
Das Stichwort "Missbrauch" ist gegenwärtig in aller Munde - auch und gerade im Hinblick auf kirchliche Gemeinschaften und ihre Krise. Die Aufdeckung von teilweise über Jahrhunderte gewachsenen Strukturen, durch die furchtbare Verbrechen ermöglicht und vertuscht wurden, erschüttern dabei nicht nur das Vertrauen in die Kirchen als Institutionen und ihre Verantwortlichen, sondern stellen auch die christliche Religion selbst in Frage. Sind es womöglich auch die grundlegenden Symbole und Glaubensaussagen der christlichen Dogmatik und die basalen Begriffe des christlichen Menschenbildes, die seit jeher zerstörerische Kräfte entfalten, Menschen in ihrer Würde verletzten, in ihrer sozialen Realität ausgrenzen, in ihrem Selbstbild erniedrigen? Das Seminar wird dieser von den juristischen, ethischen und moralischen Aspekten der Missbrauchsgeschichte zu differenzierenden, dezidiert theologischen und religionspsychologischen Spur folgen und anhand einiger Schlaglichter nach den dämonischen Kräften und tiefgreifenden Ambivalenzen fragen, die durch die Grundsymbole des christlichen Glaubens, seine heiligen Schriften, Bekenntnisse und Glaubenspraxen mitgesetzt sind. Ziel ist dabei ein kritischer Blick auf Begriffe wie Sünde, Sühne, Buße, Reinheit, Erlösung, Schöpfung, Schuld - und die Diskussion ihrer Aktualität im Horizont eines um die dämonische Ambivalenz religiöser Symbole wissenden aufgeklärten Protestantismus der Gegenwart.
- DozentIn: Peter Christoph Schüz