand:
Essen und Trinken sind nicht nur Grundbedürfnisse des Menschen, sondern auch von hoher kultureller und oft auch symbolischer Bedeutung. Mahlzeiten können Auskunft über soziale Strukturen geben, Zugehörigkeit und Ausgrenzung schaffen und Teil kultureller Identität sein.
Auch in die Literatur finden Verzehrsituationen immer wieder Einzug und sie beschreibt und bedichtet sie auf vielfältige Weise: Das Märchen erzählt von der verbotenen Speise, die zur Versuchung wird und magische Kräfte innehat. In der Novelle wird entweder das neuartige Gericht zum Dingsymbol, das den Handlungsverlauf strukturiert oder das Tischgespräch und die Tafelkultur offenbaren den sozialen Kontext sowie den Wunsch nach Integration. Die Erzählung hingegen nimmt das familiäre Abendessen nicht nur als Erzählanalass, sondern spinnt die gesamte Handlung darum.
Während manche Protagonist:innen aus Armut oder Not Hunger leiden, hungern andere aus freier Entscheidung, zum Wohl der Familie oder aus Verzweiflung. Aber auch schlaraffische Fülle und Völlerei gehören immer wieder zur literarischen Repräsentation von Essen.
Im Seminar werden wir uns mit zahlreichen einschlägigen Texten und Fragmenten von Autor:innen wie z.B. Hans Sachs, Gotthold Ephraim Lessing, Brüder Grimm, Gottfried Keller, Franz Kafka, Birgit Vanderbeke ebenjenen literarischen Mahlzeiten widmen und nicht nur deren Symbolgehalt und Funktion innerhalb des Textes untersuchen, sondern auch epochengeschichtlichen Kontext und Parallelen zwischen den kulinarischen Lektüren ausmachen.
Dabei werden wir auch verschiedenste Gattungen vom Gedicht über die Fabel bis hin zur Kurzgeschichte in einer zeitlichen Bandbreite vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart behandeln.
Seminarlektüre:
Folgende Texte sind vor Vorlesungsbeginn anzuschaffen:
Gottfried Keller: Kleider machen Leute (Reclam)
Franz Kafka: Erzählungen (Reclam)
Birgit Vanderbeke: Das Muschelessen (Piper)
Weitere Texte, Fragmente und Materialien werden in Moodle bereitgestellt.
- DozentIn: Antonia Habermann