Seminargegenstand:
Schon seit jeher beschäftigt man sich mit dem Sterben und dem Tod, gehört beides doch unabdingbar zum menschlichen Dasein. Keine Religion, Philosophie, Kunst und keine Wissenschaft, die nicht auch diese Thematik berührt. So wirft sie auch für jeden, der sich mit ihr auseinandersetzt, existentielle Fragen auf, etwa die Frage nach einem „guten” Tod, nach der Vergänglichkeit des Irdischen und einem Leben nach dem Tod.
Auch in die Literatur finden die Phänomene des Sterbens und des Todes immer wieder Einzug. Auf vielfältige Weise beschreibt und bedichtet sie sie und beleuchtet nicht nur unterschiedlichste Perspektiven, sondern auch Themenfelder. Immer wieder wird sie dabei als Bewältigungshilfe rezipiert, die beispielweise dazu dienen soll, die Angst vor dem Tod zu reduzieren. Insbesondere das 19. Jahrhundert markiert aber einen Umbruch in der literarischen Auseinandersetzung mit dem Tod. Neben dem quantitativen Anstieg findet auch eine Umkehrung der bisherigen Todesdarstellungen statt; wurde lange Zeit auf ein bestimmtes standardisiertes Repertoire zurückgegriffen, kommt es nun zu einer Vielfalt an Stiltendenzen: Vom lyrischen Ich, das über Reisen ins jenseitige Reich sinnt und den Tod als Bruder des Schlafes versteht, zur Protagonistin, die sich am Vorabend ihrer silbernen Hochzeit erschießt. In der Novelle gipfelt der bevorstehende Tod in Mordversuchen an der Geliebten, während die Autobiographie das einsame Sterben auf der Intensivstation ausmalt, am Ende aber doch schildert, wie der Autor ,dem Tod von der Schippe springt‘ wie es so schön im Volksmund heißt. Aber können diese Texte noch als Bewältigungshilfe verstanden werden?
Im Seminar werden wir uns mit zahlreichen einschlägigen Texten und Fragmenten von Autor:innen wie z.B. Joseph von Eichenddorff, Gottfried Keller, Theodor Fontane, Marie von Ebner-Eschenbach, Arthur Schnitzler, Thomas Mann, Fritz Zorn, Maxie Wander, Thomas Bernhard, Peter Handke, nicht nur ebenjenem Umbruch in der Todesdarstellung und der Frage nach präsentierten Bewältigungsstrategien widmen, sondern auch verschiedenste Gattungen vom Gedicht über die Novelle bis hin zum Roman in einer zeitlichen Bandbreite vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart behandeln.
Seminarlektüre:
Folgende Texte sind vor Vorlesungsbeginn anzuschaffen:
Arthur Schnitzler: Sterben (Reclam)
Thomas Mann: Die Buddenbrooks (Fischer)
Handke: Wunschloses Unglück (Suhrkamp)
Weitere Texte, Fragmente und Materialien werden in Moodle bereitgestellt.
- DozentIn: Antonia Habermann